Sozial-ökologische Banken finanzieren keine Waffen. Das war schon immer so, und niemand hat das groß hinterfragt. Bis zum Angriff auf die Ukraine: Seither sind auch Menschen für Aufrüstung, die bislang für „Frieden schaffen ohne Waffen“ waren. Und wer Waffen als notwendig ansieht, darf nicht gegen die Finanzierung von Waffen sein, oder? Eine Kolumne von Falk Zientz
Überwachungsstaat gut fürs Klima?
Es gibt immer mehr globale Krisen, die zur Auflösung von politischen Positionen führen: Die Klimakrise etwa erfordert von uns einschneidende Maßnahmen. Wie können diese aber durchgesetzt werden, wenn sie Verzicht erfordern? Da stehen schnell unsere bürgerlichen Freiheiten infrage: Wäre nicht etwa ein digitales Punktesystem wie in China praktisch, das klimaschonende Bürger*innen belohnt und Klimasünder*innen abstraft? Eine Studie des Forschungsministeriums zum sogenannten Social Scoring kommt zu dem Ergebnis, dass die Akzeptanz eines solchen Systems in der Bevölkerung durch die Klimakrise wächst. Also ein Überwachungsstaat für das Klima?
Nochmal nach dem Sinn fragen?
Die Reihe ließe sich weiter fortsetzen: Vom Ökolandbau, der mit Blick auf die aktuelle Nahrungsmittelknappheit kritisiert wird, bis hin zur Atomkraft, die seit Anfang des Jahres auf EU-Ebene als nachhaltiges Investment gilt. Fracking-Gas wäre keineswegs besser, oder? In dieser Art werden viele unserer Positionen derzeit aus gut gemeinten Gründen hinterfragt.
Neue Perspektiven entdecken
Die globalen Krisen machen aber gleichzeitig neue Perspektiven auf. Egal an welcher Stelle wir anfangen – etwa bei der Düngemittelproduktion in Russland – , sofort bekommen wir Wirkungsketten in den Blick, die Verbindungen herstellen etwa von der Energiewende zur Agrarwende oder von militärischen Konflikten zu unseren Konsumgewohnheiten. Das Fleisch auf unserem Grill, für welches das Futter zum Beispiel in der Amazonasregion angebaut wurde, hängt mit dem russischen Gas zusammen, das Grundlage für einen Großteil der globalen Düngemittelproduktion ist.
Ganzheitlich handeln
Auf solche Zusammenhänge werden wir derzeit besonders drastisch gestoßen. Denn die Krisen haben gemeinsame Ursachen und verstärken sich gegenseitig. Aus dieser globalen Perspektive muss unser Handeln ganzheitlich sein. Darum werden derzeit verstärkt Realutopien formuliert, also Zukunftsentwürfe jenseits von unseren aktuellen Systemen, mit Blick auf die planetaren Grenzen, auf die Menschen mit ihren konkreten Bedarfen und auf das große Potenzial der Zivilgesellschaft.
Sinnsuche gerade in Friedenszeiten
Denn auch die positiven Entwicklungen können sich gegenseitig verstärken. Hier sind wir als GLS Bank mehr gefragt denn je. So stellt sich ganz aktuell die Frage: Ist die Suche nach dem Sinn ein Luxus, den man sich nur in Friedenszeiten leisten kann? Victor Frankl hat das anders beschrieben, auch aufgrund seiner Erfahrungen im Holocaust. Er sprach vom Sinn als einer „Trotzmacht des Geistes“ gerade in Extremsituationen. Gibt es Momente, in denen wir dies real erleben, mit Herz-Verbindungen zu unseren zukünftigen Möglichkeiten? Auch wenn unsere politischen Positionen unterschiedlich sind: Treffen können wir uns in der Suche nach dem Sinn, jenseits von Richtig und Falsch.
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