Glyphosat wirkt sich unter anderem auch auf Kaulquappen aus, die auf diesem Foto zu sehen sind.

Warum ein Glyphosat-Verbot so wichtig ist

Glyphosat als Gift ist seit einigen Jahren in aller Munde. Inwieweit darf man es nutzen? Wer darf es nutzen? Und wie genau wirkt Glyphosat eigentlich?

Mehr darüber zu wissen, ist wichtig: Im zweiten Halbjahr 2023 findet auf EU-Ebene eine erneute Abstimmung über die Wiederzulassung von Glyphosat statt – und du kannst deine Stimme für ein Verbot einsetzen.

Glyphosat und dessen Auswirkung

First Things first: Was genau ist Glyphosat und was sind die Auswirkungen?

Glyphosat ist ein Totalherbizid. Das bedeutet, dass es alle Pflanzen tötet, die nicht gentechnisch so verändert sind, dass sie es überleben. Ziemlich radikal also.

Der Einsatz eines so starken Pflanzen-„schutz“-mittels bringt einige Nachteile mit sich. So hat Glyphosat zum Beispiel Einfluss auf den Rückgang der Artenvielfalt. Es hat eine direkte Auswirkung auf die Ackerflora und eine indirekte Auswirkung auf die Ackerfauna. [Update vom 13.6.: Mittlerweile gibt es zahlreiche Studien, die zeigen, dass Glyphosat auch direkte Auswirkungen auf Insekten hat, nicht nur indirekte (siehe zum Beispiel die Entwicklung von Florfliegenlarven oder die Gefährdung des Bruterfolgs von Hummeln).] Dadurch, dass das Mittel auch die Wildpflanzen rund um die Äcker schädigt, bieten diese weniger Lebensraum für Insekten. Dadurch wiederum reduziert sich die Nahrung von Vögeln. Ganze 30 Prozent aller Vögel der Agrarlandschaft sind bereits auf der Roten Liste der bestandsbedrohten Arten.

Im September 2018 belegte PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences), dass Glyphosat eine große Rolle vor allem im Bienensterben spielt.

In unseren Gewässern und Kläranlagen sollte Glyphosat laut Zulassungsbericht des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) gar nicht landen. Es hat sich aber gezeigt: Glyphosat und das Abbauprodukt AMPA greifen Wasserbewohner an und bereiten besonders den Amphibien große Probleme. Zum Beispiel sterben Kaulquappen, da die schädlichen Stoffe im Wasser ihre Embryonalentwicklung stören.

In unsere Kläranlagen gelangen die Stoffe vor allem durch unrechtmäßigen Gebrauch auf Gehwegen. Von dort aus landen sie in der Kanalisation und in Klärwerken. Glyphosat wird von der Europäischen Chemikalienagentur ECHA als „giftig für Wasserlebewesen“ eingestuft, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stufte es 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ ein.

Somit nehmen wir diese Stoffe nicht nur über unser Essen, sondern auch über unser Wasser auf.

Glyphosat wirkt sich unter anderem auch auf Kaulquappen aus, die auf diesem Foto zu sehen sind.

Nutzung von Glyphosat

Nun zu der Frage, wo und wie Glyphosat eingesetzt wird.

Traurig, aber wahr: Es wird weltweit verwendet. An den erstmal offensichtlichen Orten wie in der Landwirtschaft, im Obst-, Wein- und Zierpflanzenbau und auf Christbaumplantagen. Aber auch auf Grünflächen im urbanen Raum: erstaunlicherweise in Parkanlagen, auf Bahngleisen und in privaten Gärten, obwohl laut BMEL Folgendes gilt:

Die Anwendung von Glyphosat im Haus- und Kleingartenbereich und auf Flächen, die von der Allgemeinheit genutzt werden, wie öffentliche Parks und Gärten, Sport- und Freizeitplätze, Schulgelände und Kinderspielplätze, ist verboten.

Auf 39 Prozent der deutschen Ackerflächen wird Glyphosat gespritzt. Vor der Aussaat und nach der Ernte. Es ist somit ein ständiger Begleiter in der Landwirtschaft. [Update vom 13.6.: In diesem Absatz haben wir die Aussage entfernt, dass Glyphosat „kurz vor der Ernte (Raps und Hülsenfrüchte reifen dadurch schneller)“ gespritzt wird, denn dies ist tatsächlich mittlerweile verboten.]

Die Bundesregierung hat den Vertrieb von Glyphosat ab Januar 2024 bereits verboten. Den Plan zum Glyphosat-Ausstieg gibt es im Netz.

Mithelfen!

So, und was kannst du jetzt machen?

Unterschreiben! In der zweiten Hälfte dieses Jahres wird erneut über die Wiederzulassung von Glyphosat auf EU-Ebene entschieden. Deshalb startet das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft (BeL) jetzt eine neue Kampagne für ein Nutzungsverbot dieses Wirkstoffes. Die Kampagne soll Druck auf die Regierung ausüben, damit diese gegen die Wiederzulassung stimmt.

