Geld für die Wohnungsrenovierung, Schulgebühren oder das eigene Geschäft, arme Menschen haben ganz ähnliche Finanzbedürfnisse wie Menschen in Ländern mit hohem Wohlstand. Der GLS Mikrofinanzfonds bringt Geld dorthin, wo es gebraucht wird.
Vor Kurzem hat die Finanzaufsicht den GLS Alternative Investments – Mikrofinanzfonds für private Anlegerinnen und Anleger in Deutschland zugelassen. Für die GLS Bank ist damit ein Meilenstein in ihrer „Fondsgeschichte“ erreicht. Wir sprachen mit Damian Pilka vom Vermögensmanagement. Er hat den Fonds mitentwickelt. Nach seinem Studium der Finanzwirtschaft arbeitete er viereinhalb Monate als Freiwilliger bei einer Nichtregierungsorganisation (NGO) in Indien, die auch Mikrofinanz umsetzte. Bei der GLS Bank beschäftigt er sich seit zwei Jahren intensiv mit dem Thema.
Warum ist der GLS Alternative Investments – Mikrofinanzfonds so etwas Besonderes für die GLS Bank?
Zunächst einmal handelt es sich dabei um einen Alternative Investment Fonds (1), der für Privatkunden zugelassen ist. Diese Fonds bieten in Deutschland nur eine Handvoll Emittenten an.
Vor allem aber können wir jetzt viel mehr tun, weil wir näher dran sind. Wir sprechen selbst mit den Mikrofinanzinstituten (MFI), Vertretern anderer Mikrofinanzfonds, von NGOs oder von Arbeitnehmerorganisationen wie der International Labour Organization (ILO). Was wir hier erfahren, können wir in unser Anlagekonzept einfließen lassen.
Welche Ziele sollen mit dem Fonds erreicht werden?
An erster Stelle geht es darum, über Mikrofinanzangebote die Lebensumstände armer Menschen zu verbessern. Deshalb haben wir die Fondsziele ganz bewusst nicht auf die Bereitstellung von Kapital an Kleinstunternehmen beschränkt, was ja eher das klassische Verständnis von Mikrofinanz ist. Die Lebensumstände können sich nämlich auch dadurch verbessern, dass man eigenen Wohnraum hat, die eigene Herde vergrößern oder sich landwirtschaftliche Geräte oder Acker kaufen kann. Mögliche kritische Entwicklungen wie Überschuldung berücksichtigen wir, indem wir als weiteres Ziel festgelegt haben, dass die Marktsättigung während des Investitionsprozesses auf unterschiedliche Weise berücksichtigt wird.
Was macht den GLS Alternative Investments Mikrofinanzfonds für private Anlegerinnen und Anleger interessant?
Mit dem Investment in den Fonds kann der Anleger die beschriebenen Ziele unterstützen.
Wie alle anderen Anlageangebote der GLS Bank auch unterliegt der Mikrofinanzfonds strengen Anlagekriterien (Positiv- wie Negativkriterien). Darüberhinaus achten wir, wie bereits gesagt, auf die Sättigung einzelner Märkte. Grundsätzlich gilt: umso gesättigter der Markt, umso mehr Positivkriterien muss das MFI erfüllen. Das heißt: Wir versuchen Geld verstärkt dorthin zu bringen, wo es benötigt wird. Unabhängig von diesen Kriterien werden Kundenschutz und Produktklarheit geprüft.
Es gibt natürlich auch einen monetären Anreiz für die Anlegerinnen und Anleger. Nach Abzug aller Kosten kann eine Rendite zwischen 2 bis 3 Prozent pro Jahr erzielt werden. Jedoch gilt auch hier der Zusammenhang zwischen Risiko und Rendite.
Wie sieht der „Lauf des Geldes“ im Fonds aus?
Der Kunde zeichnet die Fondsanteile über die GLS Bank. Das Geld befindet sich nun im Fonds. Aus diesen Geldern stellt der Fondsmanager den ausgewählten MFIs Kapital zur Verfügung. Die MFIs vergeben hieraus Mittel an ihre Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer.
Das Mindestvolumen der Kredite an die MFI beträgt 500.000 Euro. Ein einzelnes MFI darf aber maximal 10 Prozent des Fondsvolumens ausmachen. Die üblichen Kreditgrößen im Mikrofinanzmarkt bewegen sich zwischen 1 und 5 Millionen Euro.
