Am 2. Juli entscheiden die Gläubiger über die Zukunft des Windparkbetreibers Prokon. Wie geht es weiter? Als Genossenschaft oder als Teil eines Atomenergiekonzerns? Auch eine Zerschlagung ist möglich. Die GLS Bank spricht sich für die Genossenschaft aus.
Die Voraussetzungen sind denkbar günstig. Das Kerngeschäft hält Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin für „sanierungsfähig und erhaltenswürdig“. Derzeit betreibt Prokon 54 Windparks mit einer Leistung von 537 MW. Weitere sind bereits genehmigt und geplant. Allein in diesem Jahr konnten mehr als 20 Projekte hinzugewonnen werden, schreibt das Unternehmen. Weitere Projekte können durch Kredite und zusätzliches Eigenkapital finanziert werden. Auch die Belegschaft von Prokon ist für eine Genossenschaft, berichtete die Norddeutsche Rundschau. Der Atomkonzern EnBW passe einfach nicht zu ihnen.
Der Ablauf
Inhaber von Genussrechten sollen dem Insolvenzverwalter bis zum 26. Juni schriftlich erklären, ob sie bereit sind, Genossenschaftsanteile zu zeichnen. Kommen genügend Anleger zusammen, würde am 2. Juli als Erstes der Genossenschaftsvorschlag zur Abstimmung gestellt. Ansonsten wäre der Vorschlag vom Tisch. Dann stünden nur noch der Großkonzern EnBW oder eine teure Abwicklung Prokons zur Wahl. Zwei schlechte Alternativen statt einem wertvollen Beitrag zur Energiewende in Bürgerhand.
Genossenschaft
Gerade erst hat die Unesco die Genossenschaft als einzigen deutschen Vorschlag zum immateriellen Kulturerbe nominiert. Das ist kein Wunder. Mehr als 5600 Genossenschaften mit mehr als 19 Mio. Mitgliedern gibt es allein in Deutschland.
Die Prokon eG würde als Mitglied eines genossenschaftlichen Prüfungsverbands regelmäßig kontrolliert. Kein Unternehmen wird in Deutschland so gründlich begutachtet wie eine Genossenschaft. Der Verband prüft die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung. Darum ist die Genossenschaft seit vielen Jahren die stabilste und beliebteste Unternehmensform.
In einer Unternehmensanalyse für den Insolvenzverwalter ist der Rheinisch-Westfälische Genossenschaftsverband (RWGV) zu dem Ergebnis gekommen, dass die Umwandlung von Prokon in eine Genossenschaft möglich ist, und zwar bei einer soliden Kapitalausstattung von etwa 20 Prozent.
Die Anleger trugen bislang nur das Risiko und verloren Kapital. Als Mitglieder könnten sie die Chancen Prokons wahrnehmen und mitgestalten. Viele haben sich für Prokon engagiert und wollen das weiter tun; allen voran mehr als 10.000 Menschen, die sich den „Freunden von Prokon“ angeschlossen haben.
Das passt zur Energiewende. Denn sie wurde mitnichten von Großkonzernen wie EnBW angestoßen, sondern durch die Investitionen engagierter Bürger möglich gemacht. Dies zeigen auch erfolgreiche Energiegenossenschaften wie die EWS Schönau.
Insolvenzquote
Aber auch finanziell lohnt es sich für die Anleger. Im Genossenschaftsmodell des Insolvenzverwalters Penzlin wird das Unternehmen um rund 100 Mio. Euro höher bewertet als bei einer Übernahme durch EnBW. Penzlin rechnet im genossenschaftlichen Insolvenzplan mit einer Quote von 58,9 Prozent, das heißt von 10.000 Euro blieben 5890 Euro übrig. Diese würden aus einer Anleihe (34,5 Prozent) und Genossenschaftsanteilen (24,4 Prozent) bestehen.
Bei EnBW erwartet der Insolvenzverwalter nur 52,2 Prozent: Zunächst werden 34,1 Prozent ausgezahlt, also 3410 Euro. Weitere 1810 Euro sollen sich aus dem Verkauf von Randgeschäften stammen. Das kann Jahre dauern und der Betrag dürfte nur etappenweise fließen.
Anleihe
Die Anleihe erlaubt dem sanierten Unternehmen, ohne Bankkredite neu zu starten. Sie hindert Prokon keinesfalls daran, neue Projekte anzustoßen. Dies ist über Fremd- und zusätzliches Eigenkapital möglich – und wahrscheinlich, da es bereits Absichtserklärungen gibt.
Die Windparks dienen als Sicherheiten. Das ist nur fair, weil so Risiko und Chancen auf zwei unterschiedliche Beteiligungsmodelle (Anteile und Anleihe) aufgeteilt werden.
Die Laufzeit beträgt 15 Jahre, der Zins liegt bei 3,5 Prozent. 2017 beginnt eine jährliche Rückzahlung. Anleger können die Anleihe aber schon 2016 an der Börse veräußern, wobei Kursgewinne, angesichts von Prokons guter Ausgangslage, möglich sind.
Genossenschaftsanteile
Die Ansprüche der Genussrechte werden zu 24,4 Prozent in Anteile umgewandelt. Wer also 10.000 Euro investiert hat, bekommt 2440 Euro zugesprochen. Er wird stimmberechtigter Miteigentümer Die Mitglieder haben auch Anspruch auf eine Dividende. Die Höhe bestimmen die Mitglieder selbst in der jährlichen Mitgliederversammlung.
Die Anteile lassen sich mit einer Frist von drei Jahren kündigen. Überdies kann ein anderes Mitglied die Anteile übernehmen.
Fazit
Eine bessere finanzielle Bewertung, eine stärkere Zukunftsperspektive: Die Genossenschaft ist das sinnvolle Modell für Prokon. Die Anleger würden nicht nur mehr von ihrem Kapital zurückbekommen sondern auch an den Chancen teilhaben. Couragierte Mitglieder und eine engagierte Belegschaft können das Unternehmen voranbringen.
Mehr Informationen unter: www.gls.de/position-prokon
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