Die im Jahr 2002 gegründete Stiftung trias hat sich zu einer Pionierin im Bereich gemeinschaftlichen und nachhaltigen Wohnens entwickelt. Ihre Mission ist klar: Boden als Gemeingut sichern und innovative Wohnprojekte fördern.
Raus aus der Vereinzelung
„Bildet Banden!“, hieß es in den 1970er Jahren, als die bürgerliche Friedens- und Freiheitsbewegung ihre Stärke erkannte und die Sehnsucht nach Gemeinschaft und Solidarität wuchs. Mit diesem Aufruf war gemeint, Kräfte und Wissen zu bündeln, um die Welt zu verändern – zumindest die nähere Umgebung. Es entstanden Kommunen, WGs und Wohnprojekte. Günstige Bauernhöfe in Norddeutschland standen bei jungen Leuten hoch im Kurs. Sie wollten anders leben als ihre Eltern, frei und ohne Flurwoche. Doch die jungen Leute wurden älter, und im Laufe der Jahre rückte die eigene Vermögensbildung wieder in den Vordergrund. Seit einigen Jahren zeigt sich jedoch auch im nicht alternativen Lager eine Trendumkehr. Der Wunsch, die Vereinzelung und Anonymität zu verlassen, eint immer mehr Menschen. Einen Weg, diesem Ziel näher zu kommen, zeigt die Stiftung trias. Ihr Name bezieht sich auf ihre drei Stiftungsthemen Boden, Ökologie und Wohnen.
1 Mio. Quadratmeter Boden der Spekulation entzogen
Knapp eine Million Quadratmeter Boden hat die Stiftung trias dem Spekulationsmarkt bis heute entzogen und dabei zahlreiche Projekte unterstützt. Ermöglicht wurde das durch eine stetig wachsende Gemeinschaft von Menschen, die sich mit Zustiftungen, Spenden und Darlehen für die Ziele der Stiftung engagieren oder selbst neue soziale Formen des Zusammenlebens und Zusammenwohnens suchen.
Ein zentrales Instrument der Stiftung ist das Erbbaurecht. Was trocken klingt, ist ein (rechtliches) Gestaltungswerkzeug, das bereits im Jahr 1919 geschaffen wurde, um den sozialen Wohnungsbau zu stärken und die Bodenspekulation zu bekämpfen. Im Zuge der kommunalen Privatisierungskampagnen der letzten Jahrzehnte geriet es zuletzt jedoch stark in Vergessenheit – dabei haben die Ziele an Aktualität nicht eingebüßt: Das Erbbaurecht hilft dabei, Flächen dauerhaft der Spekulation zu entziehen und gleichzeitig innovative Wohnformen zu realisieren. Es schafft eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.
Das Erbbaurecht ist ein juristisches Instrument, das die Trennung von Grundstücks- und Gebäudeeigentum ermöglicht. Der Erbbaurechtsnehmer erhält das Recht, auf einem fremden Grundstück ein Gebäude zu errichten und zu nutzen. Im Gegenzug zahlt er einen jährlichen Erbbauzins an den Grundstückseigentümer.
Gemeinschaftliches Wohnen
Insgesamt 52 Erbbaurechtsprojekte sind seit der Gründung der Stiftung trias bis heute entstanden. Diese Projekte sind so vielfältig wie die Menschen, die darin leben. Sie reichen von Mehrgenerationenhäusern, in denen Jung und Alt voneinander lernen, über Projekte für Wohnen, Arbeiten und Kultur bis zu inklusiven Wohngemeinschaften, in denen Menschen mit und ohne Behinderung zusammenleben. Die Vielfalt der Projekte und das Interesse von immer mehr Menschen an alternativen Wohnformen zeigt, dass das Thema gemeinschaftliches Wohnen zunehmend gesehen wird und eine Alternative zum klassischen Einfamilienhaus sein kann. Es bietet Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen wie die wachsende Vereinsamung, eine immer älter werdende Bevölkerung, knapper werdendem Wohnraum und steigende Wohnkosten.
