Interviewsituation: Einer Frau wird ein Mikrofon vorgehalten.

Was bedeutet eigentlich dieses Bankgeheimnis?

Was macht eine Bank eigentlich, wenn Kund*innen zu ihr kommen, die sie nicht als Kund*innen haben möchte? Von einer haltungsstarken Bank wie der GLS Bank würde man da doch mindestens ein klares Statement und einen transparenten Umgang erwarten. Doch das ist gar nicht so einfach. Es geht ums Bankgeheimnis.

Jeden Tag werden in Deutschland mehr als 5.000 Konten eröffnet. Einige davon auch bei der GLS Bank. Einige davon auch von Leuten, die keine Bank gerne als Kunde hat, weil sie – freundlich gesagt – undemokratisch sind.

Vor einigen Jahren hat zum Beispiel die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung ihr Konto bei der GLS Bank eröffnet. Die Sache wurde öffentlich. Die Reaktion einiger Kund*innen ist mehr als verständlich. Sie forderten eine glasklare Distanzierung. Das sei ja wohl das Mindeste! Das kann ich ja wohl von „meiner“ GLS Bank erwarten!

Oder?

Christof Lützel war zu der Zeit Pressesprecher der GLS Bank. Und sollte darum erklären, wie dieser Fehler unterlaufen konnte. Schließlich positioniert sich die Bank politisch klar: „Für eine soziale und friedliche Koexistenz aller Menschen und Kulturen.“ Klarer positionieren durfte er sich nicht: „Vor dem Hintergrund des mit unseren Kunden vereinbarten Bankgeheimnisses kann ich zu einzelnen Kunden keine Auskunft geben.“

Das ist kein journalistisches Dementi, sondern das Bankgeheimnis.

Und das Bankgeheimnis ist etwas sehr Positives. Kein Kunde würde wollen, dass seine Bank leichtfertig mit Kontodaten umgeht. Das heißt aber auch: Eine Bank darf nicht einmal darüber sprechen, wer ein Konto bei ihr hat – oder wer nicht.

Zur AfD-nahen Erasmus-Stiftung durfte Lützel damals immerhin noch diesen Satz nachschieben: „Die Stiftung hat nun von sich aus die von uns ausgesprochene Kündigung bekannt gegeben. Ich sehe keine Veranlassung, das zu dementieren.“

Die Haltung der GLS Bank ist klar.

Sie steht für Vielfalt und gegen Ausgrenzung. Für die Demokratie und gegen Parteien wie die AfD oder Bewegungen wie die Identitären, die unsere Demokratie von innen bedrohen.

Aber wer gerade ein Konto bei der GLS Bank hat und ob sich auf die Liste der Kund*innen jemand verirrt hat, der da nun wirklich nicht hingehört, dazu darf sich die Bank nicht öffentlich äußern.

Man darf sich nur unabhängig von einer möglichen und möglicherweise unfreiwilligen Geschäftsbeziehung zu den Vereinen, Stiftungen oder Parteien äußern, über die gerade diskutiert wird.

Das klingt dann so: „Die GLS Bank steht für eine weltoffene, tolerante und wertebasierte Bankarbeit, die aus unserer Sicht mit den von der AfD offen vertretenen Werten nicht vereinbar ist. Für eine Stiftung, die sich den Werten der AfD verbunden fühlt, möchten wir generell keine Dienstleistungen erbringen und keine Konten führen. Das passt einfach nicht.“

Doch wie kommt es überhaupt dazu, dass unbemerkt eindeutig unpassende Kund*innen bei der GLS Bank landen?

Die Antwort liegt in der Automatisierung: Die meisten Konten werden digital eröffnet. Von allen möglichen Unternehmen und Menschen. Anders als bei Finanzierungen, die in jedem Fall auf Grundlage der strengen Anlage- und Finanzierungskriterien der GLS Bank überprüft werden, ist es bei normalen Geschäftskonten allein aufgrund der Masse nicht möglich, jeden einzelnen Fall zu betrachten.

