Mehr und mehr Anleger suchen nach der Finanzkrise nach Möglichkeiten, wie sie ihr Geld sinnvoll anlegen können. Eine Möglichkeit sind grüne Investmentfonds. Das Problem: Es gibt sehr viele, und oft bleibt es undurchsichtig, ob nicht vielleicht doch wenig nachhaltige Unternehmen im Depot sind. Brauchen wir ein Ökosiegel für nachhaltige Fonds?
Auf den ersten Blick schießt uns bei der Frage nur eine mögliche Antwort durch den Kopf: „Warum nicht?!“ Heutzutage gibt es doch für alles Erdenkliche ein Siegel, warum also nicht auch eines für nachhaltige Geldanlagen? Mittlerweile fällt es schon so manch einem Bankenspezialisten schwer, die vielen verschiedenen Anlagemöglichkeiten zu unterscheiden. Ein zunehmendes „Greenwashing“ erschwert es im Fondsdschungel den Überblick zu behalten. Schließlich gilt:„Green sells“. Fonds werden „grün“ klingende Namen gegeben. Ein Versprechen, welches sie bei näherem Hinsehen nicht einhalten können.
Welches Angebot hält, was es verspricht? Meint es ein Finanzinstitut ernst oder möchte es nur auf den Nachhaltigkeitszug mit aufspringen, um sein Klientel zu halten? Wie nachhaltig kann ein Auto- oder Luftfahrtunternehmen sein? Ist Ökostrom gleich Ökostrom? Fakt ist: es ist nicht überall grün drin, wo grün draufsteht. Welche Möglichkeiten gibt es, dem auf den Grund zu gehen?
Experten unterscheiden zwischen hellgrünen und dunkelgrünen Anlagen. Ein Unternehmen, das vordergründig auf Nachhaltigkeit bedacht ist, dies aber nicht konsequent genug umsetzt, wird als hellgrün bezeichnet. Wenn ein Unternehmen aber darauf achtet, dass auch über die eigenen Grenzen hinaus nur mit nachhaltigen Unternehmen, Lieferanten und Dienstleistern zusammengearbeitet wird, die eigenen Mitarbeiter fair behandelt werden, wenn es z.B. Ökostrom bezieht und eine Biokantine hat, dann verdient es sich das Attribut dunkelgrün.
Wer alles bloß des Geldes wegen tut, wird bald des Geldes wegen alles tun. (Italienisches Sprichwort)
Selbiges gilt auch für Fonds. Ein dunkelgrünes Fondsmanagement wählt aus einem zuvor festgelegten Anlageuniversum aus, das auf Basis von sozialen, ökologischen Kriterien sowie ökonomischen Kennziffern definiert wird. Investmentgesellschaften unterhalten dazu entweder eine eigenes Research oder kaufen Fremdresearch von auf Nachhaltigkeitsanalysen spezialisierten Ratingagenturen ein.
Grundlage für die Zusammensetzung der Universen kann z.B. ein Screening nach Positiv- und Negativkriterien sein. Unternehmen, welche gegen eines der Ausschlusskriterien verstoßen, erhalten nach dieser Strategie keinen Eingang in nachhaltige Fonds. Doch hier gilt für den interessierten Anleger genaues Hinschauen: Sind die Kriterien veröffentlicht und nachvollziehbar und wie strikt werden sie berücksichtigt? Reicht schon der Ausschluss von Waffen und Tabak, um einen Fonds als nachhaltig zu bezeichnen? Was ist mit Kriterien, wie Kinderarbeit, Kernkraft, Verstöße gegen Menschenrechte, Tierversuche?
Andere Anbieter gehen bei ihren Fonds nach dem „Best in Class“-Prinzip vor. Das heißt, innerhalb einer Branche wird eben dasjenige Unternehmen herausgefiltert, das im Vergleich zum Rest der Branche am nachhaltigsten wirtschaftet. Dieser Ansatz muss prinzipiell nichts Schlechtes sein, denn gerade sehr große Unternehmen, können durch die Einführung öko-sozialer Standards große Veränderung bewirken und üben zudem noch eine Vorbildfunktion für andere Unternehmen aus.
„Gut ist nicht, kein Unrecht zu tun, sondern es erst gar nicht zu wollen.“ (Demokrit)
Andererseits konnte es dadurch vor einem halben Jahr auch sein, dass „grüne“ Angebote Aktien des Öl-Riesen BP im Portfolio hatten. Eben weil der Konzern, im Vergleich zu anderen seiner Branche, als umweltfreundlicher galt.
Das Beispiel zeigt, dass ein Öko-Siegel Anlegern die Beurteilung von Investitionsangeboten durchaus erleichtern könnte, denn nicht jeder hat Zeit und Muße, sich mit den zahlreichen Angeboten im Detail auseinander zu setzen. Das Problem ist jedoch: Weder die Begriffe „Umwelt“, „ökologisch“, „grün“, noch die Wörter „nachhaltig“ und „sustainable“ sind im Zusammenhang mit Investmentfonds gesetzlich geschützt. Und auch die sich hinter diesen Begriffen verbergenden Kriterien differieren von Anbieter zu Anbieter ebenso wie auf Seiten der Anleger das Verständnis individuell ausfällt.
Damit keine Missverständnisse entstehen: Es gibt auf internationaler Ebene durchaus Initiativen und Organisationen, wie z.B. die Global Reporting Initiative (GRI), die United Nations Environment Programme Finance Initiative (UNEP FI) oder das European Sustainable Investment Forum (EuroSIF), die sich für Standardisierung und Vergleichbarkeit einsetzen. Doch dafür benötigt es Transparenz und Kooperationsbereitschaft von Seiten der Unternehmen. Wer sich nicht in die Karten schauen lässt, kann schwer bewertet werden. Und erst durch einen breiten und möglichst lückenlosen Vergleich steigt die Aussagekraft und Bekanntheit eines möglichen Siegels. Zudem müsste ein Siegel international anerkannt sein. Und wenn einzelne Investmentgesellschaften damit beginnen, wie schon bei einigen Handelskonzernen geschehen, ihre eigenen Nachhaltigkeitslabel zu kreieren, wird es nicht übersichtlicher.
Wäre ein einheitliches Zertifizierungsverfahren also begrüßenswert? Ließe sich ein international standardisiertes Siegel durchsetzen? Also doch ein Buch mit sieben Siegeln?
Julius Albrecht (Auszubildender), Eva Schneeweiss
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