Vier Menschen arbeiten gemeinsam in einem Gartenprojekt.

Wie tragen Genossenschaften zum sozial-ökologischen Wandel bei?

38 Grad. Und es wurde noch heißer: Bis zu 48 Grad auf Sizilien und Sardinien. Als selbsternannte Sonnenanbeterin komme ich mit Hitze zwar deutlich besser zurecht als mit Kälte, aber diese Hitze wäre auch für meinen Körper zu viel. Das Klima ist im Wandel – mit Auswirkungen auf uns Menschen und die Gesellschaft. Also: Was tun, wenn ich mich auf das schnelle Agieren der Politik nicht verlassen kann? Aktiv werden! Beispielsweise in einer Genossenschaft – und mir dadurch das Jahrhunderte alte Prinzip “Hilfe zur Selbsthilfe” zunutze machen.

Beginnen wir mit der Geschichte der Genossenschaften: Bereits im 19. Jahrhundert verbreitete sich die Genossenschaft unter dem Motto “Hilfe zur Selbsthilfe” vor dem Hintergrund steigender Armut. Das Genossenschaftsmodell sollte das Überleben armer Landwirte sichern und galt als reale Alternative zum Sozialstaat. Und das zurecht, denn es war ein voller Erfolg. Insgesamt durchlebte das Genossenschaftsmodell danach einige Hoch- und Tiefphasen. Nach dem 1. Weltkrieg stieg die Anzahl an Genossenschaften stark an. Durch den Feldzug des Neoliberalismus in den 1980er und 1990er Jahren hingegen verlor diese Organisationsform ihre Relevanz. Die Bankenkrise 2007/2008 wiederum zeigte, dass die genossenschaftliche Organisation resilient gegenüber Krisen zu sein scheint – und diese Krisenstärke beweist sie auch in der jüngsten Vergangenheit.

Angesichts des Kollapses der Silicon Valley Bank (SVB) und der nicht mehr aufzuhaltenden Übernahme der Credit Suisse durch die UBS zu Beginn dieses Jahres stelle ich mir die Frage, warum nicht bereits viel mehr Unternehmen auf den genossenschaftlichen Organisationstyp gewechselt haben. Denn beliebt sind Genossenschaften allemal.

Der Genossenschafts-Spirit auf Hochtouren

Im Jahr 2022 existierten laut Deutschem Genossenschafts- und Raiffeisenverband rund 7.000 deutsche Unternehmen, die nach dem genossenschaftlichen Prinzip wirtschaften. Insbesondere Energie- und Wohnungsmarkt-Genossenschaften boomen. Auf dem deutschen Wohnungsmarkt tummeln sich allein 1.800 lokale Wohnungsgenossenschaften.

Auch Genossenschaftsbanken sind nicht zu unterschätzen: Mit 18,2 Millionen Mitgliedern sind Banken der mitgliedsstärkste Sektor. 18,2 Millionen Menschen bestimmen gemeinschaftlich den Weg ihrer Bank, dürfen mitwirken und sind Teil der genossenschaftlichen Bewegung. Und es werden immer mehr. Mittlerweile wirtschaften weltweit drei Millionen Organisationen nach dem diesem Prinzip. Die Genossenschaft ist beliebt. So beliebt, dass sie seit 2016 sogar als immaterielles Weltkulturerbe der UNESCO-Liste gilt.

Vier junge Menschen stehen beieinander und planen etwas.

Genossenschaften wirken sozial, ökologisch und ökonomisch

Genossenschaften sind also sozial wirksam, schaffen Gemeinschaft und bündeln Kräfte. Damit sind sie sowohl sozial nachhaltig, als auch ökonomisch und ökologisch nachhaltig.

Analysiert wurde dies bereits 2021 in einer global ausgelegten Studie der International Cooperative Alliance (ICA) und Euricse (2021). Untersucht wurden 300 der größten Genossenschaftsorganisationen und ihr Einfluss auf die nachhaltige Entwicklung. Das Ergebnis: Ziele, die Genossenschaften am häufigsten einhalten, sind der Klimaschutz (SDG 13), die menschenwürdige Arbeit und das Wirtschaftswachstum (SDG 8). Weitere Ziele sind Gesundheit und Wohlergehen (SDG 3), die Gleichstellung der Geschlechter (SDG 5) sowie verantwortungsvoller Konsum und verantwortungsvolle Produktion (SDG 12).

