Oder: Wie das Geld der GLS Gemeinschaft in der nachhaltigen Ernährung wirkt
Autorin: Bergit Fesenfeld
Mein Geld „stinkt“ nicht. Es duftet. Nach frischen Kräutern. Es leuchtet hellrot wie die aromatischen Tomaten direkt vor mir; und es raschelt, wie der knackfrische Salat in der Kiste daneben. Genauer gesagt: der Gemüsekiste, die hier in der nagelneuen Lagerhalle auf die Auslieferung wartet. Was mein Geld damit zu tun hat? Ich habe einen Teil davon bei der GLS Bank liegen, die mit Hilfe meiner Einlagen sozial-ökologische Projekte finanziert.

Die helle Lagerhalle, in der ich an diesem Frühlingstag im Mai 2025 stehe, wurde mit einem Kredit der GLS Bank ermöglicht. Sie gehört zur Demeter-Gärtnerei Piluweri in Müllheim. Hier werden unzählige Gemüsesorten produziert und an mehr als 1.200 Kunden im Markgräfler Land oder Freiburg geliefert: Bioläden, kleine Gärtnereien, Privatkunden. Kaum jemand weiß aber genau, was alles dazugehört, bis diese Kiste mit frischen Biolebensmitteln tatsächlich auf einem Küchentisch landet. Ich möchte es herausfinden – und mir einen persönlichen Eindruck davon machen, wie das Geld von der GLS Bank wirkt. Dafür habe ich mich verabredet mit Horst Ritter, den ich auf einer Veranstaltung der Bank in Freiburg kennengelernt habe.
Ein ungewöhnlicher Abend: „Bindung“ aufbauen
Eingeladen hatte die Bank damals zu einem ziemlich ungewöhnlichen Abend. Es ging nicht so sehr um Zahlen und Bilanzen, sondern vor allem darum, Kontakt und „Bindung“ aufzubauen: unter den Kund*innen und zwischen ihnen und der Bank. Erst konnte ich mir nicht richtig vorstellen, was mit „Bindung jenseits der rein sachlichen Geschäftsbeziehung“ gemeint sein könnte. Wir wurden in Workshops aufgeteilt und lernten uns näher kennen. Neben mir stand Horst Ritter. Als er erzählte, dass er sich bei der GLS Bank Kredite für den Ausbau seiner Gärtnerei besorgt hatte, kam mir eine Idee: Wie wäre es, wenn diejenigen, die ihr Geld bei der GLS liegen und eine Wunschbranche angegeben haben, gezielt diejenigen kennenlernen, die sich in eben dieser Branche Geld bei der GLS leihen? Dann könnte doch die Motivation für eine solche nachhaltige Geldanlage steigen, weil man direkt sieht, was damit passiert? Ich schlug das in der Runde vor und tauschte spontan die Kontaktdaten mit Horst Ritter. Ich wollte meine Idee ausprobieren. Meine Wunschbranche war die „Ernährung“ – und er investierte in „Ernährung“. Passte also!

Mit viel Herzblut gestartet
Drei Wochen später stehe ich mit Horst Ritter im Hof der Gärtnerei und bin gespannt, was mich hier erwartet. Auf dem Weg zum ersten Gewächshaus beginnt er, von den Anfängen zu erzählen Zusammen mit drei Kollegen hat Horst Ritter Piluweri vor mehr als 30 Jahren gegründet. Ganz klein haben sie damals angefangen – mit viel Herzblut. Sie wollten wirklich gute Lebensmittel produzieren, die Natur und die Menschen, die mit ihr arbeiten, wirklich fair und wertschätzend behandeln. Das ist auch heute noch so. Alle bringen sich mit Begeisterung ein. Es gibt Raum dafür, die eigenen Stärken zu entwickeln und einzusetzen in diesem Projekt.
Horst Ritter will mir zeigen, was diese Gärtnerei besonders nachhaltig macht und wie vielfältig die Nachhaltigkeit ist. Er führt mich über das inzwischen riesige Gärtnereigelände, zeigt mir die vielen Folientunnel und Gewächshäuser, in denen die kleinen Jungpflanzen sprießen und gedeihen. Über die Jahre ist der Betrieb gewachsen- es gibt noch eine Halle für die Geräte, ein großer Pausenraum für die inzwischen 80 Mitarbeitenden. Hier wird gemeinsam gefrühstückt, hier treffen sich alle mittags zum frisch gekochten Essen. Es ist ihm wichtig, sagt Horst Ritter, dass es allen gut geht. Auch deshalb wird investiert, immer wieder. Ritter hat die Zahlen im Blick – er ist zuständig für die Betriebswirtschaft bei Piluweri. Die Gärtnerei muss sich halten können, zukunftssicher sein. Nachhaltig eben.



