Wir Menschen im globalen Norden tragen die Hauptverantwortung, das Allgemeingut Wasser zu schützen. Statt nur den Verbrauch zu Hause zu optimieren, gilt es dringend, über den Tellerrand zu schauen.
Autorin: Dr. Annette Massmann, Vorständin GLS Zukunftsstiftung Entwicklung
Die Deutschen sind Wassersparfüchse, scheint es: Mit aktuell durchschnittlich 126 Litern Verbrauch pro Kopf und Tag haben wir es in 30 Jahren geschafft, in den eigenen vier Wänden 21 Liter einzusparen. Auf den zweiten Blick ein Tropfen auf den heißen Stein: So steigt unsere Bilanz laut Umweltbundesamt auf 7.200 Liter am Tag, wenn wir unseren virtuellen Verbrauch hinzuzählen. Diesen verursachen wir vor allem durch Konsum wasserintensiver Lebensmittel, Kleidung und anderer Konsumgüter, vieles davon Importwaren.
Besonders drastisch zeigen sich die Folgen unserer Wasserverschwendung daher in Ländern des globalen Südens, die schon jetzt unter Wasserstress leiden. Die Ursachen liegen in der ungleichen Verteilung weltweiter Süßwasserreserven, die die Klimakatastrophe verschärft. Darüber hinaus fehlt es den Menschen vor Ort an den notwendigen Mitteln, um einen schonenden Umgang mit Wasser zu unterstützen.
Hier setzt die GLS Zukunftsstiftung Entwicklung an. Gemeinsam mit Partnern unterstützt sie Bewohner*innen wasserarmer Regionen mit Geld und Know-how dabei, Lösungen für ihre individuellen Herausforderungen zu entwickeln. In den Projekten schaffen sich nicht nur die Menschen vor Ort Perspektiven. Die Beispiele machen auch uns unsere Verantwortung bewusst, das Allgemeingut Wasser zu schützen.
Kenia: Jeder Tropfen zählt
Solio, im Osten des Laikipia-Countys, liegt auf einer fast völlig entwaldeten Ebene zwischen Mount Kenya und der Aberdare-Bergkette. Hier leben seit rund 15 Jahren Familien, die aus anderen Teilen des Landes vertrieben wurden. Ihr Start auf der kahlen Ebene war mühsam, der Boden trocken und unfruchtbar. Mit Unterstützung der Partnerorganisation der GLS Zukunftsstiftung Entwicklung, SACDEP, haben sich Familien in ökologischem Landbau fortgebildet. Die klimatischen Bedingungen zwingen dazu, alle Formen der Wassergewinnung und -speicherung zu nutzen – jeder Tropfen zählt.
Catherine Njoki Mathenge aus dem Dorf Solio 2 zeigt, wie es geht: Das Wasser, das auf ihr Hausdach fällt, fließt über Regenrinnen in einen großen Wassertank und dient der Familie als Trink- und Haushaltswasser. Dieses Grauwasser aus der Küche oder von der Wäsche wird wiederum zur Bewässerung genutzt. Auf der Anbaufläche wird das Regenwasser durch ausgehobene Rinnen sorgsam, das natürliche Gefälle nutzend, durch das Land geleitet und die Fließgeschwindigkeit immer wieder gebremst. So sickert es allmählich in die Ackerkrume ein und durchfeuchtet den Boden. Das Wasser, das bis ans Ende der Rinnen fließt, sammelt sich in einem Staubecken, für das Catherine Njoki Mathenge an der tiefsten Stelle der Farm eine Grube ausgehoben hat. Diese wurde mit einer Plane ausgekleidet, die das Wasser hält. Ein Zaun verhindert, dass Kinder oder Tiere in das Becken fallen. Ein Schattennetz schützt gegen Verdunstung.
Bis zu 50.000 Liter Wasser können so für die Versorgung der Tiere, für die Bewässerung des Gemüsegartens und einer kleinen Baumschule gespeichert werden. Zusätzlich forstet Catherine Njoki Mathenge entlang ihrer Grundstücksgrenzen auf. Die Bäume brechen den Wind, liefern Feuerholz und halten Wasser länger im Boden. Catherine berichtet: „Früher musste ich mir einen Eselskarren mieten, um Wasser zu transportieren. Der Weg zum Bohrloch war weit und die Schlange dort lang. Das hat viel Zeit und Geld gekostet und reichte meist nicht aus. Heute ist meine Arbeit leicht, mein Garten sichert mein Essen und meine Baumschule bringt Einkommen.“
Wasser für alle
Die GLS Bank widmet sich in der aktuellen Ausgabe ihres Kundenmagazins Fragen rund um Wasser und wie wir darauf wirken.
Nepal: Weniger ist mehr
Die Association for Craft Producers (ACP) ist eine Fair-Handels-Organisation und Partnerin der GLS Zukunftsstiftung Entwicklung. 900 Kunsthandwerker*innen aus ganz Nepal gehören zu ihr. Ihre Produkte werden auch in Deutschland verkauft, zum Beispiel in Eine-Welt-Läden. In der Produktpalette von ACP nehmen Textilien mit über 50 Prozent des Umsatzes eine herausragende Stellung ein. Das Sortiment umfasst Tischdecken, Kissenbezüge, Kleider, Geschirrtücher, Hängematten. Die eigene Färberei ist ein Grundbaustein der Produktion. Anfänglich färbte ACP die Baumwolle traditionell im Topf. 2006 richtete die Organisation eine komplette Baumwollverarbeitung mit Färbeanlage ein. Jedes Jahr werden rund 2.600 Kilo Garn gefärbt. Dafür benötigt ACP 7.000 Liter Diesel. Der Verbrauch wäre deutlich höher, würde nicht eine Solaranlage die Erhitzung des Wassers unterstützen.
