Die Sophie-Scholl-Schulen schaffen das scheinbar Unmögliche: ein konsequent inklusives Umfeld, in dem sich alle Kinder willkommen fühlen können.
von Friederike Mayer
Sophie Scholl wurde nicht als Widerstandskämpferin geboren. Sie wuchs vor über hundert Jahren in einem christlich-humanistisch geprägten Zuhause auf. Ihre Erziehung mag ein Grund dafür gewesen sein, dass aus anfänglicher Begeisterung bald Ablehnung wurde: Sophie erkannte, dass ihre Ideale und eine Haltung, die jeden Menschen respektiert, mit der Ideologie der Nationalsozialisten unvereinbar waren. Die Sophie-Scholl-Schulen in Hessen tragen ihren Namen in Erinnerung an die mutige, junge Frau, die von den Nationalsozialisten ermordet wurde.
Es sind inklusive Schulen, an denen Vielfalt zum Alltag zählt: Mit einem reformpädagogischen Ansatz lernen dort Kinder mit Behinderung gemeinsam mit Kindern ohne Behinderung. Inklusion ist hier nichts, was mühsam in den Schulalltag integriert werden muss, sondern gehört zur DNA der Schule. Als erste inklusive Ganztagsschule in der Region wurde im Jahr 1998 die Grundschule von der Lebenshilfe Gießen gegründet, später kamen eine Sekundarstufe und eine weitere Grundschule in Bad Nauheim hinzu. Die Schülerzahlen sind über die Jahre immer weiter gestiegen, heute lernen insgesamt circa 600 Kinder und Jugendliche an den Schulen.
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Vielfalt als Norm
Es gibt jahrgangsgemischte Stufen und pro Klasse bis zu fünf Kinder mit besonderem Förderbedarf. „Wir schicken unser Kind auf die Sophie-Scholl-Schule, weil wir eine Umgebung wollen, in der Kinder so angenommen werden, wie sie sind“, sagt Jörg T., ein Vater. „Das Kind wird gesehen“, sagt auch Tabea S., Mutter eines Grundschulkindes in Gießen. „Schule macht Spaß und ist nicht nur Druck und Leistung.“ Wenn Vielfalt die Norm ist, kann es kein Kind geben, das von ihr abweicht.
Warum aber gelingt hier, was an anderen Schulen schwierig scheint? Voraussetzungen dafür seien die kleinen Klassen mit nur 22 Schülerinnen und mehr Personal, so Geschäftsführer Patrik Mähling. An den drei Standorten arbeiten rund 250 Lehrkräfte, Erzieherinnen, Sozialpädagog*innen, Heilerziehungspflegende und Teilhabeassistent*innen in multiprofessionellen Teams.
Mehr zu den Sophie-Scholl-Schulen
Drei Schulen: Zu den Schulen gehören eine Grundschule und eine integrierte Gesamtschule in Gießen sowie eine Grundschule in Bad Nauheim. Die Schulen sind unter einer gemeinnützigen GmbH vereint: Die Sophie-Scholl-Schulen gGmbH ist eine Tochtergesellschaft der Lebenshilfe Gießen e.V. und der Lebenshilfe Wetterau e.V. Die Sophie-Scholl-Schulen sind langjährige Kundin der GLS Bank. Die Bank hat unter anderem eine Turnhalle sowie den Bau des Mittelstufentrakts mitfinanziert.
Gefördert werden sollen hier alle Schüler*innen – ob hochbegabt oder mit einer geistigen Behinderung. Doch eine Schule so auszurichten, kostet Geld. Die Schulen finanzieren sich durch staatliche Förderung und das Schulgeld der Eltern, das einkommensbasiert berechnet wird. Der Mindestbetrag liegt bei 70 Euro im Monat, man wolle allen Kindern einen Schulbesuch ermöglichen, sagt Mähling.
Auf die Frage, was ihm an der Schule gefällt, antwortet Tammo, neun Jahre: „Dass es hier so viele Kinder mit Behinderung gibt und allen so toll geholfen wird.“ Und Alina, acht Jahre, bestätigt: „Die Erwachsenen sind da, wenn man sie braucht.“ Es geht um selbstständiges Lernen, um soziale Kompetenzen, um mehr als reine Wissensvermittlung. Das gemeinsame Mittagessen für alle Kinder, der Ganztag und projektorientiertes Lernen sind feste Säulen der Schulen. An den Grundschulen gibt es einen ganzen Projektarbeitstag für Bildung für nachhaltige Entwicklung und auch Demokratie- und Medienbildung sind wichtige Schwerpunkte.
Raum für Vielfalt

Vielfalt steht unter Druck, obwohl eine artenreiche Natur, eine diverse Gesellschaft und eine vielseitige Wirtschaft unverzichtbare Lebensgrundlagen bilden. Die GLS Bank schafft Raum für Vielfalt – nicht erst jetzt, aber jetzt erst recht. Unser Schwerpunkt zeigt, wo es schon gelingt und wo Herausforderungen liegen.
Mehr als reine Wissensvermittlung
Diese Inhalte mit den staatlichen Lehrplänen und dem inklusiven Anspruch zusammenzubringen, sei immer wieder herausfordernd, sagt Mähling. Es funktioniere durch das Miteinanderlernen und durch reformpädagogische Kreativität. Statt standardisierter Konzepte werde ausprobiert. Was in einer Klasse nicht funktioniert, könne für eine andere genau richtig sein. Das könnten die Kinder und Jugendlichen selbst am besten beurteilen: „Schließlich geht es um ihre Bedürfnisse.“
Radical Transformation: Buch zu gewinnen!
„Radical Transformation. Wie das Wissen über Gefühle die Welt verändern kann“: In ihrem neuen Buch thematisiert GLS Kundin Lisa Jaspers mit ihren Co-Autor*innen Naomi Ryland und Soraida Velazquez Reve den Dreiklang Spüren, Fühlen, Verbinden als Schlüssel zu Veränderung. Für die Teilnahme an der Verlosung sende bis 31. Januar 2026 eine E-Mail mit dem Betreff „Radical Transformation“ an: redaktion@gls.de
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