Teil der Kampagne ist eine Petition. Setze jetzt deine Unterschrift für glyphosatfreie Grünflächen!

Ein weiterer Teil der Kampagne ist das direkte Anschreiben von EU-Abgeordneten, das ab dem 7. Juni möglich sein wird. Bleibe also neugierig und verfolge die Kampagne auf den Seiten des Bündnisses! Für dich, für Mensch und Natur, für die Reduzierung von Pestiziden.

Mann spritz in vollem Schutzanzug Gift auf Bäume

Was du noch tun kannst, erfährt du in diesem Blogbeitrag.

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13 Antworten zu „Warum ein Glyphosat-Verbot so wichtig ist“

  1. Avatar von Peter
    Peter

    Ich habe letztens das Buch „Klima“ von Charles Eisenstein gelesen. (Und ich finde es sehr empfehlenswert!) Er beschreibt, wie er sich ausführlich mit den Argumenten beschäftigt hat, wie es zu dem „menschengemachten Klimawandel“ kommt und er hat viele plausible Erklärungen gefunden. Und dann hat sich mit den Gegenargumenten intensiv beschäftigt – und auch diese sind sehr plausibel. Und die Gegenargumente darauf wieder. Und so weiter. (Kap. 3)

    Und letztendlich kommt er zu dem Schluss, dass wir die Ebene wechseln müssen, um aus diesem Dilemma zu entkommen (S. 118): Solange ich unseren Planeten nicht als lebendig anerkenne und der Erde nicht mit Respekt in Liebe begegne, kann ich nicht *fühlen*, welche Auswirkungen mein Tun hat. Wenn ich sehe, dass die Bienen und Insekten immer weniger werden, und die Anzahl der Vogelarten bei uns in der Umgebung abnimmt, dann empfinde ich das als schmerzhaft. Dafür brauche ich keine Fakten und Studien, um das zu spüren.

    Und ich glaube, die Diskussion hier, ist ähnlich: Man kann sie nicht mit logischen, mentalen Argumenten lösen. Denn da kann man immer ein Gegenargument finden und eine Studie, die das belegt.

    Interessanterweise steht in Eisensteins Liste von vorgeschlagenen Maßnahmen (mit Bezug auf das Klima, s. S. 362ff) auch die Hinwendung zu „regenerativer Landwirtschaft“ (das Stichwort ist ja oben auch schon erwähnt) und ein Verbot von allen Pestiziden. Ich bin hier definitiv kein Experte, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass regenerative Landwirtschaft und Pestizid-Einsatz zusammen passt. Die oben zitierte NaBu-Studie verstehe ich so (zugegeben, ich habe nur die beiden angegebenen Seiten gelesen), dass Pestizide in der konventionellen Landwirtschaft *in der ersten Übergangszeit* noch nötig sein können („especially in the first years of the transition“). Aber ganz bestimmt nicht als dauerhafter Baustein. Eisenstein schreibt zu regenerativer Landwirtschaft einiges, gerne dort selber nachlesen.

    Es ist mein Wunsch, dass auch noch meine Kinder und Enkel einen lebenswerten Planeten bewohnen können, und da spielt – nach allem, was ich bisher dazu gelesen haben – auch die Landwirtschaft nun einmal eine wichtige Rolle.

  2. Avatar von Ingrid Dannhorn
    Ingrid Dannhorn

    Guten Tag Frau Tönnis,
    Sie legen dar, das Sie ausschließlich biologische Landwirtschaft finanzieren.
    Gebietet es nicht Ihr geltend gemachter Respekt für alle Landwirte, die Stimmungsmache gegen Glyphost sofort zu beenden.
    Finanzieren Sie Biolandwirte und lassen Sie die anderen in Frieden ihrer Arbeit nachgehen.
    Viel zu lange schon müssen konventionelle Landwirte Unwahrheiten über sich ergehen lassen.
    Dem wollen Sie sich doch sicher aufgrund eigener hoher ethischer Maßstäbe nicht anschließen.
    Viele Grüße
    Ingrid Dannhorn

  3. Avatar von Antje Tönnis
    Antje Tönnis

    Lieber Herr Callsen,

    ja genau, ich arbeite unter anderem bei der GLS Bank, weil sie ausschließlich biologische Landwirtschaft finanziert. Das finde ich gut und richtig. So oder so habe ich aber viel Respekt für alle Bäuer*innen. Wenn jemand mit weniger Gift auszukommen versucht, ist das begrüßenswert. Ich bin ab und an an der Schlei (in diesem Jahr allerdings wahrscheinlich nicht mehr) und nehme gerne Ihr Angebot an, Ihren Hof dann zu besuchen. Das ist bestimmt hilfreicher, als hier weiter Filme oder Studien hin und her zu schicken.

    Herzlicher Gruß
    Antje Tönnis

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