Ob in öffentlichen Diskussionen, Geschäftsmodellen oder Parteiprogrammen – der Begriff der Nachhaltigkeit durchdringt mittlerweile sämtliche Branchen. Viele wollen eine nachhaltige Entwicklung fördern – doch was bedeutet das? Was verbirgt sich hinter diesem Terminus, der so oft verwendet und doch so selten definiert wird? Wir wollen uns im Rahmen unseres GLS Lexikons noch einmal bewusst machen, was Nachhaltigkeit bedeutet und welche Ziele damit verbunden sind.
Ursprung des Nachhaltigkeitsgedankens
Der Begriff der Nachhaltigkeit stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft. Im 18. Jahrhundert formulierte Hans Carl von Carlowitz, Oberberghauptmann am kursächsischen Hof in Freiberg, erstmals die Idee, dass nur so viel Holz aus den Wäldern geschlagen werden dürfe, wie im Gegenzug nachwachsen könne. Dadurch sollte die langfristige Verfügbarkeit von Holz gesichert werden.
Der Grundgedanke der Nachhaltigkeit war damit geboren. Es geht darum, sich in der Verwendung der Ressourcen auf ein Maß beschränken, das einen langfristigen Bestand von Rohstoffen und Mitteln durch natürliche Regenerationsprozesse sichert.
Vom wissenschaftlichen Diskurs zur politischen Debatte
Auf der Basis dieses Grundprinzips wurde der Gedanke der Nachhaltigkeit lange Zeit nur in der Wissenschaft diskutiert.
Als Meilenstein gilt die Studie „Limits to Growth“ (1972), die von Experten des MIT (Massachusetts Institute of Technology) für den Club of Rome erarbeitet wurde. Nach ihren Berechnungen würden auf Grundlage damaliger Entwicklungen in Bezug auf Bevölkerungswachstum, Ressourcenverbrauch und Umweltverschmutzung die Grenzen des globalen Wachstums innerhalb von 100 Jahren erreicht. Ein ökologischer wie ökonomischer Kollaps sei die Folge. Um diese Entwicklung aufzuhalten, sprachen sich die Wissenschaftler für einen weltweiten Gleichgewichtszustand aus, der soziale, ökologische und ökonomische Aspekte auf globaler Ebene berücksichtigt.
Der Brundtland Report „Our Common Future“ der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung entwarf 1987 ein Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung, das die globale Dimension, Zukunftsverantwortung und Verteilungsgerechtigkeit in den Vordergrund stellt. Entwicklungs- und Umweltpolitik stehen dabei in einem engen Zusammenhang. Obwohl das Nachhaltigkeitsverständnis des Brundtland Reports relativ allgemein formuliert ist, konnten daraus konkrete Politikstrategien abgeleitet werden.
Auch im Bereich der Ethik wurden neue Ansätze entwickelt. Der Philosoph Hans Jonas stellte beispielsweise einen „neuen kategorischen Imperativ“ auf, der den Bedingungen und Forderungen einer nachhaltigen Entwicklung Rechnung tragen soll. Generationengerechtigkeit und Zukunftsverantwortung stellen dabei die zentralen Handlungsmaxime dar.
Nach und nach erhielt das Thema Einzug in gesellschaftliche Debatten. Mittlerweile findet sich der Begriff Nachhaltigkeit auch immer öfter auf der politischen Agenda von Parteien, Regierungen und Institutionen.
Von großer Bedeutung für die politische Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele war die UN Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992. Es wurden entwicklungs- und umweltpolitische Grundprinzipien formuliert, die in den Bereichen Armutsbekämpfung, Bevölkerungsentwicklung und Ökologie Basis politischer Maßnahmen sein sollen. Die sogenannte Agenda 21 beinhaltet konkrete Strategien und politische Handlungsaufträge. Betont wurde dabei die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit und der bisherigen Entwicklungsländer. Allerdings sind viele Konventionen völkerrechtlich nicht bindend und enthalten keine überprüfbaren Verpflichtungen.
Dimensionen von Nachhaltigkeit
Im Zuge dieser Debatten hat sich ein allgemeines Verständnis von Nachhaltigkeit herausgebildet, dass den Begriff über die Trias aus sozialen, ökologischen und ökonomischen Aspekten definiert:
Die erste Dimension von Nachhaltigkeit bezieht sich auf das Wohl und die Bedürfnisse der Menschen. Ziel ist eine gesellschaftliche Entwicklung, die von Partizipation und sozialer Gerechtigkeit geprägt ist. Diese Elemente werden eingebettet in umweltbewusstes Handeln und dynamische wirtschaftliche Strukturen. Denn ohne die ökologische Komponente ist Nachhaltigkeit nicht denkbar. Ein schonender Umgang mit Ressourcen, Klimaschutz und Umweltbewusstsein sind Grundlage dafür, dass auch die künftigen Generationen gemäß ihren Bedürfnissen leben und wirtschaften können.
Nachhaltigkeit bedeutet aber auch ökonomische Strukturen zu schaffen, die innovatives, effizientes Wirtschaften ermöglichen. Nur ein funktionsfähiges Wirtschaftssystem kann langfristig die Grundlage für Wohlstand und Entwicklung bieten und soziale wie ökologische Faktoren integrieren.
Es wird vielfach diskutiert, wie diese drei Dimensionen zu gewichten sind. Das Konzept dieser sogenannten Triple Bottom Line definiert Nachhaltigkeit neutral über die drei Ps „People, Planet, Profit“ und dient häufig als Referenzpunkt. Auch das Nachhaltigkeitsverständnis der GLS Bank basiert auf der Triple Bottom Line – allerdings mit einer klaren Gewichtung.
Einige Wissenschaftler folgen dagegen dem „Ein-Säulen-Konzept“ und räumen der ökologischen Dimension Vorrang ein. Sie argumentieren, intakte ökologische Rahmenbedingungen seien die Grundlage für jegliche Form menschlichen Handelns.
Des Weiteren besteht in Wissenschaft, Gesellschaft und Politik kein Konsens darüber, wie die Ziele und Indikatoren von Nachhaltigkeit konkretisiert und operationalisiert werden können. Manche Kritiker sehen darüber hinaus die globale Dimension in den Konzepten vernachlässigt oder fragen nach der politischen Umsetzbarkeit der Nachhaltigkeitsziele.
Handlungsverpflichtung
Unabhängig von einzelnen Definitionsschwierigkeiten muss eine nachhaltige Entwicklung eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren einschließen. Sämtliche Bereiche von Mobilität über Konsum bis hin zum Umgang mit der Natur, Demokratieförderung und Armutsbekämpfung werden im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit diskutiert. Diese Ziele umzusetzen ist die Aufgabe von Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und nicht zuletzt jedem Einzelnen von uns.
Hier erfahrt ihr mehr über Nachhaltigkeit im Bankgeschäft und „grüne Geldanlagen“ >>
Weitere interessante Links und Literatur zum Thema:
Ekardt, Felix (2005): Das Prinzip Nachhaltigkeit – Generationengerechtigkeit und globale Gerechtigkeit. München: C.H. Beck.
Grunwald, Armin/Kopfmüller, Jürgen (2006): Nachhaltigkeit. Frankfurt/Main: Campus Verlag.
Umfassendes Lexikon der Nachhaltigkeit >>
Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland >>
Informationen des Bundesumweltministeriums zum Thema nachhaltige Entwicklung >>
Heidrun Weinelt
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