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PSD2: Was bringt die neue EU-Zahlungsdiensterichtlinie?

Ohne große Beachtung ist am 13. Januar 2018 die neue EU-Zahlungsdiensterichtlinie in Kraft getreten, im Bankjargon kurz PSD2 (Payment Services Directive) genannt. „2“ steht für Nachfolge der ersten PSD Richtlinie von 2007. Verbraucher*innen werden jetzt zunehmend aufmerksam, geht es in der PSD2 doch auch darum, dass außer den Banken auch andere Unternehmen, sogenannte Drittanbieter, auf  Zahlungskontodaten zugreifen können.

Update: Für alle GLS Bank Kunden*innen haben wir hier die wichtigsten Fragen & Antworten zu PSD2 zusammengefasst!

Mit PSD2 will die EU den Wettbewerb zwischen Banken, Zahlungsdienstleistern (Zahlungsauslösediensten oder Anbieter von Zahlungskarten) und Kontoinformationsdiensten fördern und innovativen Angeboten rund ums Zahlungskonto den Weg bereiten. Das können eine App oder ein Robo-Advisor sein, die die Daten eines oder mehrerer Konten auswerten und aus den gewonnenen Informationen maßgeschneiderte Angebote zu Versicherungen, Baufinanzierung, Sparen, Wertpapierkauf oder anderem machen, aber auch ein Programm, über das man Zahlungen günstig abwickeln kann.

Zugriff auf Kontodaten

PSD2 betrifft nur Zahlungskonten (Girokonten), nicht Sparkonten o.ä. Den Zugriff auf die Kontodaten müssen die Kontoinhaber*innen dem Drittanbieter vorher  erlauben. Die Banken müssen dafür eine eigene PSD2-Schnittstelle zur Verfügung stellen. Hat ein*e Kunde*in den Zugriff erlaubt, kann der Broker, Kreditvermittler oder das Versandhaus danach die Kontoumsätze 90 Tage lang abrufen, ebenso 90 Tage rückwirkend.  Sind die 90 Tage abgelaufen, müssen Kunden*innen einem weiteren Zugriff erneut zustimmen. Als Bank müssen wir uns darauf verlassen, dass der „Dritte“ die gesetzlichen Regelungen einhält.

Wie die PSD2-Schnittstelle technisch genau gestaltet sein wird, ist noch nicht endgültig festgelegt. Auch nicht, ob zukünftig Einschränkungen beim Datenzugriff möglich sein werden, ob es Widerspruch- oder Sperrmöglichkeiten geben wird. Das wird die sogenannte Berlin Group voraussichtlich bis Ende des Jahres festlegen.

PSD2 Voller EinblickDer Zugriff auf Kontodaten wird bisher auch schon ohne PSD2-Schnittstelle gewährt. Dienstleister, die z. B. die Abwicklung von Zahlungen anbieten, nutzen hierfür die FinTS-Schnittstelle und fragen bei den Kunden*innen die Zugangsdaten zum Konto ab. Damit „sieht“ der externe Dienstleister alle Daten, die auch ein*e Kontoinhaber*in in seinem/ihrem Onlinebanking sieht, von der kompletten Finanzübersicht über Limitangaben bis hin zu den Umsätzen.

Wie wird die Zustimmung eingeholt?

Als Kunde eines Drittanbieters muss man dem Zugriff explizit zustimmen und die Kontozugangsdaten (z. B. Kontonummer  und PIN) eingeben. Wer bereits Kunde*in einer Bank ist, hat wahrscheinlich im vergangenen Jahr neue AGBs bzw. neue Sonderbedingungen erhalten, in denen darüber informiert wird, dass Dritte Kontodaten abrufen können.  Wir haben unsere Kunden*innen im September vergangenen Jahres informiert.

Sicherer

Parallel zum erweiterten Zugriff auf die Kontodaten steigen die Kontroll- und Sicherheitsvorgaben. Die PSD2-Richtlinie stellt Zahlungsdienstleister und Kontoinformationsdienste unter die Aufsicht von Regulierungsbehörden wie BaFin oder EU-Bankenaufsicht.  Sie müssen sich bei den Aufsichtsbehörden legitimieren und können dann die oben erwähnte Schnittstelle nutzen.

Sowohl für Onlinezahlungen als auch den Zugriff auf Onlinekonten ist eine zwei-Faktor-Authentifizierung vorgeschrieben. Dabei müssen mindestens zwei von drei Merkmalen erfüllt sein: Wissen, Besitz und Inhärenz.  Eine PIN zählt zum Beispiel als Wissen, eine Karte (TAN-Generator) als Besitz und ein biometrisches Kennzeichen (Fingerabdruck) als Inhärenz, über das ein*e Nutzer*in eindeutig identifizierbar ist. Auch Banken müssen diese Auflagen erfüllen. Deshalb kann es sein, dass Bankkunden*innen zukünftig schon bei einer einfachen Umsatzabfrage eine TAN eingeben müssen.

Kosten

Onlinehändler dürfen laut PSD2 für eine bestimmte Zahlungsart keine Extragebühr mehr verlangen. So können Kunden*innen  frei wählen, ob sie per Kreditkarte, per Lastschrift, Überweisung oder anders bezahlen möchten.