Neben Energie verbraucht die derzeitige Anlage viel Wasser. Mithilfe der GLS Zukunftsstiftung Entwicklung konnte ACP eine neue Anlage erwerben. Sie wird mit Solarstrom betrieben und färbt neben Baumwollgarn auch Wolle. Statt 400.000 Liter Wasser werden bei voller Auslastung im Jahresverlauf nur 100.000 Liter Wasser benötigt. Die Kosten für das Färben des Materials lagen bei der alten Anlage pro Jahr bei rund 12.900 Euro, bei der neuen sind es 3.750 Euro. Auch verbraucht die neue Anlage ein Viertel weniger an Chemikalien. Das bedeutet, dass die Abwässer und der Aufwand zur Wasseraufbereitung deutlich reduziert werden.
Was wir für mehr Wassergerechtigkeit tun können
- Wasserschutz spenden: Spende Geld für Projekte, die sich weltweit für Wassergerechtigkeit und Wasserschutz einsetzen. Die GLS Zukunftsstiftung Entwicklung sowie zahlreiche NGOs geben Dir die Möglichkeit dazu.
- Wasserbewusst einkaufen: Unsere Wasserwirkung lässt sich positiv gestalten, indem wir zu wasserschonenden Produkten greifen. Wasserintensive Produkte aus Regionen, die unter Wasserstress leiden, gilt es, bewusst zu konsumieren.
- Wasserverbrauch ermitteln: Ein Bewusstsein für den eigenen – auch den virtuellen – Wasserverbrauch ist der erste Schritt für Veränderung. Einen Eindruck Deiner Wasserbilanz geben Online-Tools wie die Wasserampel des Weltfriedensdienstes.
Mehr Informationen und weitere Wasserspartipps
Peru: Wissen bringt Wasser
Alles begann mit einer Versammlung im Innenhof eines Lehmhauses in Pencapampa. Das 150-Seelen-Dorf liegt etwa 3.000 Meter hoch in der nordperuanischen Region Cajamarca. 16 Menschen waren einer Einladung des Lehrers der Dorfgrundschule gefolgt. Er hatte die Mitarbeiter* innen von ACICA, einer Partnerorganisation der GLS Zukunftsstiftung Entwicklung, eingeladen, über organischen Landbau und eine mögliche Zusammenarbeit zu reden. Victor Acosta Sánchez, der Direktor von ACICA, fragte die Teilnehmer*innen nach ihrem dringendsten Problem. Die Antwort: „Uns fehlt Wasser.“
Ursachen für den Wassermangel liegen einerseits am Klimawandel. Dieser macht sich im Andenhochland durch unregelmäßigere und weniger ergiebige Regenperioden, durch steigende Durchschnittstemperaturen, versiegende Quellen und Bodenerosion bemerkbar. Andererseits ist im Laufe der Generationen viel Wissen rund um Bewässerung verloren gegangen. „Früher wurden Kenntnisse von den Eltern an die Kinder weitergegeben“, erklärt Victor Acosta Sánchez. „Zudem gab es in jedem Dorf einen Yachachiq, einen gebildeten Ältesten, der Wissen an junge Bäuerinnen weitergab. Dieser Tradition wurde bis in die 1950er- Jahre gefolgt. Dann hat das stetig abgenommen.“
Auf die erste Versammlung folgten weitere. Die Teilnehmer* innen verpflichteten sich zur Teilnahme an Feldschulungen und zu eigenen Beiträgen in Form von Materialien und Arbeitskraft. Im Laufe eines Jahres wurden – mithilfe der Förderung durch die GLS Zukunftsstiftung Entwicklung – 14 Wasserreservoirs in traditionellen Gemeinschaftsarbeiten (Mingas) gebaut. An Quellen oberhalb der Felder werden rund 15 Kubikmeter große Löcher gegraben und mit einer wasserdichten Plane ausgekleidet. Wenn das Reservoir gefüllt ist, kann ein 2.000 Quadratmeter großes Feld bewässert werden.
Heute sind die Felder in Pencapampa gut bestellt – auch wenn der Regen mal ausbleibt. Erstmalig haben die Familien ertragreiche Ernten während des ganzen Jahres. Sie sind ernährungssicher und ernährungssouverän.
Die Stiftung macht es sich zur Aufgabe, die Ursachen von Hunger und Armut zu bekämpfen. Dafür unterstützt sie Menschen in Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas dabei, ihre Lebensverhältnisse eigenverantwortlich zu gestalten.
Wasserfakten
Unser Konsum hat eine Wirkung auf unser Wasser. GLS Kund*innen haben Ideen, die positiv wirken. Wir haben drei Beispiele zusammengestellt.
Dein Anteil an einer wasserbewussten Zukunft?
Deine GLS Anteile sind die Basis für unsere Kredite für nachhaltige Projekte und Unternehmen. Das Besondere: Jeder Anteil ermöglicht ein Vielfaches seines Werts an Krediten.
„Wenn wir etwas lieben, schützen wir es.“
Wasser fließt in Kreisläufen. Unser Umgang damit wirkt also weiter, als uns häufig bewusst ist. Wem gehört also das Wasser? Allen, sagt Wasserbotschafterin Anoosh Werner. Ein Interview.
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