Der Klimawandel macht Dürreperioden und Starkregen wahrscheinlicher. Hartmut Engelhardt hat sich früh mit solchen Risiken beschäftigt. Der Biolandwirt denkt vor allem beim Wasser in Kreisläufen – mit Weitblick und einem durchdachten System hat er seinen Hof auf die Zukunft eingestellt.
Wasser wird knapp. Als Hartmut Engelhardt im Hitzerekordsommer 2003 seine tennisballgroßen Kürbisse in den Händen hält, ist ihm klar: Hier muss etwas passieren. Engelhardt bewirtschaftet den Biohof in Untermünkheim, nahe Schwäbisch Hall, in zehnter Generation. Als einer der Ersten in der Region stellte er mit seinem Vater 1989 den Hof auf Biolandwirtschaft um. 1990 übernahm er den Hof, spezialisierte sich auf Feldgemüse und Feingemüse und ackert seitdem konsequent nach Bioland-Richtlinien.
Die Ansprüche der Kundschaft sind in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Welker Salat, verdrehte Möhren und Tennisballkürbisse lassen sich nicht gut verkaufen. Feldgemüse stellt in Dürreperioden das Wachstum ein und setzt das Wachstum fort, sobald es wieder nasser wird. Der Salatkopf lässt bei Wassermangel schnell die Blätter hängen und hat nach kurzer Zeit braune Blattränder – unverkäuflich. Doch vor allem der Umsatz mit dem empfindlichen Feingemüse steigt.
Der Kreislauf des Wassers
Wenn Engelhardt seinen Hof an die elfte Generation, seine beiden Söhne, weitergeben möchte, muss er handeln. Er beginnt, sich mit Wasserkreisläufen auseinanderzusetzen. Er liest sich in den Wasserzustandsbericht ein. Der Bericht verdeutlicht, dass sich die Wassermenge in Deutschland kaum verändert – es ist die Verteilung über das Jahr gesehen, die aus dem Ruder läuft. Längere Trockenperioden, mehr Starkregenereignisse und andere Wetterextreme lassen das Wasser geballt niederprasseln. Trockener Boden wird hart und undurchlässig wie Beton. Niederschläge können nicht mehr eindringen. So strömt das Wasser in Gräben und Bäche, von dort in die Flüsse und ist damit für die Region und für den Hof verloren.
Wie also das Wasser halten? Hartmut Engelhardt fängt an, seinen Hof umzubauen. Er denkt in Wasserkreisläufen: Die alte Jauchegrube seines Vaters wird zum Wasserspeicher umfunktioniert. Er legt Leitungen über seine Felder, baut eine Pumpe in den Teich, um die Felder zu bewässern. Alle Dachflächen nutzt er zum Sammeln von Regenwasser und leitet es in den Teich. Er lässt 2015 nach Brunnen bohren, doch leider ohne Erfolg. Heute sagt er: „Gut so.“ Denn dass Landwirtschaft sich unkontrolliert am Grundwasser bedient, findet er mittlerweile bedenklich. Heute kommt das meiste Wasser in der regenreichen Zeit aus dem nahegelegenen Fluss und wird im Teich für den Sommer gespeichert.
Der Grundwasserpegel sinkt, wie in vielen Regionen Deutschlands. Wenn die Entwicklung so weitergeht, stehen die Bäume bald auf dem Trockenen und Wälder werden zu Steppenlandschaften. Doch noch ist genügend Wasser da. Aufgabe ist es also, Regenwasser aufzufangen, in den Regionen zu halten. Früher ging es um die Verteilung von Wasser, heute geht es um die Herkunft, um regionale Wasserkreisläufe.
Planung mit Weitblick
Engelhardt hat das erkannt und mit seinem Weitblick die Übergabe seines Betriebs an die nächste Generation gesichert. Obwohl er erst Anfang 50 ist, hat er den Hof an seine beiden Söhne übergeben. Jonas ist zuständig für das Feldgemüse, Hannes kümmert sich um das Gewächshaus. Jede Woche versorgt der Hof 1.900 Haushalte mit Biogemüse. Die Nachfrage ist in den Corona-Jahren stark gestiegen und die meisten Kund*innen blieben der Kiste selbst 2022 noch treu. Dadurch platzte das Lager schließlich aus allen Nähten, die Büroräume wurden zu klein und die Packer standen sich gegenseitig im Weg. So beschloss Engelhardt mitten im Krisenjahr 2022, eine neue Packhalle zu bauen.
Doch die beantragten Förderungen wurden auf den letzten Metern gestrichen und der Neubau drohte zu scheitern. Hier half die GLS Bank mit der Kampagne „Agrarwende Jetzt!“ und Konditionen, die deutlich unter dem Marktniveau lagen: „Das hat uns gerettet. Ohne das Angebot der GLS Bank könnte die Packhalle nicht gebaut werden.“ Warum die GLS Bank in dieser nicht ganz einfachen Situation die Finanzierung übernommen hat, beschreibt Firmenkundenberater Stefan Marquardt so: „Herr Engelhardt hat frühzeitig auf die Auswirkungen des Klimawandels reagiert. Seine weitsichtigen Entscheidungen haben seinen Betrieb zukunftsfähig ausgerichtet und auf sicheres Fundament gestellt. Daher konnten wir auch im Krisenjahr 2022 eine solche Investition begleiten.“
Dieses Jahr wird das zweigeschossige Gebäude erstellt, ein reiner Holzbau mit Rohstoffen aus der Region. Die Erfahrung eines alteingesessenen Handwerksbetriebs macht dies möglich. Ein 80-jähriger Statiker ließ sein Wissen in die Halle einfließen, die Holzbalken mussten nur an einer Stelle mit einer Stahlbetonstütze verstärkt werden. „Wir haben in den letzten 60 Jahren viel falsch gemacht, weil wir die ursprünglichen Kreisläufe verlernt haben. Doch das Wissen ist da – wir müssen nur unsere Großeltern fragen“, sagt Engelhardt.
Dieser Text ist im Sinnmacher 2023 / 1 erschienen. Du möchtest über unsere Sinnmacher-Beiträge informiert werden? Dann abonniere unseren Newsletter für Firmenkund*innen und erhalte neben wissenswerten Informationen auch unser Magazin für Geschäftskund*innen.
Bio ist Ernährung der Zukunft
Engelhardt meint es ernst mit den Kreisläufen. Bevor der Bau startete, ließ er die Humusschicht abtragen und nutzt diese nun für sein Gewächshaus. Mit Fertigstellung der neuen Packhalle Ende des Jahres besitzt der Hof über 13.000 Quadratmeter Dachfläche, mit denen er Regenwasser auffangen und den Wasserspeicher ergänzen kann. Und der Einbruch beim Umsatz von Biolebensmitteln? „Der macht mir keinen Kummer“, lacht Engelhardt. „Bio ist die Ernährung der Zukunft, anders kann es gar nicht funktionieren.“
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