Aber mal unabhängig von einem konkreten Fall: Was kann man machen, wenn auffällt, dass zum Beispiel, sagen wir, eine AfD-nahe Stiftung online ein Konto bei der GLS Bank eröffnet hat?

Die GLS Bank darf diese Geschäftskonten kündigen, sobald auffällt, dass Geschäftskund*innen nicht zu den Werten der GLS Bank passen.

Das ist einerseits konkreter als jedes Dementi, bleibt aber andererseits fast immer unbemerkt.

Die Kündigungsfrist dafür beträgt in der Regel drei Monate. Nur in Ausnahmefällen wie etwa bei staatsanwaltlichen Ermittlungen oder Gerichtsurteilen ist sie kürzer. Außerdem können die gekündigten Kund*innen gegen die Kündigung klagen. Das kann dazu führen, dass eine längere Kündigungsfrist gerichtlich angeordnet wird.

In dieser Zeit können die gekündigten Konten noch genutzt werden – auch um öffentlich Spenden einzuwerben. So bleibt auch eine bereits ausgesprochene Kontokündigung für die Öffentlichkeit unbemerkt.

Das ist bei allen Banken so – nicht nur bei der GLS Bank.

Was bei der GLS Bank aber besonders ist: Sie sagt, wofür sie steht. Die GLS Bank positioniert sich gesellschaftlich und sie hat eindeutige Ausschluss- und Finanzierungskritierien.

Für den Umgang mit unpassenden Geschäftskund*innen heißt das: Die GLS Bank nutzt alle Rechtsmittel aus, um sich von diesen Unternehmen, Vereinen, Parteien und Stiftungen zu trennen.

Auch, wenn sie sich dazu nicht öffentlich äußern darf. Das ist der Preis des Bankgeheimnisses. Und ich finde: Der ist es wert.

 

Du willst dich für eine starke und bunte Demokratie einsetzen? Dann haben wir eine To-Do-Liste für dich, die dir bestimmt Anregung gibt.

Deine To-Do-Liste gegen rechts

  1. Wolfgang Jeensch

    danke :)

  2. Oliver Schmitt

    Danke für diese aufklärenden Worte. Schön dass es für eine Bank wenigstens die Möglichkeit gibt, solche Kund*innen loszuwerden, wenn auch nicht publikumswirksam.

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      Jan Bühlbecker

      Die gibt es ja: “Die GLS Bank darf diese Geschäftskonten kündigen, sobald auffällt, dass Geschäftskund*innen nicht zu den Werten der GLS Bank passen.

      Das ist einerseits konkreter als jedes Dementi, bleibt aber andererseits fast immer unbemerkt.

      Die Kündigungsfrist dafür beträgt in der Regel drei Monate. Nur in Ausnahmefällen wie etwa bei staatsanwaltlichen Ermittlungen oder Gerichtsurteilen ist sie kürzer. Außerdem können die gekündigten Kund*innen gegen die Kündigung klagen. Das kann dazu führen, dass eine längere Kündigungsfrist gerichtlich angeordnet wird.

      In dieser Zeit können die gekündigten Konten noch genutzt werden – auch um öffentlich Spenden einzuwerben. So bleibt auch eine bereits ausgesprochene Kontokündigung für die Öffentlichkeit unbemerkt.”

  3. Clemens Becker

    Während der Pandemie wurden vielen Menschen, die Demos organisierten, die Konten gekündigt. Nicht nur Geschäftskonten, sondern auch private Konten.

    Hat auch die GLS aus diesem Grund Konten gekündigt?

