Es sind nachdenkliche, junge Leute, die jetzt in die Landwirtschaft drängen, auf Höfen ihre Zukunft sehen, der Erde dienen und die Menschen mit echten Lebensmitteln ernähren wollen. Ihre Motive sind vielfältig, ihre Fragen wichtig und ihre Impulse wirksam.
Von Renée Herrnkind, Autorin
„Was braucht dieser Ort von mir?“
Stella Monse lernt Gemüsegärtnerin am Rande von Leipzig. Auf dem Linkehof hat die 21-jährige dafür den besten Platz gefunden. Sie reflektiert ihre persönlichen Entwicklungsschritte: „Durch die freie Ausbildung zur biodynamischen Gärtnerin erlebe ich nicht nur praktische Arbeit und erfahre Theorie, sondern beschäftige mich in unserer Seminargruppe mit spirituellen Fragen, mit Anthroposophie, gesellschaftlichen Herausforderungen wie Klimawandel oder der Gefahr von rechts. Wir haben alle den Drang, etwas zu bewegen. Meine Beziehung zur Erde, zu den Pflanzen und Tieren hat sich durch die Schulung in den Demeter-Kursen total intensiviert“, erklärt sie. Zuvor eher vegan unterwegs, ist es für Monse nun stimmig, die Milch der Kuh vom Hof in den Kaffee zu schütten. Tiere gehören für sie dazu. „Heute schaue ich mehr aus der Perspektive: Was braucht ein Ort wie der Linkehof als lebendiger Organismus von mir?“ Daraus wachsen dann Träume für die Zukunft: Gemeinsam mit anderen einen Hof betreiben, solidarische Landwirtschaft entwickeln, pädagogische Arbeit integrieren und mit Pferden wirtschaften. Von der Politik fordert sie dafür: kleinbäuerliche Strukturen sichern.
„… wenn wir der Hof mit den schönsten Kühen sind.“
Ve-Anissa Spindler hat den Siebengiebelhof in Mecklenburg-Vorpommern übernommen. Sie will gestalten, entwickeln, voranbringen. „Es hat mich schon immer gereizt, eigene Ideen umzusetzen. Als Angestellte bin ich nicht so toll“, lacht die 29-jährige. Die Verantwortung für 110 Hektar Land, 25 Kühe, Angler Sattelschweine, Hühner, Hunde, Katzen, das Café7, Marktstände, Hofladen, Käserei und die drei Mitarbeiter*innen, Formalitäten und Management knabbern allzu oft am Wunsch, ganz und gar nur Landwirtin zu sein. Dennoch, ihre Entscheidungen haben Weichen neu gestellt: Kälber trinken jetzt bei den Kühen, Bullen werden vor Ort großgezogen, die Herde hat mehr Liegeplätze im Freien. Die Hofchefin ist stolz darauf, die Investitionen aus dem laufenden Betrieb decken zu können. „Aber was heißt schon erfolgreich sein?“, fragt sie und überlegt: „Vielleicht, wenn wir der Hof mit den schönsten Kühen sind.“ Freude macht ihr zudem, wenn die Kund*innen in Krisenzeiten — wie während der dramatischen Trockenheit — Geld beisteuern und dann den Zins als Käse genießen. „Herzblut wirkt eben ansteckend“, ist sich Spindler sicher. Sorgen macht sie sich aber um das große Ganze: die Spekulation mit Boden, zu wenig Land für ökologischen Anbau. Ihre Forderung ist klar: „Ackerland gehört in Bauernhand.“ Und die Naturschutzleistung der Landwirt*innen sollte auch materiell anerkannt werden.