David Matthée, Vorstandsmitglied für den Bereich Vermögensanlage und Projektentwicklung in der Stiftung trias, erklärt: „Gemeinschaftliche Wohnprojekte in Selbstverwaltung sind wichtige Experimentier- und Übungsfelder für die ganze Gesellschaft. Es entstehen Freiräume, in denen sich Neues, Zukunftsfähiges entwickeln kann, von Sharing-Modellen bis hin zur Nachbarschaftshilfe. Wir glauben, dass die Antworten auf viele drängende Fragen der Gesellschaft in der Gemeinschaft liegen. Mit unserer Arbeit möchten wir hier Brücken bauen, auch zwischen den Generationen.“
Haus in gute Hände: Immobilien sichern
Ein weiteres Arbeitsfeld der Stiftung ist die Sicherung bestehender Immobilien für gemeinwohlorientierte Zwecke. Unter dem Motto „Haus in gute Hände“ berät die Stiftung Eigentümerinnen und Eigentümer, die ihre Immobilie langfristig für soziale oder ökologische Projekte zur Verfügung stellen möchten. Diese Menschen stellen sich Fragen fernab der bloßen Vermögensbildung. Was geschieht mit meinem Haus, wenn ich einmal nicht mehr bin? Wie kann ich verhindern, dass meine Immobilie zum Spekulationsobjekt wird? Wer sorgt dafür, dass meine Mieterinnen und Mieter ihr Zuhause behalten? Finde ich einen Erben, der meine sozialen und ökologischen Ansprüche teilt? Hier gibt es verschiedene Lösungen, wie die Stiftung trias helfen kann. „Die Menschen kommen mit ganz individuellen Wünschen und Ideen auf uns zu“, sagt David Matthée. „Viele möchten der Gesellschaft etwas zurückgeben, weil es ihnen in ihrem Leben immer gut ergangen ist, oder suchen eine Partnerin, die ihre Ideale und Werte teilt und über ihr Leben hinaus weiterführt.“
Die Bodenrente als Kreislaufmodell
Die Stiftung kann als Erbin oder Vermächtnisnehmerin eingesetzt werden. Besitzer*innen haben die Möglichkeit, ein Wohnrecht oder einen Vorbehaltsnießbrauch zu vereinbaren. Es ist ihre Garantie, bis zum Lebensende in ihrer Immobilie verbleiben bzw. sie auch weiterhin vermieten zu können.
Ein gutes Beispiel hierfür ist ein Stifter aus Köln. Im Stadtteil Ehrenfeld hat sich der Wohnungsmarkt in den vergangenen Jahren verschärft, ganze Häuser wurden zu Ferienwohnungen – und die Mieter*innen verdrängt. Dies sollte seinem schönen Altbauhaus nicht passieren, fand der Stifter, ein pensionierter Rechtsanwalt. Er wollte auch die Hausbewohnerschaft, teilweise seit Geburt dort lebend, vor einem erzwungenen Auszug bewahren. Er übertrug sein Haus der Stiftung und erhielt ein Nießbrauchsrecht für die kommenden 20 Jahre sowie im Anschluss ein Wohnrecht auf Lebenszeit für seine eigene Wohnung. Für die Mieter*innen ist diese Wendung eine Erleichterung, denn sie müssen keinen spekulativen Verkauf ihres Zuhauses und keine Mieterhöhung in schwindelerregende Höhen fürchten.
Aus scheinbar verlorenen Orten entstehen neue Lebensräume
Wohnprojekte an der Abbruchkante
Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Umnutzung von Leerständen, die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und die Entwicklung nachhaltiger Wohnkonzepte im ländlichen Raum. Ein bemerkenswertes Projekt ist durch das Engagement der Stiftung trias und der Stiftung medico international in Zusammenarbeit mit den Aktiven vor Ort in der Tagebauregion Garzweiler entstanden. Hier unterstützt sie die Umnutzung verlassener Dörfer für neue Wohnprojekte. Dieses Vorhaben zeigt eindrucksvoll, wie aus scheinbar verlorenen Orten neue Lebensräume entstehen können.
Klimaschutz durch Bleiberecht – der Schwalbenhof
Derzeit realisiert die Stiftung trias ein neues Erbbaurechtsprojekt in Berverath, einem kleinen Ortsteil im Osten von Erkelenz nahe dem Braunkohletagebau Garzweiler. Für die Anwohner*innen in dieser Region ist das Thema Boden eng mit ihrer Existenz verknüpft, da sie seit Jahrzehnten durch die Tagebauarbeiten bedroht sind. Berverath liegt nur wenige hundert Meter von der Abbruchkante entfernt und gehört zu den Dörfern, die das „Bleiberecht“ haben.
