Um die soziale und ökologische Wirkung ging es der GLS Bank schon immer. Jetzt steht ein Quantensprung an.
Von Jörg Weber, Ecoreporter
Mehr als Zinsen und Rendite. Viel mehr. Das ist es, was Kunden*innen von ihrer GLS Bank erwarten. Aus jeder Steckdose in Deutschland kommen heute im Durchschnitt über 40 Prozent grüner Strom? Ja — auch, weil die GLS Bank mit ihren Kunden*innen die erste Windkraftanlage in Deutschland und Tausende weitere Erneuerbare-Energien-Projekte finanziert hat. Biolebensmittel auf vielen Tellern? Die Bank ermöglichte die ersten Biobauernhöfe und löste den Trend mit aus. Alternative Schul- und Bildungsformen? Natürlich, die GLS Bank finanzierte das von Anfang an. Kennt die GLS Bank also die Wirkung ihrer Kredite? Ja, sie berichtet seit Jahrzehnten in einzigartiger Transparenz darüber, wohin das Geld fließt. Und nein: Nicht jede Wirkung ist eindeutig, es ist nicht alles erfragt, es ist nicht alles bekannt. Bisher.
Was will die GLS Gemeinschaft?
Jan Köpper leitet den neuen Bereich Wirkungstransparenz und Nachhaltigkeit der GLS Bank. „Wir sind in einer spannenden Phase mit experimentellem Charakter. Und das soll ruhig noch eine Weile so fortbestehen. Denn wir wollen den gründlichen Austausch mit Kunden*innen, Mitgliedern und Mitarbeiter*innen über unsere gemeinsamen Zielsetzungen.“ Damit wird klar: Die GLS Bank untersucht nicht nur, was mit dem Geld der Kunden*innen in der realen Welt dort draußen geschieht. Sie geht vielmehr gleichzeitig den Fragen nach, was denn die GLS Gemeinschaft insgesamt will, welche Ziele sie hat, welche gesellschaftliche Veränderung sie anstrebt. Nach dem Motto des GLS Gründers Wilhelm Ernst Barkhoff: „Die Angst vor einer Zukunft, die wir fürchten, können wir nur überwinden durch Bilder von einer Zukunft, die wir wollen.” Köpper und sein Team haben daher zunächst einmal die große Frage „Was bewirkt die GLS Gemeinschaft?“ in handhabbare Portionen aufgeteilt. „Wir haben für die sechs Kreditbranchen der GLS Bank zentrale Zukunftsbilder entwickelt“, erläutert Köpper: also für erneuerbare Energien, Wohnen, Soziales & Gesundheit, Bildung & Kultur, Ernährung sowie für nachhaltige Wirtschaft.
Bei Soziales & Gesundheit etwa geht es um Betreuungsqualität und Selbstbestimmung. Um darzustellen, wie weit Ziele erreicht werden, gibt es Indikatoren: Beispielsweise für Altenheime sind das die Anzahl der Pflegeplätze, die Fluktuation der Mitarbeiter*innen, aber auch die Umgebungsqualität. Nicht alle Indikatoren werden also in Zahlen erfasst. Im möglichst ganzheitlichen Sinne und mit Tiefenschärfe geht es auch um Qualitäten.
Widersprüche reizen
Für die erneuerbaren Energien sind die Überschriften des Zukunftsbildes: 100 Prozent erneuerbar, bürgernah, dezentral, mit Akteursvielfalt, effizient und innovativ. Klingt plakativ, aber im Detail steckt die Herausforderung: „Manchmal kommt es bei Zukunftsbildern zu Widersprüchen“, erläutert Köpper. „Beispielsweise Bürgernähe. Was heißt es für uns, wenn Anwohner*innen gegen einen geplanten Windpark klagen?“ In einem solchen Fall, so Köpper, müsse sich die Bank fragen, wie bürgernah sie denn sei, wenn sie das Projekt finanziere. „Wie gehen wir damit um, dass einem positiven Beitrag zur Energiewende ein potenziell negativer Effekt auf die Gemeinschaft vor Ort gegenübersteht? Eine ganz wesentliche Frage. Denn dann sind wir mit Lösungsansätzen herausgefordert, die wir anbieten und stärken können“, resümiert Köpper, und man glaubt ihm, dass ihn solche Widersprüchlichkeiten eher reizen und anspornen als bremsen.
Marion Amelung koordiniert in der Bank die Branche Bildung & Kultur. Sie beschäftigt sich seit Langem mit dem Thema Wirkung. „Das beginnt schon mit der Überlegung, um welche Werte es uns eigentlich geht“, sagt sie. Sie hat häufig mit Qualitätsfragen zu tun. „Wenn wir den Bau einer neuen Schule finanzieren, sehen wir uns an, wie viele Schulplätze das schafft oder wie der Betreuungsschlüssel für die Kinder ist.“ Es entstehen Zahlen, die Wirkung belegen. Die sind aber nur ein Teil der Realität. Denn sie beschreiben nicht die Qualität von Bildung und Kultur. Amelung fragt daher beispielsweise auch, ob es Inklusionskonzepte gibt, Projektangebote zu den Themen Umwelt und Ernährung oder Weiterbildungsangebote für die Lehrer*innen. Denn daran wird ein qualitativer Unterschied deutlich.
„Du bist mir wichtig!“
Zusammengefasst wird alles in einem Wirkbericht, der auch in die Kreditentscheidung einfließt. Sowohl die Kreditnehmer*innen als auch die Bankmitarbeiter*innen können anhand des Berichts nachvollziehen, wo und wie sie gesellschaftliche Veränderungen vorantreiben. Mit den Kreditnehmer*innen habe man auch früher über diese Themen gesprochen, sagt Amelung. Aber jetzt geschehe das noch strukturierter und differenzierter, weil auch „weiche“ Qualitätsfaktoren nach einem klaren Konzept erfasst würden. Dadurch könne man Kreditanfragen ganzheitlicher betrachten und zielgerichteter mit den Anfragenden kommunizieren. „Das alles zeigt unseren Kreditnehmern deutlich: Du bist mir wichtig — und auch das, was du tust“, sagt Amelung.
Auch für Köpper ist der Austausch mit den Kreditnehmer*innen der entscheidende Punkt: „Wir machen uns gemeinsam auf die Reise, machen uns gegenseitig mündig hinsichtlich der Wirkung unserer Arbeit. Dabei steigen wir möglichst weit in die Lebenswelten der von uns finanzierten Unternehmen und Initiativen ein.“ Die Ergebnisse sollen für alle Kundinnen und Kunden immer mehr sichtbar werden. Die Kreditliste im Bankspiegel etwa wird dann auch die Wirkung der Finanzierungen ausweisen. Geplant sind Wirkberichte zu den einzelnen Branchen. Auf der neuen Plattform futopolis.gls.de, auf Veranstaltungen — überall, wo die GLS Gemeinschaft zusammenkommt, wird ihre Wirkung immer deutlicher werden. Denn es geht um mehr als Zinsen und Rendite. Es geht um nichts weniger als unsere gemeinsame Zukunft.
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[green_box] Ein Artikel aus dem GLS Kundenmagazin Bankspiegel. Diesen und viele andere spannenden Artikel finden Sie im Blog. Alle Ausgaben des GLS Bankspiegel als PDF finden Sie unter: https://www.gls.de/bankspiegel/. [/green_box]
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