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      Jan Bühlbecker

      Hallo Clemens,

      vielen Dank für Deinen Kommentar. Aber richtig viel kann ich auf die Frage nicht antworten. Generell ist es so, dass es höhere rechtliche Hürden für das Kündigen von Privat- als von Geschäftskonten gibt. Und auch das ist ja gut sein – auch wenn es in manchen Fällen nervig sein mag. Doch trotzdem gilt, was bereits im Text steht: Für den Umgang mit unpassenden Kund*innen heißt das: Die GLS Bank nutzt alle Rechtsmittel aus, um sich von diesen zu trennen. Auch, wenn sie sich dazu nicht öffentlich äußern darf. Das ist der Preis des Bankgeheimnisses. Und ich finde: Der ist es wert.

      Viele Grüße!

  4. Ulrich Michalski

    Sie haben überzeugend dargelegt, dass Sie nur Menschen mit bestimmten politischen Einstellungen ein Konto geben, soweit verständlich. Wie sieht es mit religiösen Einstellungen aus, also kündigen Sie auch Menschen, die eine bestimmte Religion haben? Akzeptieren Sie alle Hautfarben oder nur bestimmte bei den Kund*innen? Wie sieht es mit Ausländern aus? Nehmen Sie Kund*innen aus allen Ländern oder nur aus bestimmten? Es wäre schön, wenn Sie dies noch etwas genauer darlegen könnten. Wie sieht es mir Vorstrafen aus? Mein Freund ist Afrikaner, Moslem und vorbestraft. Darf er bei Ihnen ein Konto haben?

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      Jan Bühlbecker

      Hallo! Ehrlich gesagt, ist die Frage schon diskriminierend, weil sie Menschen auf ihre Zugehörigkeit zu Gruppen reduziert. Natürlich schließt die GLS Bank niemanden wegen seiner Religionszugehörigkeit, seiner Ethnie oder Herkunft aus. Übrigens auch nicht wegen geschlechtlicher oder sexuellen Identität. Aber sie schließt diejenigen aus, die Menschen wegen rassistischer, sexistischer, queerfeindlicher, antisemitischer oder ableistischer Zuschreibungen diskriminieren. Und das ist ein ziemlich gewichtiger Unterschied.

  5. Sandra Collienne

    „Haltungsstark“ hieß früher ideologisch. In der Ideologie verschwimmen die Maßstäbe: wer sich gegen Ausgrenzung ausspricht, grenzt selbst aus… Ideologie verdrängt Erkenntnis. Rudolf Steiner empfahl in seiner sozialen Dreigliederung eine Trennung von Rechts- und Wirtschaftsleben, und begründete diese Forderung argumentativ. Die GLS-Bank will hingegen das Rechtlich-Politische in das Wirtschaftliche integrieren. Das kann nicht gutgehen. Letztlich beraubt sich die GLS-Bank einer wirtschaftlichen Entscheidungsgrundlage, die sich ausschließlich an Bedürfnis und Fähigkeit der Menschen orientiert. In einigen anthroposophischen Kreisen wird vor diesem Hintergrund empfohlen, die GLS-Bank zu verlassen.

    • Kein Thema für hier eigentlich, aber mich würde das Bankgeheimnis hinter der neuen Corporate Identity interessieren. Leider berichtet Ihr nicht darüber, oder doch? Mich würde interessieren, warum das notwendig war, was es gekostet hat und ob die aktuellen Preissteigerungen damit zusammenhängen.
      Und zum obigen Thema: es ist ja in der heutigen Zeit nicht mehr leicht, bei der richtigen Gruppierung dabei zu sein: Wenn man früher bei den Grünen war, war man gegen Kriege und Waffen, heute ist man dafür. Wenn man früher öko unterwegs war, war es okay, die alternative Medizin interessant zu finden, heute ist man ein Verschwörungstheoretiker. Wenn man früher Raubbau an Ressourcen und Energieverschwendung kritisiert hat, war man nachhaltig und ökologisch unterwegs ist, heute ist die Digitalisierung (Raubbau an Ressourcen, riesiger Energieaufwand, problematische Entsorgung der Endgeräte) das Größte, auch für eine ökologische Bank… Nicht mehr ganz leicht, heute auf der richtigen Seite zu stehen…

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