Wie versichern wir uns gegenseitig — ohne Versicherung? Wie verwalten wir gemeinsam Geld ohne Bankkonto? Und das Ganze online und mobil? Das Start-up elinor.network wurde von seinen eigenen Möglichkeiten immer wieder selbst überholt.
Von Börries Hornemann, Unternehmer
Die Not ist groß: Viele Kulturschaffende stehen wegen der Corona-Krise ohne Einkommen da. Doch schnell fand elinor eine Lösung: Wer hat, der spendet etwas. Ein Gremium aus Künstler*innen entscheidet, wer etwas bekommt. Nach wenigen Tagen wurden die ersten 47 Hilfen ausgezahlt. Dass diese #KunstNothilfe so bürokratiefrei funktioniert, hat viel mit der GLS Bank zu tun. Vor drei Jahren meldete sich ein Kunde mit der Frage: Wie wäre es, wenn sich Selbstständige ohne betriebliche Altersvorsorge über die Bank vernetzen, um sich gegenseitig abzusichern, und darüber hinaus durch ihre spezifischen Fähigkeiten voneinander profitieren? Die Bank war interessiert und lud zum Workshop ein. Etwa 20 Menschen trafen sich so in Bochum. Mit den Hannoverschen Kassen kam ein alternativer Versicherer dazu. Einen wegweisenden Input gab Lukas Kunert vom Neopolis Network zu Peer-to-peer-Versicherungen mit der Idee: Alle bilden gemeinsam die Versicherung, sie überprüfen sich gegenseitig und mit dem Geld wird nicht spekuliert — alles digital und transparent. „Probieren wir das mal aus“, dachten sich einige der Teilnehmenden.
So startete per Mailverteiler die erste gegenseitige „Absicherung“. Aus praktischen Gründen fing es mit Smartphones an — schließlich hat die fast jede*r und die Geldflüsse sind überschaubar. Daraus entwickelte Kunert 2018 die digitale Plattform elinor.network, von der Bank unterstützt als Forschungsprojekt. Bald konnten neben Handys auch Fahrräder und Krankentagegeld für Selbstständige abgesichert werden.
Dann kam das Jahr 2019 mit Fridays for Future und Extinction Rebellion. Die Klimaaktivist*innen entdeckten: Mit der Technik von elinor können sie gemeinschaftlich, transparent und demokratisch ihr Geld verwalten, etwa um Bußgeldforderungen für streikende Schüler*innen solidarisch zu teilen oder einen Bus zur Demo gemeinsam zu bezahlen.
So kam elinor zu neuem Nutzen, ungeplant und vielseitig verwendbar, denn: Aus Vereinen, Schulklassen oder sonstigen Gruppen kennen wir alle das Dilemma der gemeinsamen „Kasse“. Wer etwa ein WG-Konto auf seinen Namen laufen lässt, der ist in Gefahr, der Geldwäsche verdächtigt zu werden. Jetzt kann sich auf elinor.network jede Gruppe einfach anmelden und sofort loslegen, ohne erst etwa einen Verein gründen und ein Bankkonto eröffnen zu müssen. Alle haben Einblick, können gemeinsam über die Auszahlungen
entscheiden — und niemand muss Geldwäsche fürchten.
Übrigens: Die Smartphone-Absicherung gibt es noch immer. Schon zweimal habe ich selbst davon profitiert — unbürokratisch, schnell und transparent. Mal sehen, was mit elinor noch alles möglch wird — bekanntermaßen wächst in der Not auch das Rettende.
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[green_box]Ein Artikel aus dem GLS Kundenmagazin Bankspiegel zum Thema „Neu denken – So geht Transformation“. Diesen und viele andere spannenden Artikel finden Sie im Blog. Alle Ausgaben des GLS Bankspiegel als PDF finden Sie unter: https://www.gls.de/bankspiegel/. [/green_box]
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