„… zwischen Landwirtschaft, Trouble, Alltag & Blödsinn“
Skadi Petermann treffen wir auf Hof Dannenberg in Brandenburg — und auf ihrem Instagramblog „Skadysfarmlife“. Dafür wurde die 21-jährige gerade mit dem digital future award 2020 prämiert. Eigentlich hatte Petermann ganz andere Pläne und entdeckte den Reiz der Landwirtschaft erst nach einer Absage von der Hochschule. Jetzt arbeitet sie auf dem 650 Hektar großen Demeter-Hof und postet zwischendurch über „Mein Leben zwischen Landwirtschaft, Trouble, Alltag & Blödsinn“. Ihr geht es um Aufklärung: „Mir als angehende Landwirtschaftsmeisterin begegnet viel Unwissen über unseren Beruf“, beklagt sie. Nur wenn die Landwirte nicht länger die unbekannten Wesen blieben, werde sich die Haltung der Konsumenten verändern. Auf Instagram zeigt sie das Bauernleben aus einem ganz persönlichen Blickwinkel und gewinnt das Interesse vieler, vor allem junger Leute. „Die kann ich dann durchaus mal fragen, wie es sein kann, dass ich in Deutschland auf meinem biologisch und regional produzierten Getreide sitzen bleiben muss. Es zu den angebotenen Preisen abzugeben, ist wirklich unzumutbar. Für maximale Rendite wird mit viel Energie und hoher Belastung der Umwelt Bioware günstig importiert. Ist das der neue Weg?“
„Unverpackt kommt ganz hervorragend an.“
Franziska Rutscher hat für den Demeter-Betrieb Ökodorf Brodowin ein neues Angebot geschaffen — angeregt durch ihre Onlinecommunity. Die 33-jährige Ernährungs-wissenschaftlerin ist für den Lieferservice des großen Betriebes im Norden von Berlin zuständig. Durch Nachfragen und erste Gedankenspiele gab die Kundschaft den Anstoß dafür, unverpackt weiter zu denken. Das Ergebnis sind inzwischen mehr als 4.000 Weckgläser, die mit den wöchentlich 2.500 Abokisten von Brodowin aus in die Hauptstadt und deren Umland geschickt werden. „Das wurde ganz hervorragend aufgenommen“, betont Rutscher. Für die Abokund*innen bestellt sie nun große 25-Kilo-Gebinde von Bauck-Flocken, Spielberger-Nudeln, Basmatireis, Linsen, Sultaninen und buntem Pfeffer, füllt Portionen ins Glas, klebt Etiketten samt Code drauf und fertig ist das eigene Pfandsystem. Jetzt liefern die Fahrer nicht nur frisches Gemüse und Milchprodukte von Brodowin an die Berliner Kunden, sondern auch Haferflocken, Gewürze, Cornflakes und Reis im Weckglas. Verpackungsmüll sparen ist also machbar.
Zufall oder Statement, dass alle diese Geschichten auf ökologischen Höfen leben? Vielleicht liegt es daran, dass es in der Biobranche zum Selbstverständnis gehört, Fragen zu stellen und nach eigenen Antworten zu suchen? Und sicherlich kein Zufall, dass alle diese Geschichten auf Höfen spielen, die Kunden der GLS Bank sind. Der Anspruch ans eigene Handeln ist eben hoch und wird möglichst ganzheitlich auf all den verschiedenen Ebenen umgesetzt: bei den Finanzen, der Ausbildung, der Menschenführung, beim Umgang mit Tier, Pflanze, Boden und Kosmos. So verbinden sich Nachdenklichkeit und sinnvolles Tun, meinen sicherlich nicht nur die vier jungen Frauen vom Linkehof, vom Siebengiebelhof, vom Dannenberger Hof und aus Brodowin.
Bildung für die Landwirtschaft von morgen! – Ein Spendenaufruf der Zukunftsstiftung Landwirtschaft
Junge Menschen mit Begeisterung und Engagement sind die wesentlichen Voraussetzungen für eine nachhaltige Agrarkultur. Deswegen hat die Zukunftsstiftung Landwirtschaft der GLS Treuhand einen Spendensammelfonds, den Bildungsfonds Landwirtschaft, eingerichtet. Dadurch werden Initiativen, die Kindern wieder mehr landwirtschaftliche Erlebnisse ermöglichen oder jungen Praktiker*innen eine alternative Ausbildung bieten, unterstützt. So können diese mit frischen Ideen auf die Höfe gehen und die Zukunft gestalten, so wie Stella Monse vom Linkehof im obigen Artikel. Unterstützen Sie mit Ihrer Spende die Arbeit des Bildungsfonds Landwirtschaft und damit die Zukunft der ökologischen Landwirtschaft.
Kontoverbindung Bildungsfonds Landwirtschaft
Kontoinhaber: Zukunftsstiftung Landwirtschaft
BIC: GENODEM1GLS
IBAN: DE07 4306 0967 0030 0054 11
Link zur Online-Spende: www.zukunftsstiftung-landwirtschaft.de/online-spende
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[green_box]Ein Artikel aus dem GLS Kundenmagazin Bankspiegel zum Thema „Neu denken – So geht Transformation“. Diesen und viele andere spannenden Artikel finden Sie im Blog. Alle Ausgaben des GLS Bankspiegel als PDF finden Sie unter: https://www.gls.de/bankspiegel/. [/green_box]
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