Erster offizieller Bürgerrat macht mir Mut!

Kostenloses Kinderessen, mehr Transparenz bei Tier- und Umweltschutz und eine nachhaltigere Steuerpolitik: Darum macht mir der „Bürgerrat Ernährung im Wandel“ richtig Mut.

Stell‘ dir vor, du bekommst Post von der Bundestagspräsidentin und Bärbel Bas bittet dich um deine Mithilfe.

Exakt 19.327 Personen aus ganz Deutschland ging das so. Im letzten Jahr wurden sie zufällig aus dem Melderegister ausgelost und als potenzielle Mitglieder des „Bürgerrats Ernährung im Wandel“ angeschrieben.

Hättest du Lust gehabt, in einem Bürgerrat mitzuarbeiten?

Zufällig, aber doch repräsentativ:

So wurde Deutschlands erster Bürgerrat gebildet

Die Resonanz der 19.327 gelosten Bürger*innen fiel jedenfalls so aus: 2.220 gaben eine positive Rückmeldung, wollten mitarbeiten. Und aus dieser Gruppe wurden dann die 160 tatsächlichen Bürgerrät*innen bestimmt.

Das dann aber nicht mehr nur nach dem Zufallsprinzip, sondern nach repräsentativen Kriterien: Alter, Geschlecht, Bildungshintergrund, die Größe der Stadt oder Gemeinde, aus der sie kommen, und der Anteil der Vegetarier*innen und Veganer*innen sollten möglichst repräsentativ für die gesamte Bevölkerung sein.

Besonders, dass der Bildungshintergrund berücksichtigt wurde, finde ich wichtig: Denn bei regulären Wahlen bestimmen sonst häufig Menschen mit einem höheren Bildungsabschluss überproportional viel mit. Das wurde beim Bürgerrat nun ausgeglichen.

Dann stand er – der erste offiziell vom Bundestag eingesetzte Bürgerrat in Deutschland. Und die Arbeit konnte beginnen. Zu insgesamt neun Arbeitssitzungen trafen sich die Bürgerrät*innen in den letzten Monaten. Und das ehrenamtlich. Sie erhielten lediglich eine Aufwandsentschädigung von 900 Euro, Reise- und Hotelkosten wurden zusätzlich erstattet.

Kostenloses Mittagessen, transparente Lebensmittel-Label und eine neue Steuerpolitik

Die Beratungen selbst waren dann natürlich kontrovers, immerhin saß ein Querschnitt der Gesellschaft mit am Tisch. Aber die Ergebnisse zeigen: Die Beratungen waren auch konstruktiv!

Die Vorschläge reichen von kostenfreiem Mittagessen in Kitas und Schulen und einer besseren Finanzierung von Kantinen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen über verpflichtende und transparente Tier- und Umweltschutzlabels und mehr entsprechende Kontrollen bis zu einem Wegwerfverbot von noch genießbaren Lebensmitteln für die Supermärkte.

Dazu wird ein Mindestalter für Energydrinks gefordert: An unter 16-Jährige würden die Bürgerrät*innen Red Bull und Co. zukünftig nicht mehr verkaufen.

Aber auch eine neue Steuerpolitik fordert der „Bürgerrat Ernährung im Wandel“: Die Definition von Grundnahrungsmitteln soll dafür überarbeitet werden.

Auch Produkte wie pflanzliche Milchersatzprodukte, Fleischersatzprodukte und alle nach Bio-Standards erzeugten Produkte sollen zukünftig darunter fallen. Tofu, Hafer- und Mandelmilch würden so deutlich günstiger. Zucker hingegen soll nicht mehr als Grundnahrungsmittel gelten und die darauf erhobene Mehrwertsteuer darum auf 19 Prozent angehoben werden. Auf Produkte wie unverarbeitetes und tiefgefrorenes Obst und Gemüse in Bio-Qualität, Hülsenfrüchte, Nüsse und Vollkorngetreide sowie Mineral- und Tafelwasser soll hingegen sogar keine Mehrwertsteuer mehr erhoben werden.

Das zeigt: Die Bürgerräte wissen, dass Geld wirkt und Gesellschaft gestalten kann!

Denn diese neue Steuerpolitik würde gesunde Ernährung endlich für mehr Menschen leistbar machen – und so gleichzeitig Klima schützen und gesunde Ernährung für mehr Menschen zugänglich machen. Und beides zusammenzubringen, ist richtig wichtig, finde ich.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Bundestags wird sich fraktionsübergreifend mit allen Vorschlägen beschäftigen. Konkret zugesagt ist zum Beispiel eine Bundestagsdebatte. Anschließend sollen die Themen in die zuständigen Fachausschüsse unseres Parlaments überwiesen werden. Ob die Abgeordneten da dann tatsächlich aus den Ideen Gesetze machen, steht aber noch nicht fest.

Ich hoffe aber doch!

Denn die Vorschläge stammen direkt aus der Mitte der Gesellschaft. Sie zeigen, dass wir Ökologie und Soziales zusammenbringen können.

