Die meisten Kund*innen sehen sie nicht, dennoch sind sie Ohr, Stimme und Hand der GLS Bank: die 129 Mitarbeiter*innen in der Abteilung „Service und Beratung“. Während andere Banken Call-Center beauftragen, können sich GLS-Kund*innen darauf verlassen, dass ihre Anrufe und E-Mails bei Fachkräften mit GLS Herz und Geist landen.
Von Jörg Weber, Ecoreporter
Dienstagmorgen, 8 Uhr 20: Theresa Schwarz öffnet die Tür zu ihrer Abteilung „Service und Beratung“ in der GLS Bank in Bochum. Der Wollteppichboden im Raum dämpft die Stimmen der 28 Kolleg*innen, auch Pflanzen, Stoffe und Raumtrenner schlucken Schall. Faktisch ein Großraumbüro, gefühlt eine Zone für gute Konzentration.
Nun die Rituale: Schwarz wählt einen Arbeitsplatz aus, denn hier gibt es keine feste Sitzordnung. Dann kabellose Kopfhörer mit Mikro aufsetzen, die Hände sind frei beim Telefonieren. Ein kurzer Gang zur Küche, Kaffee kochen, ein Blick auf die digitale Anzeige an der Wand: „Null“ steht dort – noch ist kein Anrufer in der Warteschleife. „Um halb neun öffnen wir morgens die Leitungen für die Kunden*innen“, sagt Schwarz. Etwas später die erste Anruferin. „Die GLS Bank, Sie sprechen mit Theresa Schwarz“ – vorgeschriebene Begrüßungsfloskeln gibt es hier nicht. „Wir sind kein Callcenter, wir wollen nicht hölzern herüberkommen“, betont Christoph Molsich, ein Senior-Kundenbetreuer. Der frühere Waldorfschüler arbeitet, nach Zivildienst und Ausbildung zum Kaufmann für Versicherung und Finanzen, seit einigen Jahren bei der GLS Bank. „Die Kunden treffen bei uns nur auf angestellte Menschen, die das Bankgeschäft kennen, die entscheiden können, die Verantwortung tragen“, erklärt Molsich. Schwarz beispielsweise ist Bankkauffrau. Sie versteht ihr Fach. Sie kann die Kunden*innen zum Ziel führen, entscheidet vieles selbst ohne Rücksprache.
Schwarz erste Anruferin möchte ihren Dispokredit erhöhen und braucht Hilfe. Schwarz entscheidet schnell. „Im Grunde hat mich das zur GLS Bank gebracht“, sagt sie: „Das Gefühl, bei der Arbeit am richtigen Platz zu sein, direkt für die Kunden hilfreich zu sein – das macht Spaß!“ Tierärztin wollte sie zuerst werden, nach der Schule hat sie verschiedenes anderes ausprobiert, arbeitet heute noch ehrenamtlich in verschiedenen Initiativen beispielsweise für die Aktion Canchanabury, die Armen zu mehr Gesundheit verhelfen will. Die Organisation hat ihr Konto bei der GLS – „so schließt sich der Kreis des Helfens“, sagt Schwarz.
Neue Bankkarten beantragen, Vollmachten ändern und vieles anderes: Der GLS Kundenservice hat ein breites Spektrum an Aufgaben. „2.000 Menschen rufen uns jeden Werktag an, zudem gehen 2.000 E-Mails pro Woche ein“, zählt Molsich auf. Und in jedem Kontakt sollen Kunden den besonderen Spirit der GLS Bank spüren. Neue Mitarbeiter*innen lernen daher zu Anfang in einer zweiwöchigen Lernwerkstatt alles über die GLS Bank. Erst danach geht es um fachliche Aufgaben.
„Durchschnittlich haben unsere Kunden 2018 bei Anrufen jeweils 81 Sekunden in der Warteschleife verbracht“, sagt Molsich. Nicht für jeden ist das schnell genug. Beschwert sich jemand über zu lange Wartezeiten, entschuldigt Schwarz sich. „Ich bin gerne harmonisch, aber mich hat auch schon einmal ein Kunde angeschrien. Dann versuche ich, das Gespräch ordentlich zu beenden. So etwas nimmt mich mit“, sagt Schwarz. Also ein Stressjob? Der Druck sei definitiv da, sagt sie. 70 bis 80 Telefonate pro Tag führen die Mitarbeiter*innen im Kundenservice. „In der Woche sollen es nicht mehr als 400 werden“, sagt Michael Orth, der Leiter des telefonischen Kundenservice.
Individueller Service ist das eine Ziel. Effizienz ist das andere. „Wir müssen heute überlegen, wie wir den Kunden morgen schnell helfen“, erklärt Orth. Planung gehört dazu. Und Flexibilität. Wenn beispielsweise zu viele Kunden in der Warteschleife hängen, holt Molsich zusätzlich das Team an die Hörer, das für die E-Mail-Beantwortung eingeteilt ist. Reicht das nicht, kommen die hinzu, die gerade in der Sachbearbeitung sind, also z.B. die Unterlagen zur Kontoeröffnung durchgehen. Nicht genug? Dann bittet Molsich weitere Teams, Senior-Berater und auch Kräfte aus anderen Abteilungen um Unterstützung – bis es reicht.
„Die Anzeigentafel zeigt zwar, wie viele Kunden in der Warteschleife sind“, erläutert Schwarz. Sie wolle sich davon aber nicht drängen lassen. „Es zählt der Kunde, mit dem ich gerade spreche, er verdient es, dass ich mir die Zeit nehme, die wir brauchen“, betont sie. Durchschnittlich sieben Minuten dauert ein Telefonat. „Das zu wissen ist nur wichtig für die Planung der Kapazität“, sagt Orth. Und betont: „Wir haben keine Vorgabe für eine Maximalzeit.“
Manchmal sei einfach eine halbe Stunde nötig. Andere Banken belohnen Mitarbeiter*innen in Callcentern für möglichst viele Gespräche in kurzer Zeit. Orth lehnt das strikt ab: „Menschen Geld zu bezahlen, damit sie das Gespräch mit den Kunden rasch beenden, das ist nicht unser Weg.“
Und wie geht die GLS Bank mit der immer weiter wachsenden Fülle der Kundenwünsche um? Die übliche Reaktion wäre: gleichförmige Prozesse schaffen, Musterantworten definieren, Freiheiten beschneiden. „Wir wählen den anderen Weg“, erläutert Orth. Die Mitarbeiter*innen planen selbst ihre Arbeit – „Selbstverantwortung durch Selbststeuerung“ nennt er das. Nicht alles von oben regeln, sondern Freiräume lassen. Und die Technik nutzen, die Digitalisierung, um die Formalitäten schneller handzuhaben – damit mehr Zeit für die Inhalte bleibt. Eine typische Lösung der GLS Bank.
Dienstag abend, 19 Uhr, Ende der sogenannten Spätschicht: Theresa Schwarz Stimme ist etwas angekratzt. „Jetzt genieße ich es erst einmal, eine Weile nichts zu sagen“, erklärt sie. Ihr Freundeskreis kenne das.
„Stille statt Fülle – das beste Rezept zum Auftanken“, sagt sie.
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[green_box] Ein Artikel aus dem GLS Kundenmagazin Bankspiegel. Diesen und viele andere spannenden Artikel finden Sie im Blog. Alle Ausgaben des GLS Bankspiegel als PDF finden Sie unter: https://www.gls.de/bankspiegel/. [/green_box]
Hören Sie auch Michael Orth und Rouven Kasten zum Thema Kundenservice in der GLS Bank in unserem Podcast, hier im Blog:
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