Die Ziele der Grünen Gentechnik, oder Agrogentechnik, unterscheiden sich grundsätzlich nicht von den Zielen traditioneller Pflanzenzucht, sagen die einen.
Um eine Verbesserung der Eigenschaften von Pflanzen ginge es schließlich bei beidem. Wenn ich aus meiner Ernte die schönsten, leckersten Pflanzen als Grundlage für das kommende Jahr herauspicke, ist das nicht auch ein Eingriff in den Genpool? Unkontrollierter Pollenflug, ungehinderte Verbreitung, ungeahnte Folgen für die Diversität, unbekannte Risiken für die Natur, den Menschen, davon sprechen die anderen.
Seien es Resistenzen gegen Herbizide, Viren, Pilze. Erhöhte Trockentoleranzen, schnelleres Wachstum, bessere Nährstoffaufnahme. Anreicherung mit Vitaminen, weniger Acrylamid in Kartoffeln, nicht-bräunende Äpfel. Die Wunschliste ist und bleibt lang. Seit über 30 Jahren gibt Agrogentechnik Milliarden aus und schleust gezielt Gene mit einer gewünschten Eigenschaft in Organismen ein. Immer präziser, immer schneller, ja. Aber nicht so erfolgreich wie erhofft. Bisher wachsen in 28 Ländern genveränderte Pflanzen, fünf davon sind EU-Staaten. Angebaut werden vor allem Soja, Baumwolle, Mais und Raps. Viele Ackerflächen mit gentechnisch veränderten Pflanzen sind für die Weiterverarbeitung zu Tierfutter bestimmt, nicht für die hungrigen Menschen in den Ländern, in denen sie wachsen.
Ob eines der vielen Verfahren Gentechnik ist, darüber streiten sich die Experten. Wird eine Technik entsprechend eingestuft, bedarf es einer Zulassung, Risikoprüfung und Regulierung, i.e. Kennzeichnung. Fällt sie nicht unter die EU-Richtlinie, wird es für die Macher günstiger. Das Unternehmen Cibus findet beispielsweise, dass sein neuer herbizidresistenter Raps, kreiert mit dem Rapid Trait Development System (RTDS), nicht das Attribut „gentechnisch“ verdient. Doch tatsächlich baut Cibus DNA synthetisch nach und schleust veränderte Abschnitte in die Rapszellen ein. Die EU-Kommission teilt Cibus Meinung nicht und untersagte den Anbau vorerst.
Und dann sind da cisgene Pflanzen. Diese Technik halte sich an naturgegebenen Grenzen. Artenüberschneidungen oder Verunreinigungen gibt es nicht. Zielgenau werden die gewünschten Eigenschaften eingebaut und so neue Pflanzenarten geschaffen, die theoretisch durch natürliche Mutation von der Natur hätten kreiert werden können. Im Labor geht‘s eben schneller. In der traditionellen Züchtung benötigt ein Apfelbaum rund 10 Jahre, bis er für die nächste Kreuzung genutzt werden kann. Und das ist der große Unterschied: Ob die Mutation Bestand hat oder der Organismus mit der Veränderung gar nicht erst überlebt, entscheidet in der Regel die natürliche Selektion. Genau diesen Mechanismus setzt Agrogentechnik durch Chemie und Technik außer Kraft.
Neben dem natürlich patentierten Saatgut liefern die großen Agrarkonzerne, wie z.B. Monsanto, passende Lizenzen und Pestizide direkt mit. Da die Schädlinge sich häufig unbeeindruckt von den Resistenzen zeigen und ggf. sogar eigene Resistenzen entwickeln, spritzen die Bauern im Umkehrschluss noch mehr Pestizide. Und so schafft eine Handvoll Konzerne neben neuen Pflanzen zusätzlich eine Abhängigkeit der Bauern. In Indien wurde dieses Spiel soweit getrieben, dass sich viele Bauern das Leben nahmen. Der Grund: Verschuldung durch ins unermessliche gestiegene Saatgut- und Herbizidausgaben.
Damit nicht genug: Landwirtschaftlicher Anbau erfolgt auf offenen Flächen. Unbeabsichtigt kann sich so das patentierte Saatgut weiterverbreiten. Das wirkt sich zum einen auf den Marktwert unbehandelter Pflanzen aus. Zusätzlich darf ein Bauer aus den bestäubten Pflanzen kein Saatgut mehr entnehmen. Denn sie sind nun Patentträger.
Das Schaffen neuer Organismen: Auf der einen Seite birgt es sicher Chancen, aber vor allem eine enorme Verantwortung. Ist das Zusammenspiel der Gene nicht zu komplex, um dies zu verantworten? Und wo ist die Trennline: Wann wird angesichts der neuen Methoden Züchtung zur Gentechnik? Wir sind gespannt auf Eure Meinungen.
Links
Der Saatgutfonds der Zukunftsstiftung Landwirtschaft unterstützt Initiativen, die sich für die Forschung und Entwicklung ökologischer und gentechnikfreier Gemüse-, Getreide- und Obstsorten engagieren.
Auf der Website des Infodiensts Gentechnik (Träger ist u.a. die Zukunftsstiftung Landwirtschaft) findet ihr ein Dossier zu neuen Technologien zur „Verbesserung“ von Pflanzen.
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