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Es gibt keine ökologische ohne soziale Transformation

Die GLS Bank versteht sich seit jeher als Bank für das Gemeinwohl. Dennoch hat die Geschäftsleitung das Soziale neu als strategisches Ziel formuliert. Warum das notwendig war, sagen die Vorständinnen Christina Opitz und Aysel Osmanoglu im Interview.

Aysel Osmanoglu ist die Vorstandssprecherin und verantwortet unter anderem den Bereich Strategie und Entwicklung.

Warum braucht unsere Gesellschaft eine Soziale Wende?

Aysel Osmanoglu: Angesichts der Flutkatastrophen in Süddeutschland haben wir zwar gerade wieder erlebt, wie gut unsere Zivilgesellschaft darin ist, sich gegenseitig in akuten Notsituationen zu helfen. Die Art und Weise, wie Debatten um Klimawandel, Pandemie oder Flucht und Migration geführt werden, zeigen aber auch, dass Krisen zu Spaltung führen können. Um mit solchen Herausforderungen umgehen zu können, brauchen wir ein besseres Miteinander. Sozialkompetenzen sind Zukunftskompetenzen.

Christina Opitz: Im Moment scheinen allerdings viele Menschen verunsichert. Selbst bei Menschen mit mittleren Einkommen entsteht offenbar das Gefühl, die Politik kümmere sich nicht genug. Das Soziale steht in vielerlei Hinsicht unter Druck.

Christina Opitz ist Vorständin bei der GLS Bank und verantwortet den Bereich Firmen- und Geschäfskund*innen.

Wie äußert sich dieser Druck?

Christina Opitz: Nehmen wir als Beispiel das Thema Wohnen, ein gesellschaftliches Grundbedürfnis. Hier erleben wir, wie Investorinnen Objekte günstig aufkaufen, aufwendig sanieren und dann teurer vermieten oder verkaufen. Die früheren Bewohnerinnen können sich das Leben in ihrem Viertel oftmals nicht mehr leisten und fühlen sich im Stich gelassen. Dieser Druck zeigt sich auch bei gemeinnützigen Einrichtungen und Organisationen: Seit ein paar Jahren erleben wir immer wieder, dass dringend benötigte soziale Projekte gestoppt werden müssen. Durch die Inflation fehlt Geld, Baukosten steigen, es gibt Engpässe im Handwerk und bei Lieferanten, der Wettbewerb um Fachkräfte wird härter. Gemeinnützige Einrichtungen haben wenig Rücklagen und geraten schneller ins Wanken.

Was braucht es also, um das Soziale zu stärken?

Opitz: Damit soziale Einrichtungen und Organisationen verlässlich ihre Aufgaben erfüllen können, muss vor allem die Politik für eine sichere Refinanzierung sorgen und diese schneller den Marktentwicklungen anpassen.

Osmanoglu: Geld wird so zum sozialen Gestaltungsmittel: Es wirkt vor Ort und vermittelt darüber hinaus als Geste Fürsorge. Jenseits konkreter Maßnahmen braucht es aber vor allem eine andere Haltung. Wir stärken das Soziale automatisch, wenn sich alle – nicht nur politisch Verantwortliche – darauf besinnen: Was ist mir wirklich wichtig und was kann ich in meinem Umfeld dafür tun, dass es anderen gut geht?

Opitz: Das würde sicher zu mehr Wertschätzung von sozialer Arbeit führen. Damit meine ich auch die Bezahlung der Menschen, die sich für die Gemeinschaft einsetzen. Wenn wir uns fragen: Was ist es mir wert, dass Rettungskräfte nachts Leben retten? Was ist es mir wert, dass
meine Eltern in einem guten Heim gepflegt werden? Was ist es mir wert, dass meine Kinder gut betreut werden?

Möchtest Du wissen, an welche Unternehmen und Projekte wir Kredite geben – und an welchen nicht?

Warum sollte sich eine Bank solche Fragen stellen?

Osmanoglu: Um das Soziale nachhaltig zu stärken, müssen wir eine solche Haltung vor allem in die Wirtschaft integrieren. Dabei könnten Banken eine Schlüsselrolle spielen. Plakativ gesagt: Eine Bank entscheidet, ob sie einen Kindergarten finanziert oder ein Rüstungsunternehmen. Ob sie nur Unternehmen finanziert, die ihre Mitarbeitenden und Lieferanten fair behandeln. Sie entscheidet, ob bei der Kreditvergabe die Marktkapitalisierung mehr zählt oder der soziale Nutzen.

Opitz: Wenn ich eine hohe Marge im Darlehensgeschäft erwarte, wird die Förderung des Sozialen zum Ding der Unmöglichkeit. Gemeinwohlorientierte Organisationen erwirtschaften schließlich keine Gewinne und haben also kein Polster, um hohe Zinsen zu zahlen. Natürlich muss jede Finanzierung tragbar sein. Aber sie sollte für beide Partner tragbar sein. Das sollten Finanzinstitute im Fokus haben, denn dafür sind sie da.