Sinnvoller Umgang mit Ressourcen
Aber natürlich meint Nachhaltigkeit vor allem: klimagerechten Anbau, sinnvollen Umgang mit Ressourcen, Vielfalt der Pflanzen, Fruchtwechsel, guten Umgang mit Erde und Wasser. Horst Ritter erklärt mir, dass deshalb zwischen den Tomatenstauden Rasen gepflanzt wird – damit der Boden gut verwurzelt ist und Feuchtigkeit halten kann. Er erklärt, dass der Gemüsekistenvertrieb deshalb nachhaltig ist, weil im Durchschnitt für jede Kiste nur 1,2 Kilometer Fahrt anfallen und 80 Kisten in einen Lieferwagen passen. Würden 80 Kund*innen jeweils einzeln mit ihren PKW zu Piluweri mitten im Grünen kommen, würde die Umwelt deutlich mehr belastet.
Inzwischen sind wir in einer weiteren Halle angekommen. An der Wand hängen die Arbeitskittel, an der Pinnwand steht, was heute zu tun ist. Die Zucchini brauchen Unterstützung, auch einige Geräte müssen repariert werden. Im Nachbarraum sind riesige Waschanlagen für die vielen Gemüse aufgebaut, damit die Ware möglichst ohne dicke Erdkrumen bei den Kund*innen ankommen. Einige junge Leute beladen Kisten für die Auslieferung; der Betrieb bildet aus, auch das ist ein Aspekt von Nachhaltigkeit. Ordentlich aufgereiht stehen die Paletten für die einzelnen Touren. Aus den verschiedenen Kühlräumen werden die wertvollen Lebensmittel direkt verladen. Sieben Lieferwagen stehen startbereit vor der Tür.
Mit einem guten Gefühl nach Hause
Wir sind fast am Ende des Rundgangs, ganze zwei Stunden waren wir unterwegs in dem riesigen Areal. Ich habe Appetit bekommen beim Anblick all der frischen Gemüse. Wir werfen noch einen kurzen Blick in die nagelneuen Büros, die mit Schallschutz ausgestattet sind. Horst Ritter legt Wert auf die Gesundheit seiner Mitarbeitenden, für ihn ist das ein weiterer Aspekt eines nachhaltig ausgerichteten Betriebs.
Horst Ritter verabschiedet sich, jetzt, nach Feierabend im Büro, will er noch in seinen eigenen Garten, will noch Erde an den Händen haben, graben. Den Duft der Natur einatmen an diesem warmen Frühlingsabend. Ich selbst fahre sehr zufrieden nach Hause. Mit dem guten Gefühl, dass meine Bank das Geld ihrer Kund*innen und Mitglieder wirklich dahin bringt, wo es hier und jetzt für eine nachhaltige Entwicklung Sinn ergibt.

Zur Autorin
Ich bin Bergit Fesenfeld, 66 Jahre alt. Das Thema „Nachhaltigkeit“ beschäftigt mich seit Jahrzehnten auf unterschiedlichen Ebenen: als langjährige WDR-Redakteurin, Buchautorin und Seminartrainerin habe ich mich intensiv mit den UN-Kinderrechten und ihrer Umsetzung befasst – alles, was den Kindern nutzt, nutzt der ganzen Welt und ist schon deshalb nachhaltig. Als Mutter und Oma liegt mir sehr am Herzen, dass auch die nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Welt haben. Als engagierte Bürgerin setze ich mich aktiv auf vielfältige Weise ein für Klimaschutz, für Demokratie und Menschenrechte.
Alle Fotos in diesem Beitrag hat uns die Gärtnerei Piluweri zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank dafür!
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