Ein Besuch im Heilpflanzengarten von Weleda, Pionier der Naturkosmetik und der anthroposophischen Medizin.
Von Antje Tönnis, GLS Bank
Die Schwäbische Alb kenne ich noch aus meinem Geographiestudium. Ich denke an Schichtstufen – eine geologische Formation mit steilem Anstieg auf einer Seite und flachem Abfall auf der anderen. Überall auf den Bergen und in den Tälern sind unterschiedliche Böden. Demensprechend vielfältig ist auch die Pflanzenwelt – und Diversität ist das große Thema mit dem ich hierher zum Weleda-Garten nach Schwäbisch Gmünd gefahren bin. Was ich gleich beim Eintritt sehe ist märchenhaft. Egal, in welche Richtung mein Blick schweift, überall ist etwas anderes: pralle Fetthenne, orange leuchtende Ringelblumen, strahlend-gelbe Sonnenblumen und Beete, die nur so vor Blütenvielfalt strotzen. Ich treffe den Verantwortlichen für diese Blumenpracht, Michael Straub. Er leitet den Heilpflanzengarten. Auch Martina Brommer, zuständig für die den Artenschutz, ist gekommen. Zum Glück haben wir uns um 8 Uhr morgens verabredet, denn es ist einer der heißen Tage im Rekordsommer 2018.
Ich höre zunächst ein paar Fakten: Auf 23,5 ha wachsen viele der Pflanzenarten, die Weleda für seine Medikamente und Kosmetik braucht. Verblüffend: Versammelt sind hier 1.000 verschiedene Arten. Geerntet und verarbeitet werden aber nur 130. Die Übrigen stabilisieren das Biotop – und dienen der Zierde.
Der Überfluss wächst wild an den Rändern der Beete oder in eigenen Blühstreifen. Das trägt dazu bei, die Anzahl der schädlichen Insekten zu minimieren. Mich beeindruckt, wie die Gärtner*innen das schaffen. Bestimmte nützliche Insekten fühlen sich von den blühenden Pflanzen angezogen. Sobald ich näher an ein Beet trete, höre ich lautes Summen. Die Nützlinge fressen die Schädlinge von den Heilpflanzen. Auch wenn immer wieder einzelne Schädlinge auftauchen, sie können sich kaum vermehren. Darum kommt es auch nicht zu großen Schäden. Die Gärtner*innen verstehen ihren Garten als lebendigen Organismus. Die einzelnen Teile haben Einfluss aufeinander, die Vielfalt stabilisiert das Ganze. Über den Garten verteilt finden sich vier Kilometer Hecken, Nisthilfen und begrünte Dächer. Was aus der natürlichen Kläranlage in einen Teich fließt hat Trinkwasserqualität. Ich fühle die Verbundenheit mit der Natur und den Respekt vor ihr.
Der Garten wird mit biologisch-dynamischen Methoden bewirtschaftet, Chemieeinsatz ist tabu. Die Gärtner*innen setzten die biologisch-dynamischen Präparate ein, die grob mit homöopathischen Mitteln vergleichbar sind. Die Pflanzen auf dem Feld bekommen zum Beispiel Unterstützung durch sogenannten Hornkiesel: zur Blattspreize, zur Blütenbildung, zur Ausreifung. Auch der Kreislauf ist wichtig. Alles was nach der Extraktion der Pflanzen übrig bleibt, wird darum kompostiert. Das Ergebnis wird dann auf den Feldern ausgebracht. So kommen die Pflanzen auch nach Ihrer Verwertung zurück in den Garten.
Die Heilpflanzen werden im Garten systematisch wie in der Natur angebaut. Wie wächst die Pflanze wild, wie sind Klima, Boden, was wächst drum herum? Diese Konstellation wird dann im Garten imitiert. Das ist kaum besser zu erleben, als im „Schattentunnel“. Der heißt so, weil er Waldboden und -klima nachahmt. Als ich den Tunnel betrete, bin ich tatsächlich in einer anderen Welt. Es ist gleich viel kühler, feuchter und dunkler. Michael Straub: „Im Herbst sammeln die Gärtner an anderer Stelle Laub auf und bringen es in den Tunnel. Weil Waldpflanzen es gerne feucht haben, wird auf das durchlässige, bewachsene Dach Wasser gesprüht. Damit versuchen wir, den Pflanzen das zu bieten, was ihnen der Wildstandort auch bietet“. „Es ist einfach notwendig, dass die Pflanze gerne hier wächst“ ergänzt Martina Brommer. „Nur dann kann sie die Inhaltstoffe ausbilden, die in der Medizin und Kosmetik so wesentlich sind.“
Weiter geht es zu einem echten Popstar, dem Calendulafeld. Die orange blühenden Pflanzen werden wegen ihres gekrümmten Samens auch Ringelblume genannt. Die Gärtner*innen haben nach dem Ernten bewusst etwas stehen gelassen, für die Insekten und für die Schönheit. Martina Brommer beschreibt, wie sie das Feld am Morgen wahrnimmt. Zunächst sind die Pflanzen noch etwas geschlossen, dann geht die Sonne auf und die Pflanze strahlt ihr geöffnet entgegen. Das Sonnige und Erhellende überträgt sich dann auch auf die eigene Stimmung. Brommer: „Wenn man sich mit Wahrnehmungsübungen beschäftigt und mit Pflanzensignaturen, wird man offener und sensible. Man nimmt die Pflanze in die Hand und fragt, was spüre ich da? Da kann man schon ganz schön was erleben!“ Bei der Calendula lässt sich die Wirkkraft der Medizin an der Pflanze tatsächlich erleben. „Wenn man die Blüten erntet, sieht man, wie die Pflanze ihre Wundstelle gleich wieder verschließt, die Stelle ist harzig oder klebrig. Der einfache Rückschluss auf eine der Wirkkräfte der Calendula: Sie verschließt und heilt Wunden“.
Nachdem ich in dieser Art einige Pflanzen im Garten kennenlernen durfte machte ich mir auf meiner Rückfahrt deutlich: All diese Pflanzen verlassen nach ihrer Ernte und Weiterverarbeitung die Schwäbische Alb und ziehen als Inhaltstoffe der Produkte weiter – auf alle fünf Kontinente in über 50 Länder, zur Pflege und Heilung der Menschen.
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