Was tut die GLS Bank, um das Soziale zu stärken?

Opitz: Unsere dringendste Aufgabe als Bank ist es, Liquidität zur Verfügung zu stellen – und zwar dort, wo es dem Gemeinwohl dient. Das machen wir im sozialen Bereich, wo häufig Zuverlässigkeit durch den Gesetzgeber fehlt, mit exklusiven Angeboten. Dabei verzichten wir bewusst auf Margen und berechnen nur unseren Aufwand als sogenannte Kostendeckungsumlage. Darüber hinaus lassen wir uns auch bei akutem Bedarf individuelle Lösungen einfallen, damit ein dringend benötigtes Projekt trotz Hindernissen realisiert werden kann. Vor allem nehmen wir uns die Zeit, genau hinzuschauen: Können Laufzeiten geändert werden oder können wir andere Akteure einbeziehen? Um das Soziale zu stärken, gehen wir auch unkonventionelle Wege.

Wie stellt die GLS Bank diesen Anspruch zuverlässig sicher?

Osmanoglu: Wir finanzieren Projekte in sechs Branchen, die soziale Grundbedürfnisse abdecken. Bei der Kreditvergabe helfen uns Finanzierungskriterien, die einerseits zerstörerische Geschäftstätigkeiten ausschließen und andererseits den Fokus auf das Gemeinwohl sicherstellen. Soziale Aspekte wie die Einhaltung der Menschenrechte
Chancengleichheit und faire Löhne stehen dabei ganz oben.

Opitz: Bei der Kreditvergabe werten wir soziale Ziele positiv und schauen, welches Risiko wir dafür maximal eingehen oder ob wir sie sogar in der Zinsfindung abbilden können. Das gilt auch für Projekte, die nicht per Definition gemeinnützig sind oder die das Ökologische im Fokus haben. Beim Wohnen etwa finanzieren wir seit jeher bevorzugt gemeinschaftliche Konzepte, die bezahlbare Mieten und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. Aber auch im Bereich Erneuerbare Energien fragen wir danach, wie die Bewohner*innen vor Ort beteiligt werden und darüber eventuell auch besser mit solchen Projekten in ihrer Nachbarschaft leben können.

Wenn sich die GLS Bank schon seit jeher als Bank für das Gemeinwohl versteht – warum war es notwendig, das Soziale erneut als strategisches Ziel zu formulieren?

Osmanoglu: Vor dem Hintergrund der Klimaerhitzung und des Biodiversitätskollapses liegt der gesellschaftliche Fokus vor allem darauf, die ökologischen Krisen schnellstmöglich abzuwenden. Es gibt keine ökologische ohne eine soziale Transformation – das war uns bei der GLS Bank
schon immer bewusst. Mittlerweile ist der gesellschaftliche Zusammenhalt so stark gefährdet, dass wir das Soziale noch stärker in den Fokus rücken müssen. Deshalb reflektieren wir uns derzeit auf allen Ebenen: im Bankgeschäft und bei der Entwicklung neuer Angebote sowie in unseren Beziehungen zu Mitarbeitenden, Mitgliedern, Kund*innen und Gesprächspartner*innen.

Opitz: Auch wenn das Soziale in unserer DNA liegt, muss auch die GLS Bank noch lauter werden. Wenn wir das in allen Branchen, in jedem Gespräch, intern und extern tun, können wir hoffentlich noch gezielter Impulse setzen und zu einer wirklichen Wende beitragen.

Soziale Wirksamkeit

Die GLS Bank stärkt das Soziale über drei Stränge:

  1. Interne Strukturen und Arbeitsweisen bei der GLS Bank
  2. Soziale Initiativen und Unternehmen,
    die wir finanzieren und mit Bankangeboten
    unterstützen
  3. Haltung, Herangehensweise, solidarisch gestaltete Bankangebote und Preismodelle
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4 Antworten zu „Es gibt keine ökologische ohne soziale Transformation“

