100% Nachhaltigkeit ist bunt – aber niemals braun!

Bio-Landwirtschaft ist die Zukunft! Und zwar zu einhundert Prozent. Doch auf landwirtschaftlichen Höfen tummelt sich manchmal auch Gedankengut, das ganz sicher nicht Zukunft ist. Eine Abrechnung mit rechtsradikalen Netzwerken in der Bio-Bewegung. 

Völkische Siedler haben in den letzten gut zehn Jahren versucht, Land zu gewinnen. Ihre Werte sind noch rückwärtsgewandter, als die Behauptung im Jahr 2024, konventionelle Landwirtschaft sei die Zukunft. Aber der Reihe nach.

Es geht um rechte Netzwerke, die die Bio-Bewegung als Feigenblatt für ihre völkischen Ziele missbrauchen. Es geht unter anderem um die Anastasia-Bewegung.

Aus den Verschwörungstheorien eines Antisemiten wird eine rechtsradikale Bewegung mitten in Deutschland

Die Anastasia-Bewegung kommt aus Russland und basiert auf Romanen des russischen Autors Wladimir Megre. Er schreibt darin von der fiktiven Begegnung mit einer Frau namens Anastasia. Aber Megre behauptet seine Romane seien real. Er will mit seiner Romanfigur sogar ein Kind gezeugt haben.

Komplett upgespaced.

Aber nicht folgenlos.

Denn die Bücher sind voll von völkischem und antisemitischem Gedankengut. Der Autor lamentiert, die Welt sei dem Untergang geweiht und man müsse sich aufs Land zurückziehen, siedeln, eine neue Gesellschaft aufbauen. Das aber aufbauend auf Rassismus, frauenfeindlichen Rollenbildern und Behindertenfeindlichkeit.

Die ganze Geschichte könnte man in einem Satz zusammenfassen: Es sind furchtbare Bücher. Aber leider „inspirieren“ diese Bücher Menschen.

Bundesweit soll es ca. 20 Siedlungsprojekte geben, die eine Anastasia-Bewegung bilden, also die Lügen Megres ernst nehmen. Und nach seinen erlogenen Hassbotschaften leben. Am weitesten fortgeschritten ist das Siedlungsprojekt „Goldenes Grabow“ in Brandenburg. Den Siedler*innen dort gehören mindestens 84 Hektar Land.

Und sie siedeln ganz eindeutig elitär und völkisch-orientiert. Wer mitsiedeln will, muss unter anderem einen strengen Bewerbungsprozess durchlaufen, mindestens ein Jahr lang auf Probe in der Gemeinschaft leben und seine Loyalität zur Anastasia-Bewegung beweisen.

Neben der eigenen Ideologie pflegen die Anastasia-Mitglieder aber auch Kontakte zu anderen Akteur*innen der rechtsradikalen Szene: Gerade zur neonazistischen Identitären Bewegung, mit der sie ihr völkisches Gedankengut teilen, und zu den Reichsbürger*innen, die ebenfalls aus dem verschwörungstheoretischen Milieu kommen.

Ein Einzelfall ist Anastasia dabei nicht. Auch NPD und Co. missbrauchen immer wieder vermeintliche Öko-Landwirtschaft für ihr völkisches, verfassungsfeindliches Gedankengut. Naturverbundenheit als Feigenblatt für Ausgrenzungsfantasien.

Jetzt könnte man fragen: Was interessiert uns das?

Rechtsextremismus ist niemals nachhaltig

Die Antwort ist eindeutig: Kein*e Demokrat*in darf schweigen, wenn Rechtsradikale versuchen Fuß zu fassen, irgendwo in der Gesellschaft!

Die Siedler*innen der Anastasia-Bewegung und andere rechtsradikale Landwirte verdienen ihren Lebensunterhalt mit Landwirtschaft. Viele geben an, nach Bio-Standards zu produzieren. Teilweise sogar nach den besonders strengen Demeter-Kriterien.

Nachhaltigkeit aber entscheidet sich nicht nur am Saatgut, das gesät wird, oder am Umgang mit Nutztieren oder an den Acker-Maschinen, die eingesetzt werden. Nachhaltigkeit ist auch eine Haltungsfrage.

Die Geschichte zeigt: Völkische Ideologien führen immer ins Verderben. Antisemitismus, Queerfeindlichkeit, Rassismus, Sexismus und Behindertenfeindlichkeit sind Gift für eine Gesellschaft. Nur wer dem entschieden entgegentritt, setzt sich für Nachhaltigkeit ein.

Die allerallerallermeisten Bio-Landwirte tun das – natürlich!

Und das ist, finde ich, übrigens ein weiterer Grund, Haltung gegen jede Form von völkischem Gedankengut in der Bio-Landwirtschaft zu zeigen: Wir dürfen nicht zulassen, dass sie auch nur minimalen Einfluss auf die gesellschaftliche Haltung zu Bio-Landwirtschaft bekommen, damit die dringend notwendige Nachhaltigkeitsdebatte keinen Millimeter nach rechts rückt.