Andere Studien wie die von Mozas (2019), Iyer (2020) und Díaz de León u.a. (2021) zeigen die lokale Wirksamkeit der Genossenschaften bei der nachhaltigen Entwicklung. Insbesondere Umweltgenossenschaften sind führend bei der nachhaltigen Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen und sind damit eine Quelle für “positives Sozialkapital”.

Das sind gute Voraussetzungen, wie ich finde, um das genossenschaftliche Unternehmertum zu fördern.

Ökologische Solidarität durch Genossenschaften schaffen

Auch in der breiteren sozialwissenschaftlichen Literatur über Gemeinwohlökonomie und solidarisches Wirtschaften gelten Genossenschaften bereits als zentrale Antwort auf die Frage, wie wir als Gesellschaft den notwendigen Wandel gestalten können. Sie unterliegen alle dem Idealtypus des gemeinwirtschaftlichen Unternehmertums und stellen den Menschen in den Vordergrund.

Als Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken gilt dies auch für die GLS Bank und spiegelt sich in den finanzierten sozial-ökologischen Projekten wider. Unter ihnen befinden sich einige genossenschaftlich organisierte Unternehmen wie beispielsweise die Solidarische Landwirtschaft KoLa Leipzig eG, die Möckernkiez eG für selbst verwaltetes, soziales und ökologisches Wohnen und die Energiegenossenschaft BürgerEnergie Nord eG. Alle haben das Ziel den sozial-ökologischen Wandel in den jeweiligen Bereichen voranzutreiben. Diese Entwicklung zeigt, dass Genossenschaften nicht mehr in erster Linie der Selbstversorgung der Mitglieder dienen.

Die Vorteile einer Genossenschaft liegen klar auf der Hand: 1) Geld dient als Gestaltungsmittel und 2) das Individuum profitiert ökonomisch und sozial durch die Gemeinschaft.

Hinzu kommt, dass es Menschen sehr motiviert, auf Gleichdenkende zu treffen und mit ihnen zusammen Herausforderungen zu meistern. Diese Aspekte helfen insbesondere denjenigen, die sich durch die zunehmenden Negativschlagzeilen in einem Ohnmachtszustand befinden. Eine Genossenschaft kann sich wie ein Zusammenschluss für „die gute Sache“ anfühlen.

Sich selbst in der Gemeinschaft verwirklichen

In Gesprächen mit den unterschiedlichsten Charakteren erlebe ich, dass Gemeinschaft und Solidarität zwar immer hochgehalten werden, verzichten möchte aber niemand auf irgendetwas. Insbesondere dann nicht, wenn die eigene Selbstverwirklichung eingeschränkt wird.

Also doch alles wie immer? Nein. Die Genossenschaft erlebt ein neues Hoch und in ihr funktioniert Solidarität und Selbstverwirklichung. Also: Werde Mitglied in einer Genossenschaft, schließe dich Bewegungen wie Fridays for Future an oder setze dich, so wie ich, für den fairen Handel ein. Egal, in welchem Rahmen du dich engagierst: Dein Handeln öffnet einen Raum und dein Ohnmachtsgefühl nutzt dann der guten Sache. Du festigst deine persönliche Resilienz, du motivierst andere Menschen. Aktivistische Gruppen und Genossenschaften haben eins gemeinsam: Eine Masse an Menschen kann etwas Gutes bewegen. Oder wie es in einem afrikanischen Sprichwort heißt:

“Viele kleine Leute, die an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern.”

Gemeinsam aktiv: Was kannst du tun?

Falls du also gerade an deinem Business-Plan feilst, schau dir mal genauer an, was es braucht, um sich genossenschaftlich aufzustellen. Alternativ dazu ist auch die Idee der sogenannten “purpose company” empfehlenswert. Unkompliziert aktiv werden kannst du bereits am 15. September beim globalen Klimastreik. Auch wir als GLS Bank sind dabei und werden damit wieder ein Zeichen für den Klimaschutz setzen. Unser Kern, das was uns als genossenschaftliche Bank antreibt, erlaubt es gar nicht anders: Geld ist für die Menschen da!

Schreibe mir gerne einen Kommentar und lass uns über Genossenschaften austauschen!

Hier findest du einen Standort in deiner Nähe, um am globalen Klimastreik teilzunehmen.

Nicht nur sozial-ökologisch, sondern auch digital:  Wie Genossenschaften den digitalen Wandel schaffen, kannst du in unserem Blogbeitrag “Genossenschaften: Auf dem Weg ins digitale Zeitalter” lesen.

Genossenschaften: Auf dem Weg ins digitale Zeitalter

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