Werden Kontodaten missbraucht, müssen sich Kontoinhaber*innen nur noch mit 50 Euro statt wie bisher 150 Euro am Schaden beteiligen. Die GLS Bank verzichtet wie bisher auf diese Selbstbeteiligung. Geld, das unautorisiert (z. B. abgelaufene Vollmacht, kopierte Unterschrift) vom Konto abgebucht wird, z. B. weil eine Vollmacht abgelaufen oder die Unterschrift in einen Auftrag hineinkopiert worden ist, muss schneller zurückgebucht werden.

Jedem*r Kunden*in steht mindestens einmal im Jahr eine Entgeltaufstellung zu. Die GLS Bank stellt diese im Folgejahr für das vergangene Jahr bereit.

Gut oder schlecht?

Noch ist die PSD2 Richtlinie in den EU-Ländern nicht vollständig umgesetzt. Erst, wenn die PSD2-Schnittstelle definiert ist und die Verbraucher*innen, Banken und Finanzdienstleister damit Erfahrung gesammelt haben, können sie für sich ein positives oder negatives Fazit ziehen.  Für Banken kann PSD2 ein Anstoß sein,  verstärkt mit Fintechs zusammenzuarbeiten oder selbst neue Zahlungs- und Kontodienstleistungen zu entwickeln. Verbraucher*innen sollten weiterhin sorgfältig prüfen, wem sie welche Daten zur Verfügung stellen, unabhängig von der Bezahlart.

Wir bleiben an dem Thema dran und informieren hier über neue Entwicklungen.

Mehr Infos
Handelsblatt (11.Juni 2019): Handelsverband fordert Aufschub der EU-Richtlinie PSD2

Häufige Fragen zu PSD2 haben wir auf unserer Website zusammengestellt, die wir laufend aktualisieren.

Der rechtliche Rahmen – Website der Bundesbank

Spiegel-Artikel: Immer mehr Anbieter wollen einen Blick in das Konto werfen. Wie riskant ist das?
Weitere Infos zum Online-Banking

 

Foto: Torkild Retvedt / Server room (CC BY-SA 2.0)

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24 Antworten zu „PSD2: Was bringt die neue EU-Zahlungsdiensterichtlinie?“

  1. Avatar von reiner-bruno klenk
    reiner-bruno klenk

    wo sind wir jetzt beim online-banking gelandet.
    muß mir jetzt doch meine „euros“ unters kopfkissen legen.

  2. Avatar von André Podszus
    André Podszus

    Wer Dritten Lesezugriff zu seinem Online-Banking gewährt, sollte vielleicht noch seine Röntgenbilder und MRT-Befunde beilegen.
    Ich hoffe, dass meine Bank die Entwicklung dieser Schnittstelle kritisch begleitet und beispielsweise verfolgt, wie der Chaos Computer Club die Sache einschätzt. Es ist ja gerade mit dem „beA“ (besonderes elektronisches Anwaltspostfach) ein Großprojekt wegen katastrophaler Sicherheitsmängel gescheitert (und der CCC war daran nicht unbeteiligt).
    Oder bin ich nur schon so alt, dass ich mich an Post-Privacy nicht mehr gewöhnen kann?

  3. Avatar von Helmut Stange
    Helmut Stange

    Ich frage mich, ob die GLS Bank bei dieser Richtlinie mitmacht. Ich komme ins Überlegen, dann zu kündigen. Denn ich bin nicht für die totale Vernetzung, nicht für den totalen Staat, die totale Wirtschaft. Ich halte es für gefährlich, diesen Weg des gläsernen Menschen mitzugehen, sich dieser um sich greifenden Technikgläubigkeit anzuschließen und diese betriebswirtschaftliche Übergriffigkeit voranzutreiben. Ich habe den Eindruck, dass auch die GLS Bank einfach naiv ist, was die Kräfte in dieser Wirtschaft angeht. Fortlaufend wird von hochkriminellen Machenschaften in der Wirtschaft, gerade auch im Finanzbereich, berichtet. Zunehmend entstehen autoritäre Staaten. Diktatoren kommen hervor. Und dann PSD 2. Und immer weitere Digitalisierung und Überwachung und Kontrolle. Jetzt also auch schon die Kontodaten. Was kommt als nächstes ? Allein wie das jetzt schon mit PSD 2 gehandhabt wird, ist unglaublich. Dieser Blog-Beitrag schockiert mich.

    1. Avatar von Bettina Schmoll
      Bettina Schmoll

      Hallo Helmut,
      bei PSD2 handelt es sich um eine EU-Richtlinie, die die Mitgliedstaaten – und auch wir als Bank – umsetzen müssen.
      Kontoinhaber*innen sind aber nicht gezwungen, den Zugriff zu gewähren, sondern entscheiden das selbst. Haben Kontoinhaber/innen einem Dritten die Erlaubnis zum Datenzugriff gegeben, müssen wir diesen auch gewähren. Den Zugang zu Daten für Dritte sehen wir durchaus kritisch, deshalb dieser Blogbeitrag. Unser Rat ist, vorab zu überlegen und zu prüfen, wem man seine Daten gibt und überhaupt sparsam zu sein bei der Weitergabe perönlicher Daten.
      Viele Grüße
      Bettina Schmoll

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