Endkreditnehmer erhalten Kredite zwischen 20 Euro und 10.000 Euro. Der Fonds investiert weltweit. Es gibt große Unterschiede beim Finanzbedarf. Im Kaukasus oder in Peru ist er deutlich größer als in Indien.
Wofür verwenden die einzelnen Kreditnehmer das Geld?
Einerseits ganz klassisch, um sich mit einem kleinen Geschäft oder Unternehmen selbstständig zu machen. Sie finanzieren damit aber auch Wohnraum, Fahrzeuge, kaufen einen Wasserkocher, eine Solaranlage, Ackerboden oder Saatgut. Der Fachbegriff ist finanzielle Inklusion, also Zugang zu den wesentlichsten, einfachen Finanzdienstleistungen. Ein Konto oder der Zugang zu Krediten bringt zunächst einmal niemanden aus der Armut, aber ohne Konto bleibt man in unserem Wirtschaftssystem außen vor. Auch wenn MFI Sparangebote anbieten, begrüßen wir das sehr. Viele MFI dürfen das allerdings vom Gesetz her nicht, weil sie nicht als Bank zugelassen sind. Deshalb haben wir das Vorhandensein von Sparangeboten als Positivkriterium aufgenommen, das bei gesättigten Märkten geprüft wird.
Wie wird sicher gestellt, dass das investierte Geld im Sinne der Anlegerinnen und Anleger verwendet wird?
Vor der Kreditvergabe verschafft sich der Kreditbetreuer des Fondsmanagements vor Ort einen persönlichen Eindruck vom jeweiligen MFI Management. Anschließend besucht er eine vorher nicht genannte Niederlassung und prüft, wie verständlich z. B. die Kreditverträge formuliert sind. Zuletzt versucht der Kreditbetreuer noch, mit einigen Endkreditnehmer/innen zu sprechen. Diese erste Prüfung ist schon sehr umfangreich. Hinzu kommen weitere Prüfungen, um etwa Geldwäsche zu verhindern.
Das Ergebnis wird in einem „Investment Proposal“ zusammengefasst, in dem auch auf die Erfüllung bzw. Nichterfüllung unserer GLS Kriterien eingegangen wird.
Was passiert bei kritischen Hinweisen zum Verhalten eines MFI?
Im Zuge des Investitionsprozesses nimmt sich das Fondsmanagements bereits viele mögliche sogenannte „Kontroversen“ vor. Wenn wir einen Hinweis erhalten oder selbst etwas feststellen, z. B. einen Verdacht auf unlautere Geschäftspraktiken, geben wir das an die FSFS weiter. Wichtig ist uns der offene Austausch mit dem entsprechenden Partner, deshalb erfolgt auch eine Rücksprache mit dem MFI. Ist tatsächlich ein Negativkriterium erfüllt und das MFI schafft keine Abhilfe, wird mit dem Institut kein weiteres Kreditgeschäft mehr gemacht. Eine direkte Disinvestition ist nicht möglich, da es sich um längerfristige Kreditverträge handelt.
Wie immer im Leben lassen sich nicht alle Fälle in Schwarz und Weiß unterscheiden. Wir und das Fondsmanagement müssen daher abwägen, ob die positiven Aspekte eines Partners überwiegen oder eben nicht.
Garantiert Mikrofinanz Entwicklung?
Nein. Mikrofinanz alleine ist keine Garantie für Entwicklung oder Armutsreduzierung. Um Armut erfolgreich zu bekämpfen, braucht es Investitionen vor Ort in Infrastruktur, Gesundheit, Ausbildung und Bildung. Auch durch Schenkgeld geförderte Aktivitäten von NGOs werden nicht durch Mikrofinanz ersetzt. Wenn aber der Zugang zu Finanzdienstleistungen gänzlich fehlt, kann die Armutsbekämpfung scheitern.
(1) Bei Fonds unterscheidet man zwischen OGAW (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren), die in Kapitalmarkt- und kapitalmarknahe Instrumente investieren können, u.a. Wertpapiere, Geldmarktinstrumente und Bankguthaben, und Alternative Investments, die darüber hinaus auch in Darlehen investieren oder Beteiligungen eingehen können.
Mehr Infos
2014 gab es weltweit rund 100 Mikrofinanzfonds, die rund 9,9 Milliarden US Dollar verwalteten.
Schreibe einen Kommentar