Von Lisa Neal, Journalistin
Wie kann ich meinen Weg in die Welt finden? — Das ist die Leitfrage der Windrather
Talschule bei Wuppertal. Dort werden Inklusion und Waldorfpädagogik konsequent
zusammengebracht. Als „Schule im Aufbruch“ wagt sie vieles, was andere bisher nur
diskutieren. Was sagen die Schüler*innen dazu?
Miteinander
Im Sinne von Inklusion lernen Kinder mit und ohne Behinderung in den meisten Unterrichten gemeinsam. Dafür gibt es einige Integrationshelfer*innen, vor allem aber ein selbst-verständliches Miteinander mit der Haltung: Jede*r kann etwas, und das darf zur Geltung kommen.
Wasja, 16
„Ich finde es total cool, wenn Schüler alle sehr unterschiedlich
sind. Man passt anders aufeinander auf.“
Jacob, 16
„Man darf auch mit Besonderheiten von einem Schulkameraden mal nicht zurechtkommen, egal ob das ein Inklusionsschüler ist oder nicht. Ich glaube, es gibt hier weniger Mobbing als an anderen Schulen. Man lernt hier, sich in seinen Besonderheiten anzunehmen.“
Thea, 15
„Gerade wir Schüler müssen uns noch anstrengen, dass wir auch integrieren. Unsere Lehrerin sagt ganz oft, dass es nicht die Integrationshelfer sind, die integrieren sollen.
Das ist in der Umsetzung manchmal etwas schwieriger.“
Jacob, 16
„Man fühlt sich hier sehr geborgen in der Schule. Der Rest der Welt ist vielleicht nicht immer so schön. Ich kann mir schon vorstellen, dass es für manche schwierig wird, in so ein ganz anderes soziales Miteinander zu kommen.“
Amelie, 16
Respekt muss man sich verdienen. Ich finde: Wenn jemand keine Autorität ausstrahlt, dann ist es egal, ob man ihn mit Herr oder per Vornamen anspricht.
Eigenverantwortung
Die Schüler*innen sollen aus eigener Motivation lernen und selbst aktiv werden. Dafür gibt es regelmäßig Zeiträume, in denen sie sich ausprobieren.
Amelie, 16
„Wir werden ermutigt: Geh in die Welt (das muss nicht weit weg sein) und sammele Deine Erfahrungen. Es geht dabei nicht um eine tolle Referenz, sondern darum, fürs Leben zu lernen.“
Soner, 14
„Jetzt kommen unsere Expeditionen! Die sind wie ein Praktikum — nur noch freier. Man kann Sachen ausprobieren, die man noch nie gemacht hat.“
Jannik, 15
„In einer Projektwoche habe ich mich mit Stromerzeugung durch Fahrradfahren beschäftigt. Ich wünsche mir, dass die Schule auch komplett Strom aus Solarpaneln bezieht.“
Wasja, 16
„Unsere Lehrer bestimmen nicht darüber, was wir in unseren Expeditionen machen, sie spiegeln, was sie wahrnehmen, und geben Ratschläge. Man muss seine eigene Entscheidung treffen. Du darfst Dich als Schüler durchsetzen. Das finden die meistens sogar besser, als wenn sie Dir sagen müssen, was Du ausprobieren sollst.“
Rückfrage
„Entsteht da manchmal Druck, dass man etwas Besonderes
machen muss?“
Wasja, 16 „Ja“, Amelie, 16 „Eher nein“, Rosa, 15 „Eher nein“
Jannik, 15
„Wir haben ein neues Projekt, das heißt: „Wir bilden Gesellschaft“. Da überlegen wir, wie wir mit allen Schülern einen Aufstand anzetteln können. Wie Greta Thunberg.“
Rosa, 15
„Gemeinsam mit einer Agentur aus Düsseldorf treffen sich Freiwillige aus der Oberstufe mit Lehrern. Wir reden darüber, was uns an der Gesellschaft stört. Denn wir wollen Projekte erfinden, mit denen wir etwas ändern können.“
Julian, 16
Mir fehlt für „Wir bilden Gesellschaft“ die Zeit, ich muss
mich gerade darum kümmern, die Abschlussprüfung zu
schaffen. Sonst wäre ich auch dabei.
Jacob, 16
„Ob wir hier schneller erwachsen werden? Ich komme mit vielen „Erwachsenen“-Situationen gut klar, weil wir hier viel Selbstverantwortung lernen. Gleichzeitig gibt es viele Freiheiten, sich auszuprobieren und auch das Kindliche richtig ausleben zu können.“
Rosa, 15
„Freiheit bedeutet bei uns nicht, dass man wenig macht. Wir machen sogar mehr, weil die Lust darauf von innen kommt.“
Lernen
Nicht nur der Kopf, sondern auch die Hände sollen lernen. Deshalb beginnt jeder Tag mit einer Stunde Arbeit auf dem Bauernhof (Unterstufe) oder mit Handwerken. Die Schüler*
innen kommen „ins Tun“, Körper und Geist finden zusammen.
Wasja, 16
„Hier entsteht das Gefühl, mehr Zeit zum Lernen zu haben. Die Lehrer sagen, Du musst das Lernen selber wollen.“
Amelie, 16
„Ich glaube übrigens, dass es hier an der Schule allgemein wenig verdrossene Leute gibt.“
Jannik, 15
„Ich kann das eine besser und das andere weniger gut. Ich versuche, alles, so gut ich kann, hinzubekommen, und das ist okay so.“
Caitlin, 15
„Wir lernen, dass wir uns Hilfe holen dürfen, wenn etwas nicht klappt. Man darf hier auch etwas nicht können.“
Soner, 14
„Ich musste eigentlich nachsitzen, aber der Lehrer sagte: „Ich weiß, dass Du das schaffst. Geh nach Hause und erledige Deine Aufgaben.“ Das habe ich gemacht, denn ich wollte ihn nicht enttäuschen.“
Amadeus, 16
„Ich finde, die Schüler sollten ihre Pünktlichkeit verbessern und fleißiger Hausaufgaben machen.“
Jacob, 16
„Manchmal brauche ich hier schon ein bisschen mehr die Erinnerung daran, dass ich mich anstrengen muss. Man muss hier auf sich selber achten. An anderen Schulen wird das mehr vorgegeben, aber man lernt weniger Selbstverantwortung als hier.“
Amelie, 16
„Wir machen jetzt hier Realschulabschluss, danach kommt das neue Talkolleg, inklusive Abitur. Vermutlich wird sich da der Druck erhöhen, aber unsere Lehrer wollen uns helfen, gut da durchzukommen.“
Wasja, 16
„Wir müssen mitwachsen.“
Mehr Infos auf: schule-im-aufbruch.de
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[green_box]Ein Artikel aus dem GLS Kundenmagazin Bankspiegel zum Thema „Neu denken – So geht Transformation“. Diesen und viele andere spannenden Artikel finden Sie im Blog. Alle Ausgaben des GLS Bankspiegel als PDF finden Sie unter: https://www.gls.de/bankspiegel/. [/green_box]
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