  1. Avatar von Matthias Losert
    Matthias Losert

    |

    Guten Morgen Fr. Osmanoglu und Fr. Opitz,

    seit dem parlamentarischen Fazit „Ein höherer Preis für Kohlenstoffemissionen wäre sinnvoll, schadet aber dem Wettbewerb“ frage ich irritiert: Navigieren Regierende im 21 Jahrhundert immer noch nach einem monetären Weltbild ohne naturwissenschaftliche Einsicht?
    Nach IPCC-Berichten löst unser Handeln im Gütermarkt das nächste globale Artensterben, u. U. inkl. Mensch, aus.
    Entgegen ökonomischer These existiert also im Gütermarkt ein zweites Akkumulationssystem, was einen kollektiven Willen, aktuell „Aussterben“, entfaltet.
    Natürlich kann jeder Mensch individuell sein Handeln, wie ihre GLS-Werbung empfiehlt, gestalten. Primär ist der Mensch ein soziales Wesen, was machtpolitisch auch die Vernetzung von Willensäusserungen gestalten kann: Positives Beispiel dafür sind Verfassungen; negatives Beispiel ist eine Wirtschaftstheorie, die aufgrund der Währungsdefinition Ökonomie von Ökologie abspaltet.
    Zumindest in Demokratien ist es seit der Wende89 akzeptabel, dass das Volk auch seine Staats- und Wirtschaftstheorie wählen kann. Daher unterstützt auch der „politische Westen“ die Ukraine.
    Wenn das Selbstbestimmungsrecht vom Volk so relevant ist, frage ich für das Volk der Erde: Warum soll also jeder Mensch per Transfers nur über die Vermögensverteilung und nicht zusätzlich über den irdischen Lebensraum mitentscheiden?
    Realpolitisch entscheidet jeder Mensch im Anthropozän über seinen irdischen Lebensraum; ob er will oder nicht!
    Was uns Hoffnung in einer vorkopernikanischen Zeit gibt ist, dass die Herrschaft fehlerhafter Weltbilder durch bessere Einsichten stürzen.

  2. Avatar von aloys jacoby
    aloys jacoby

    |

    Ich komme über die Ökobank zu euch.
    Heute gehe ich bei allem was „woke“ ist nicht mehr mit.
    Es ist traurig wie unkritisch heute Humanismus gepredigt wird. Heute sind es die Humanisten und Moralisten die Krieg wollen. Wir haben wieder da die Panzer fahren wo sie schon mal von uns Deutschen waren. Der Klimaschaden wird nicht einmal erwähnt. Der Krieg war lange vorbereitet, man erinnere sich an diesen Joschka Fischer; Horst Köhler oder Gauck.
    Sprache wird zerstört, da wird aus einem „…stand eine …ständin“ obwohl nichts maskulines im „… stand“ ist. Es sind die Vorurteile im Kopf die die …ständin erschafft.
    etc..
    usw..

    Wir brauchen ein stabiles Geld, und kein Fiatgeld wo der Fiasko-Wirtschafts-Klima-Plaperer Habeck einfach Geld drucken will und die Deutschen „ausraubt“ wie einige sagen. Insbesondere die Grünen davon die Globalisten (global Leader) haben mit Habeck die wohlhabenden gefördert und mit Baerbock den Krieg gewollt.
    Ich denke das dieser „Raub“ am Volk gewollt und geplant war. All die genannten Leute haben dem Klima; dem Frieden; Deutschland und auch allen Geflüchteten einen Bärendienst erwiesen.
    Wie sollen das die Menschen schaffen wenn solche „Monster“ uns vertreten.

    Im Artikel finde ich keine Selbstkritik, weder an der Geld- noch an der Klima-Ideologie.
    Das ist ein Weg der die Gesellschaft gefährdet.

    1. Avatar von Emscherperle
      Emscherperle

      |

      Ich finde den Kommentar sprachlich / inhaltlich bedenklich.

      Er bedient ebenso wie die AfD ein Hass-Mantra, das in diversen Facetten durchdekliniert wird: Hier ist es der Hass auf „die Grünen“, die Herrn Habeck u Frau Baerbock u.a. unterstellt, sie hätten „den Krieg“ gewollt u die Politiker als „Monster“ bezeichnet.

      Die so dringend nötige ökologisch-soziale Transformation wird m.E. nicht durch die Grünen gebremst, sondern durch Hassbrillen u Angst vor Veränderung.

      Gesellschaften haben sich immer verändert. Welch großartige Chance, dass wir das können u dürfen. Wie wichtig, dass wir mitreden u gestalten können und dürfen.

      Gebetsmühlenartige Meinungshülsen welcher Couleur auch immer helfen nicht weiter, befeuern nur den Hass aufeinander u die Spaltung der Gesellschaft.

      Sprachliche Genauigkeit setzt da an, wo Worthülsen reflektiert werden.

      „Woke“ bedeutet übrigens laut Duden unter anderem: „in hohem Maß politisch wach und engagiert gegen (insbes. rassistische, sexistische, soziale) Diskriminierung“.

      Und das ist es, um das es hier geht.

  3. Avatar von I. Klamann
    I. Klamann

    |

    Das ist alles richtig, aber ich hätte es gerne konkreter und zupackender.

    Mein Wunsch: ein Immobilienfond der sich ausschließlich mit Krediten für genossenschaftlichen Sozialwohnungsbau beschäftigt. Dort möchte ich gerne Geld zehn Jahre sicher anlegen. Rendite interessiert mich nicht. Es soll nur nicht verloren gehen.
    Das Ganze möglich unbeschwert von Political Correctness Kriterien.

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