Und das macht doch Mut!

Und? Wie sieht es aus: Würdest du auch gerne in einem Bürgerrat mitarbeiten? Und was hältst du von den Ergebnissen des Bürgerrats „Ernährung im Wandel“? Schreib es mir gerne in die Kommentare!

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7 Antworten zu „Erster offizieller Bürgerrat macht mir Mut!“

  1. Avatar von Andreas Müller
    Andreas Müller

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    Hallo Dietmar,
    Du vermengst hier jetzt unheimlich viele Dinge. Was hat ein zu besetzendes (nicht zu wählendes) Bürgerparlament mit dem Bundestagsvizepräsidentensitz zu tun? Bist Du GLS-Bankkunde?

    Dass Du Volksabstimmungen gut findest, hast Du ja schon schrieben. So wie in der Schweiz. Ich hatte gefragt, wie sich Deine Schweizer Freunde auf Abstimmungen vorbereiten. Und warum die Beteiligung in der Schweiz nur bei durchschnittlich 50 % liegt? Volksabstimmungen scheinen ja auch nicht so ganz die Lösung zu sein?

    Welche Lösungsvorschläge hättest Du den sonst noch?

  2. Avatar von Andreas Müller
    Andreas Müller

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    Hallo Dietmar,
    „man“ könnte (ich weiß, könnte wird dir nicht gefallen) zum Beispiel die Institution sein, die in deiner Gemeinde die Schöffen und Schiedsleute aussuchen. Das demokratische Ur-Parlament hat im alten Griechenland funktioniert. Das bekommen wir in Deutschland auch hin.
    Stell doch hier mal vor, wie sich deine Schweizer Freunde so auf diese Volksabstimmungen vorbereiten. Vor allem bei komplexen Fragestellungen. Interessant ist, dass die durchschnittliche Beteiligung in den letzten Jahren immer so bei durchschnittlich bei 50 % liegt. Das hat ja einen Grund.
    Ein Bürgerparlament ist eine gute Idee, und wir bekommen es hin, wenn wir es wollen, das durch alle Bevölkerungsschichten gleichmäßig zu besetzen.

  3. Avatar von Andreas
    Andreas

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    Hallo Dietmar,

    na ja, naiv…..? Die ersten Parlamente, also die Ur-Parlamente waren so zusammengesetzt. Volksabstimmungen halte ich für völlig ungeeignet, da viele Themen zu komplex sind. In der Schweiz machen die Parteien Meinung und mobilisieren ihre Anhänger. Ich weiß nicht….
    Wenn Bürger Schöffen werden können, also Laienrichter, kann man sie auch für eine Legislaturperiode zur Bürgerparlamentariern machen. Aber unabhängig von Parteien und nur für eine Legislaturperiode.

  4. Avatar von Andreas Müller
    Andreas Müller

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    Bürgerräte sind eine gute Idee. Sie kommen der Urform eines demokratischen Parlaments sehr nahe. Vor allem sind sie die Lobby der Bürger und ein Gegengewicht zum Lobbyismus der Wirtschaft und Reichen! Mehr davon

    1. Avatar von Mark
      Mark

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      Bürgerräte sind gut, aber ganz sicher kein „Gegengewicht zum Lobbyismus der Wirtschaft und Reichen“. Denn die Ergebnisse sind für die Politik ja völlig unverbindlich. Hinzu kommt, dass Lobbyisten und Reiche in unbegrenzter Höhe an Parteien und Politiker spenden dürfen. Sie können sich Entscheidungen also quasi „kaufen“. Und dass das auch funktioniert, hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt. Wer Veränderungen will, muss also Änderungen für Parteispenden durchsetzen. Und dann haben wir von Sponsoring und Nebentätigkeiten von Politikern noch gar nicht gesprochen.

  5. Avatar von Hans-Hermann Otto
    Hans-Hermann Otto

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    Ein Bürgerrat – das klingt sympathisch. Auf der anderen Seite riecht es irgendwie komisch, wenn die Volksvertreter, die ja per Definition beraten, was im Land geschehen soll, ihrerseits einen Rat fragen, um dessen Rat in praktische Politik zu verwandeln. Man könnte diese neue Institution dann als Eingeständnis werten, daß der Bundestag den Volkswillen nicht oder nur ungenügend abbildet.

    1. Avatar von Jan Bühlbecker
      Jan Bühlbecker

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      Das sehe ich anders. Denn der Bundestag arbeitet ja zu allen Themen und Fragen, die unser gesellschaftliches Leben betreffen. Ein Bürgerrat zu einem spezifischen Arbeitsauftrag und nur zeitlich begrenzt. Da kann er dann Perspektiven bündeln, Ideen entwickeln und das ohne auf mögliche Konflikte mit anderen Ressorts oder Zeitdruck ausgelöst von anderen wichtigen Debattenpunkten. Das kann in einem parlamentarischen System bereichernd sein – gerade dann, wenn eine Wende gestaltet werden muss.

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