Heute erscheint anlässlich des Starts der Grünen Woche in Berlin
der Kritische Agrarbericht 2014, dieses Jahr mit dem Schwerpunkt Tierhaltung. Der Bericht wird u.a. von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft (ZSL) finanziell und auch immer wieder mit eigenen Beiträgen unterstützt. Wir sprachen mit Oliver Willing, Geschäftsführer der ZSL, über Handlungsspielräume für eine ökologische Landwirtschaft.
Welche Weichen müssen gestellt werden, um eine bäuerliche und ökologische Landwirtschaft zu stärken?
Oliver Willing: Besonders bei der staatlichen Subvention der Landwirtschaft muss stärker auf deren Effekte geachtet werden. Es kann nicht sein, dass agrarindustrielle Großbetriebe und Massentierhaltung trotz aller bekannten Probleme wie Grundwasserverschmutzung und CO2-Emissionen nach wie vor Milliarden an Steuergeldern bekommen. Handlungsbedarf gibt es auch bei dem geplanten Freihandelsabkommen mit den USA. Wir müssen unseren Politikern klarmachen, dass wir Gentechnik und Chlorhähnchen nicht akzeptieren, weder in Europa noch als Import aus den USA.
Ist das nicht ein Kampf von David gegen Goliath?
Oliver Willing: Wer gewinnt denn bei David und Goliath am Ende? Wir sind alle Teil der Gesellschaft und treffen jeden Tag Entscheidungen. Gehe ich am Samstag zur Demo oder nicht? Kaufe ich bio und fair oder gebe ich mein Geld lieber für das nächste Smartphone aus? Investiere ich ausschließlich unter Renditegesichtspunkten oder beziehe ich auch ökologische und soziale Fragen bei meiner Anlage mit ein? Wir als Gesellschaft sind doch nur ein Produkt dieser Entscheidungen. Ohne den jahrelangen Widerstand Tausender hätten wir in Europa doch längst überall Gentechnik auf den Feldern und auf den Tellern!
Warum ist das Thema Tierhaltung so wichtig?
Oliver Willing: Das Thema Tierhaltung wirft viele Fragen auf. Das unnötige Leiden von Tieren berührt uns emotional und macht vielen ein schlechtes Gewissen. Das zeigt auch der Trend hin zu veganer Ernährung. Ist es in Ordnung, riesige Mengen Getreide an Tiere zu verfüttern, während gleichzeitig eine Milliarde Menschen hungern? Unter welchen Bedingungen sollen Nutztiere leben? Für die ökologische Landwirtschaft ist Tierhaltung wichtig. Der tierische Dung sichert die Erträge in einem System, das nicht einfach auf mineralischen Dünger zurückgreifen kann. Der aktuelle kritische Agrarbericht weist hier auf eine interessante Studie hin. Ökologische Landwirtschaftsbetriebe mit Tierhaltung tragen im Vergleich zu ökologischen Betrieben, die nur sogenannte Marktfrüchte anbauen, stärker zum Aufbau und zum Erhalt der fruchtbaren Humusschicht bei, und – das ist keine Überraschung – sehr viel mehr als konventionelle Betriebe.
Welche Ziele hat sich die Zukunftsstiftung Landwirtschaft in diesem Jahr gesetzt?
Oliver Willing: Neben dem Schwerpunkt der ökologischen Saatgutzüchtung wollen wir weitere innovative Projekte fördern, welche den Ökolandbau voranbringen. Seit Dezember 2013 unterstützen wir das Projekt Hänsel und Gretel auf zwei biologisch-dynamischen Höfen am Bodensee. Dort wird die Zucht eines Zweinutzungshuhnes aufgebaut, welches sowohl für Fleisch als auch für Eier gehalten werden kann. Damit soll es eine Alternative zum grausamen Töten männlicher Küken geben. Hier freuen wir uns natürlich auch über Unterstützerinnen und Unterstützer.
Weitere Informationen
Zukunktsstiftung Landwirtschaft
Die Zukunftsstiftung Landwirtschaft in der GLS Treuhand schickt interessierten Menschen gerne Infomaterial zu ihren Projekten zu.
Kritischer Agrarbericht
Der kritische Agrarbericht wird seit 1993 alljährlich vom AgrarBündnis e.V. herausgegeben, einem Zusammenschluss von derzeit 24 Verbänden der bäuerlichen und ökologischen Landwirtschaft, des Umwelt- und Naturschutzes, des Tierschutzes, der Entwicklungszusammenarbeit sowie der Kirchen. Er dokumentiert die ganze thematische Breite der agrarpolitischen Debatte eines Jahres vor dem Hintergrund der europäischen und weltweiten Entwicklung.
„Wir haben es satt“
Demonstration für gutes Essen und gute Landwirtschaft am Samstag, 18.1.2014, Berlin
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