Die Bewohner*innen der Genossenschaft raumteiler stehen auf einer dreistöckigen Außentreppe und winken.

Gemeinsam Wohnen, gemeinsam entscheiden

Schwerpunktthema |

von Hannah El-Hitami

Früher fühlte sich Eva Zitta fremd in ihrer Mietwohnung. Heute lebt sie mit 50 weiteren Personen in Gemeinschaft (Foto: raumteiler eG).

Ein bisschen Dorfgemeinschaft in der großen Stadt – vielleicht ist es das, was die Wohngenossenschaft Raumteiler eG in Essen ihren Mitgliedern ermöglicht. Mitbegründerin Eva Zitta erinnert sich jedenfalls noch genau daran, wie sie mit 17 Jahren das Haus ihrer Eltern in einem kleinen Dorf in Franken verließ und für ein freiwilliges soziales Jahrins Ruhrgebiet zog: „Ich fühlte mich plötzlich ganz fremd in meiner direkten Umgebung. Ich kannte nicht einmal die Menschen, die über und unter mir im Haus wohnten.“ Eva Zitta war überzeugt, dass Nachbar*innen, die so viel Zeit in physischer Nähe zueinander verbringen, auch eine persönliche Nähe zueinander aufbauen können.

Das ist wichtig, denn alle „Raumteiler*innen“ treffen wichtige Entscheidungen über ihre Wohnprojekt gemeinsam. Das fing schon beim Hausbau an, der von der GLS Bank finanziert wurde. Jedes Gestaltungsdetail wurde gemeinsam abgestimmt. Heute, im fertigen Haus, wird zum Beispiel über neue Anschaffungen oder Regeln des Zusammenlebens gemeinsam entschieden. „Das ist eine besondere Erfahrung, diese Redekultur in der Gruppe, bei der es darum geht, konstruktiv zu bleiben, selbst wenn es heiß her geht“, sagt Eva Zitta. Sie weiß aber auch, dass das anstrengend sein kann: „Oft treffen ganz viele Meinungen, Einschätzungen und Befindlichkeiten aufeinander. Und gleichzeitig haben wir uns dazu verpflichtet miteinander eine Lösung zu finden.“

Um zu guten Entscheidungen für alle Hausbewohner*innen zu kommen, braucht es Zeit und System (Foto: Raumteiler eG).

Miteinander, das heißt bei Raumteiler eG wirklich miteinander. Niemand hat mehr zu sagen als andere und keine*r soll überstimmt werden. Stattdessen gilt die Einladung, dass jede Stimme gehört wird, erklärt Eva Zitta. „Wir treffen gemeinsame Entscheidungen, mit denen alle ausreichend zufrieden sind.“ Was utopisch klingt, wird möglich durch Methoden wie das Systemische Konsensieren. Wenn es mehrere Optionen zur Auswahl gibt – zum Beispiel bei der Gestaltung der Hausfassade – dann werden die Beteiligten nicht nach ihrer Lieblingsvariante gefragt. Stattdessen teilen sie mit, gegen welche Varianten sie Widerstände haben und wie groß diese sind und worin sie begründet liegen. Vorschläge werden so abgewogen und gegebenenfalls angepasst. Am Ende gewinnt die Variante mit den geringsten Widerständen. „So bekommt die Mehrheit zwar nicht unbedingt ihre erste Wahl, aber alle bekommen etwas, womit sie gut leben können, und wogegen sie keine Bedenken haben.“

Gemeinschaftsgefühl entsteht auch bei Gartenarbeit oder ähnlichen Tätigkeiten an gemeinsamen Mitmach-Samstagen (Foto: Johannes Kassenberg).

Klar ist: Diese Art der Entscheidungsfindung bedeutet mehr Aufwand als eine einfache Mehrheitsabstimmung. „Wir müssen zusammenkommen, uns austauschen, teilweise Workshops machen“, sagt Eva Zitta. Doch gerade die Mühe und Zeit, die alle gemeinsam investieren, schweiße zusammen. „Es kommt nie vor, dass Konflikte zur kompletten Ablehnung der anderen Person führen. Zu stark ist die Verbundenheit innerhalb der Hausgemeinschaft, weil wir gemeinsam diesen Weg zurückgelegt haben.

(Header-Foto: Johannes Kassenberg)

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Kollage aus Sprechblasen in divesen Formen und den Farben gelb, pink und flieder vor dunkelblauem Hintergrund

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