Im Mittelpunkt des Projekts steht der Umbau des „Schwalbenhofs“, eines ehemaligen Bauernhofs mit rund 1.800 Quadratmetern Fläche. Dieser Hof soll künftig als gemeinschaftliches Wohn- und Kulturprojekt genutzt werden. Der Schwalbenhof ist bereits seit Jahren ein bedeutender Treffpunkt für die Klimaschutzbewegung in der Region. 2022 drohte jedoch ein Verkauf an den Energiekonzern RWE, was die künftige Nutzung des Hofs in Frage stellte. Die Projektgruppe engagierte sich daher intensiv, um den Schwalbenhof als Ort der Begegnung und des Lebens für Mensch und Natur zu bewahren.
DDR-Ferienlager wachgeküsst
Auch auf der Insel Rügen ist die Stiftung trias aktiv. Dass die gesamte Insel bisher nicht Spekulationsopfer geworden ist, ist verwunderlich. Bekannt für stabiles Sonnenwetter und Sandstrände ein sicherlich heißumkämpftes Gebiet. Doch gibt es strenge Bauvorschriften und Flächennutzungspläne, die eine unkontrollierte Bebauung verhindern. Große Flächen, die zu Naturschutzgebieten erklärt worden sind, schützen die Insel vor dem Ausverkauf.
Naturnahes Leben im dünnbesiedelten Süden der Ostseeinsel Rügen wünscht sich der Verein NaturRaumRügen, der ein ehemaliges Ferienlager der deutschen Reichsbahn wiederbeleben möchte. Wo zu DDR-Zeiten einst Familien die schönste Zeit des Jahres miteinander verbrachten, will der Verein künftig Naturerfahrungsräume und Kulturveranstaltungen für Menschen jeden Alters schaffen. Das Projekt sieht auch vor, generationenübergreifendes Zusammenleben zu fördern und direkten Kontakt mit der Natur zu ermöglichen. Wer finanzielle Zuwendungen als gemeinnützige Initiative und/ oder Wohnprojekt braucht, kann bei der Stiftung trias einen Förderantrag stellen.
Warum wir dabei sind?
Aus voller Überzeugung
Die Stiftung trias arbeitet eng mit der GLS Bank zusammen, um innovative Wohnprojekte zu finanzieren. Beide Organisationen teilen die Vision einer sozial-ökologischen Transformation und setzen sich dafür ein, dass Boden als Gemeingut betrachtet wird. Die Zusammenarbeit geht über die reine Finanzierung hinaus. Gemeinsam entwickeln wir neue Modelle für nachhaltiges Wohnen und setzen uns für politische Rahmenbedingungen ein, die gemeinwohlorientierte Projekte fördern. Diese Partnerschaft zeigt, wie Finanzwirtschaft und soziales Engagement Hand in Hand gehen können.
Über eine aktive Bildungsarbeit und Fördertätigkeit unterstützt die Stiftung trias bürgerschaftliches Engagement. Zum Beispiel durch:
– eigene Fachpublikationen rund um Erbbaurecht, Gemeinschaftsbildung, Finanzierung etc.
> www.stiftung-trias.de/publikationen
– eigene Veranstaltungen wie etwa Workshops zur Gründung einer Genossenschaft
> www.stiftung-trias.de/aktuelles
– das Wohnprojekteportal, auf dem Wohnwünsche kostenfrei inseriert und Wohnprojekte gefunden werden können – mit bundesweitem Veranstaltungskalender
> www.wohnprojekte-portal.de
Was kannst Du tun?
Jeder kann einen Beitrag zur Wohnwende leisten!
- Informiere Dich über gemeinschaftliche Wohnprojekte in Deiner Region und unterstütze diese.
- Engagiere Dich in Deiner Gemeinde für nachhaltige Wohnformen und setze Dich für die Nutzung des Erbbaurechts ein.
- Überlege, wie Du selbst einen Beitrag zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum leisten kannst. Vielleicht hast Du ungenutzten Wohnraum, den Du zur Verfügung stellen kannst?
- Unterstütze die Arbeit der Stiftung trias durch Spenden oder indem Du Dein Wissen und Deine Fähigkeiten einbringst.
- Sprich mit Freunden und Familie über alternative Wohnformen und inspiriere andere, über neue Wege des Zusammenlebens nachzudenken.
- Gemeinsam können wir eine Zukunft gestalten, in der Wohnen mehr ist als nur ein Dach über dem Kopf – nämlich ein Ort der Gemeinschaft, der Nachhaltigkeit, der Solidarität und sozialen Gerechtigkeit sowie schlussendlich gelebter Demokratie im Alltag.
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