Apropos Vielfalt: In unserer Blog-Reihe “Starke Landwirtinnen” stellen wir Frauen vor, die in der Landwirtschaft Verantwortung tragen. Die Schwestern Marlene und Lucia Gruber sind zwei von ihnen und haben den elterlichen Betrieb übernommen. Sie stehen als starkes Beispiel für moderne, weltoffene und ökologische Landwirtschaft. Und sie verraten, was es für mehr Gleichberechtigung auf dem Bauernhof braucht.

Der Biohof Gruber Schöfthal aus der Luft fotografiert
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2 Antworten zu „100% Nachhaltigkeit ist bunt – aber niemals braun!“

  1. Avatar von Tim Zander
    Tim Zander

    |

    die Jüdin Ruth Lapide hat mal gesagt „die Zehn Gebote“ sind falsch übersetzt.
    statt „ich soll nicht schaden“ müsste es heißen „ich will nicht schaden“
    Ein wahre Jude oder Christ will aus sich heraus Gutes gut nicht aus Angst vor Bestrafung.

    Als Deutscher bin ich geprägt worden von der Schuld aus der NS Zeit.
    In der Schule hab ich gelernt das wir in einer tollen Demokratie leben, das wir Bürger mitbestimmen
    und wir eine Gewalten-Teilung haben.
    Nur leider musste ich einsehen das nichts davon wahr ist.
    Parteien und Presse leben vom Kapital und dienen ihm.
    Jahrelang hab ich gegen Atomkraft demonstriert und nichts ist passiert.
    Aber Banken werden über Nacht gerettet.
    Für Krieg kann man auch schnell Geld aus dem Hut zaubern.
    Eine wahre Demokratie lebt von öffentlichen Debattenraum und von direkten Abstimmungen, wo sind die ?
    Wenn wir eine Gewaltenteilung hätten dürfte nicht eine Instanz die andere einsetzen.
    Es gäbe Wahlen für Richter, Staatsanwälte, Polizeichefs und den Kanzler.

    Ich will diese Demokratie, die mir als Kind versprochen wurde. Aber wie beim Weihnachtsmann sehe ich nur eine Maske hinter der ein totalitäres System steckt. Solang alle an diese Demokratiemaske glauben, werden wir in aller Ruhe belogen und bestohlen. Je mehr Menschen aber nach der Wahrheit fragen um so mehr muss das System die Wahrheit Unterdrücken.

    „Teile und Herrsche“ ist das grundlegende Machtinstrument. Die Herrschaft hetzt die Masse gegen Die, Welche
    sich Absondern von ihr (Sünder), um ihre Herrschaft zu sichern. Da ist jeder Lüge recht um die anderen als Böse dazustellen. Wenn der Mob dann denen schadet die sich Absondern ist das den Herrschenden gerade recht, sie haben sich nicht mal selbst die Hände beschmutzt.

    Wenn es also heißt der ist „Links“, „Rechts“, „Grün“ oder „Blau“ was soll das den eigentlich bedeuten ?
    der Herrschaft ist das egal, sie benutzt die Begriffe die am Meisten aufhetzen.

    In einen gerechten System sollte man vorher fragen.
    Was hat dieser Mensch verbrochen ? gibt es dafür Beweise ?
    Schadet er jemanden ? oder ist nur anders als die Anderen ?
    hat man ihn den angehört, vielleicht hat er gute Gründe die einen zum Nachdenken anregen
    oder man kann ihn einen geeigneteren Weg zeigen.

    Laßt euch nicht spalten, bleibt Gesprächsbereit, denkt selbst und stellt auch kritische Fragen.
    Wenn ein Staat Schimpfwörter benutzt wie „Querdenker“, “ Putinversteher“, „Verschwörungstheoretiker“,
    dann sollte man sich fragen was gibt es zu Verbergen ? Warum hat der Staat Angst vor Denkern und Verstehern, vor Leuten die kritisch Nachfragen ?
    Verstehen bedeuteten nicht gleich gutheißen.
    Ich erwarte Transparenz und auf berechtigte Fragen, ehrliche Antworten.

    Ein neuer Unrechtsstaat wird sich nicht durch alte Symbole zu erkennen geben, man muss ihn an den Taten erkennen. Auch wird er von sich behaupten er wäre gut und schöne Begründungen finden warum man Menschen ausgrenzen, wegsperren oder beseitigen muss.

    Wo in den Anastasia Büchern finde ich Beweise dafür das man anderen Menschen schaden möchte ?
    Was soll der Begriff „völkisch“ heißen ?

    Im Buch „Schöne neue Welt“ wird eine Utopia beschrieben in der die Menschen vereinzelt sind und Familie, Kultur und feste Beziehungen verboten sind. Alle sind direkt vom Vaterstaat abhängig.
    Jeder der ein solch totalitäre System auch nur ein bisschen Hinterfragt steht sofort ganz allein da.

    Also bleibt friedlich und im Austausch und laßt euch nicht durch unbewiesene Behauptungen aufhetzen.

    1. Avatar von Markus Ingold
      Markus Ingold

      |

      Lieber Tim vielen Dank für Deine offenen Worte. Ich teile Deine Beobachtung und möchte hinzufügen, dass es hilft mit vielen Menschen ins offene Gespräch zu gehen und andere Meinungen nicht kategorisch zu verurteilen sondern sie auch einfach mal auszuhalten.
      Liebe Grüße Markus

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