Verena Oberhaus

„Ich will eine andere Art von Bankerin sein!“

Verena Oberhaus war elf Jahre lang in einer konventionellen Bank beschäftigt. Um das Jahr 2000, während der Dotcom-Blase, kamen ihr erste Zweifel. Mit ihrer Mutterschaft festigten sich ihre Werte immer mehr. Schließlich stand für sie fest: Ich will eine andere Art von Bankerin sein! Ein Gespräch mit Verena Oberhaus über den Wechsel zu einer nachhaltigen Bank, inspirierende Kontakte zu Kund*innen und wie schwer es sein kann, Care-Arbeit und Beruf zusammenzubringen.

Hallo Verena, Du bist mittlerweile seit vier Jahren bei der GLS Bank. Wie kamst Du zu der Bank?

Anfang der 2000er Jahre entließen die Großbanken viele Menschen. Damals gab es den Neuen Markt, der letztlich als Dotcom-Blase platzte. Dort wurden viele Aktien an die Börse gebracht. Es war wie im Spielcasino: Die Leute haben viel Geld gewonnen, aber eben auch sehr viel verloren.

In meiner Bank herrschte Verkaufsdruck. Der Druck hat mich nicht gestört, aber etwas zu verkaufen, hinter dem ich nicht stand – das kam für mich nicht in Frage. Ich konnte die Werte oder, besser gesagt, die fehlenden Werte der Großbank nicht mehr teilen. Mein Glück war, dass ich 2002 schwanger wurde. Ich bin ausgestiegen und konnte so meine Haltung bewahren.

Durch die Kinder und mit der Zeit haben sich meine Wertevorstellungen verändert. Ich habe es immer geliebt, in einer Bank zu arbeiten. Aber es sollte eine andere Art von Bank sein. Deshalb wollte ich zur GLS Bank. Das war mein Ziel und das habe ich erreicht: Seit 2021 arbeite ich im telefonischen Kundenservice, wo ich für komplexere Kundenanliegen zuständig bin.

Wie hast Du den Wechsel zur GLS Bank erlebt? Gab es Hürden?

Nein, es war ganz wunderbar. In der Lernwerkstatt, dem Kennenlernprogramm für Neulinge, wurde uns die GLS Bank – das Fachliche und die Werte – nahegebracht. Das wirklich Neue waren die Bankprogramme, die ich noch nicht kannte. Mein Fachwissen konnte ich schnell wieder abrufen.

Wie ist das Arbeiten bei der GLS Bank für Dich?

Ich liebe es, mit unseren Kund*innen zu sprechen. Sie inspirieren mich immer wieder und lassen mich demütig sein. Oft spüre ich, wie stolz unsere Kund*innen sind, dass wir unsere Kredite veröffentlichen – das ist einfach etwas Besonderes und schafft ein Wir-Gefühl. Ich hatte schon einige Gespräche, da sagte jemand: „Ich brauche keine Zinsen, ich verschenke sie.“ Das beeindruckt mich. Selbst wenn einzelne Gespräche kritisch oder schwierig sind, mag ich den Austausch.

Ein wesentlicher Unterschied zu meinem vorherigen Job ist, dass ich immer das Gefühl habe: Ich kann hier mitgestalten und werde ernstgenommen. Ich kann wirklich etwas bewegen und sehe, dass Geld für sinnstiftende Projekte eingesetzt wird.

Lernwerkstatt

Wer in der GLS Bank beginnt, startet erstmal in der Lernwerkstatt. Innerhalb einer Woche lernen die Neuen hier die Kultur der GLS Bank rundum kennen – ihre Organisation, Geschichte, Werte und Menschen.

Verena Oberhaus in Tansania: Sie liebt das Land und engagiert sich dort in eigenen Projekten.

Hast Du ein Kundenerlebnis, dass Dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

Erst kürzlich habe ich mit einer Kundin telefoniert, die jetzt nach Südafrika geht und dort eine private Uni aufbaut. Ich selbst bin großer Fan von Tansania. Dank des Zeitwertkontos (Anm.d.R.: ein Sabbatical-Modell der GLS Bank) konnte ich schon zweimal dort eigene soziale Projekte realisieren. Wir unterhielten uns und ich empfahl der Kundin, unbedingt nach Tansania zu reisen. Da fragte sie mich, ob wir in Kontakt bleiben könnten und ich stimmte zu. Diese menschliche Verbindung hat mich sehr berührt.

Du bist Mutter von zwei Söhnen. Wie erlebst Du die Vereinbarkeit von Care-Arbeit und Deinem Job?

Als ich meinen ersten Sohn bekam, war ich im Führungsprogramm bei meiner alten Bank. Teilzeitoptionen wurden mir verwehrt, also nahm ich Elternzeit und kündigte schließlich. Weil es keine Betreuungsmöglichkeiten in meiner Umgebung gab, bin ich in der Zeit, in der die Kinder klein waren, zuhause geblieben. Ich habe zwar Nebenjobs gemacht, aber ich war oft Verliererin wegen der fehlenden Kinderbetreuung. Das war belastend.

Mittlerweise sind meine Kinder groß und ich plane nur noch um unseren Hund herum. Bei der GLS Bank erlebe ich die Arbeit als sehr flexibel. Das bestätigen meine Kolleg*innen. Manche nutzen das Zeitwertkonto, um mehr Zeit für ihre Kinder zu haben. Innerhalb des Teams achtet die Abteilung bei der Urlaubsplanung darauf, die Ferienzeiten für Kolleg*innen mit jüngeren Kindern und Schulkindern freizuhalten. Wir nehmen aufeinander Rücksicht, das finde ich sehr fair.

Zum Schluss ein Blick nach vorne. Was wünscht Du Dir für Deine Zukunft?

Ich wünsche mir, weiterhin meine Arbeit in der Bank mit meinen Projekten in Tansania vereinbaren zu können. Ich möchte weiter ständig dazulernen und noch tiefer in soziale und nachhaltige Themen eindringen. Ich möchte, dass die Bank dafür meine Inspirationsquelle bleibt.

Vielen Dank für das Gespräch, Verena!

Weitere spannende Interviews

Boris Voelkel lächelt in die Kamera

Bio-Safthersteller Voelkel

Warum Obsthöfe eine neue Wirtschaftsweise brauchen und wie die Voelkel GmbH diese erprobt, beantwortet Boris Voelkel im Interview.

Michael Ahlers im Gespräch

Michael Ahlers im Gespräch

Seit Jahresbeginn ist Michael Ahlers neu im Vorstand der GLS Bank. Doch wer ist Michael Ahlers, wenn er nicht gerade in den Zahlen versinkt und diese analysiert? Ein Kurzinterview.

Diesen Artikel teilen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Weitere aktuelle Themen