Seit Herbst 2018 positioniert sich die GLS Bank immer deutlicher für den Klimaschutz, am 20.09. war sie beim Klimastreik dabei.
Tom Jost, der die Entwicklung der Bank schon länger verfolgt, zieht eine Zwischenbilanz.
So kannten die Medien Thomas Jorberg noch nicht. Zwar hatte der GLS Bank Vorstandssprecher bei den Bilanzvorstellungen zum Jahresanfang stets auch politische Themen angerissen. Sie betrafen allerdings meist die Finanzwirtschaft. Im Januar 2019 überraschte Jorberg die Journalisten mit einem Diagramm zum CO2-Ausstieg: „Durch weiteres Warten verschlimmert sich alles“, resümierte er und forderte dringlich eine CO2-Abgabe. Jetzt sei es noch mit 40 bis 50 Euro pro Tonne machbar. Wenn man wartete, müsse man aber „mit deutlich mehr als 100 Euro beginnen“. Wohl nur wenige Medienleute haben in diesem Moment realisiert, dass sie Zeugen eines Wandels geworden sind. Bei einer Bank, die von Beginn an gesellschaftliche und ökologische Anliegen unterstützte, freilich mit den Mitteln einer Bank, also mit Geld. Diese direkte Ansage Jorbergs aber hatte eine neue Qualität.
Tweet an die Deutsche Bank
Wer die sozialen Medien verfolgt, konnte dies bereits im letzten Herbst feststellen, als mit der Räumung des Hambacher Waldes begonnen wurde. Zur Unterstützung besetzten Aktivisten eine Filiale der Deutschen Bank. Johannes von Streit, ein junger GLS Mitarbeiter, bekam die Aktion kurz vor Feierabend mit und twitterte gleich: „Liebe Kollegen der Deutschen Bank, wir erklären euch gerne, wie sich solch nervige Zwischenfälle vermeiden lassen. Herzliche Grüße aus Bochum auch im Namen eurer Nachkommen.“ Der Tweet wurde 250-mal geteilt und erzeugte Reaktionen wie „Danke! Hätte nie gedacht, dass ich mal einer Bank danke.“ Von Streit räumt ein, dass der Tweet „völlig aus der Hüfte“ gekommen sei. Er habe sich aber bestärkt gefühlt, weil Jorberg am Vortag per YouTube RWE für dessen Braunkohlepolitik kritisiert hatte: „Das ist an Rückwärtsgewandtheit nicht mehr zu überbieten.“
Wenig später charterte die GLS Bank zwei Busse aus Bochum zur Großdemo am „Hambi“. Ihr Motiv? „Die Erkenntnis, dass es jetzt existenziell wird“, sagt GLS Vorständin Aysel Osmanoglu. „Die Konsequenz des Handelns leitet sich daraus ab, dass die Lebensgrundlagen der kommenden Generationen gefährdet sind.“ Osmanoglu und ihre Kolleg*innen im Vorstand diskutierten die Rolle der Bank als ein Bestandteil von Ecosystemen, was immer wieder auch bedeutet, Eigeninteressen für Gemeinschaftsanliegen zurückzustellen.
Ein Rechtshilfefonds für Fridays
Ein weiterer Anstoß dazu kam von Fridays for Future (FFF). Im März wurden den Schüler*innen erstmalig Bußgelder angedroht. Die GLS Bank startete eine Crowd-Aktion und mobilisierte schnell mehrere Zehntausend Euro. Es ging dabei um mehr als um Geld: Die Streikenden erfuhren Solidarität und Wertschätzung. Die Verfügung über das Geld wurde fünf FFF-Aktivist*innen übertragen. „Gott sei Dank passiert bisher nur selten etwas“, sagt Luisa Neubauer, eine der FFF-Köpfe, die auch bei der GLS Jahresversammlung im Juni auftrat. „Aber wir sind froh über diesen Puffer. Aus dieser Richtung droht jetzt keine reelle Gefahr mehr.“
Während FFF von Teilen der Politik heftig kritisiert wurden, festigte sich die Verbindung zur GLS Bank. Noch bevor die Fridays zum großen Klimastreik am 20. September 2019 aufriefen, vereinbarten sie mit der Bochumer Bank, dass dieses Mal auch Unternehmen mobilisiert werden sollten. Als erstes Unternehmen gab die GLS dann bekannt: Wir streiken mit. Gleichzeitig startete man mit der Werbeagentur Grey die Kampagne #NichtMeinErbe — mit dem Erfolg, dass im September viele Tausend Unternehmen auf der Straße waren.
Taten müssen folgen
Wie war das für FFF, als sie plötzlich Unterstützung aus Kreisen bekommen haben, denen sie sonst eher kritisch gegenüberstehen? Etwa vom Axel-Springer-Verlag, der seiner Belegschaft Freizeit für die Demoteilnahme gewährte? „Ist natürlich spannend, wenn sich solche Unternehmen an diese Klimastreikfragen ranschmiegen“, sagt Neubauer. „Gleichzeitig sollte ihnen bewusst sein, dass man sich lächerlich macht, wenn auf schöne Worte und Bilder keine Taten folgen.“ Zuvor hatte FFF die Unterstützung der Arbeitgeberlobbyorganisation Neue Soziale Marktwirtschaft harsch abgelehnt, solange keine klare Kurskorrektur erfolge.
Politischer Stillstand und „Jetzt erst recht!“
Inzwischen ist der 20. September Geschichte. Mehr als 1,5 Millionen Menschen haben demonstriert, darunter die Belegschaft der GLS Bank. Neubauer verhehlt ihre Enttäuschung allerdings nicht. Zwar seien noch nie so viele Menschen auf die Straße gegangen und würden sich engagieren, „aber reell erleben wir einen politischen Stillstand, den man kaum aushalten kann. Wir werden zunächst die unbequemen, ungeduldigen jungen Menschen bleiben, die in den Augen vieler die Wirtschaft und die Politik nicht so recht verstanden haben. Tausendmal mächtiger in den Ohren der politischen Entscheidungsträger ist darum ein Aufschrei der Wirtschaft, Unternehmen, die sagen: ‚By the way — auch wir fordern Klimaschutz ein!‘ In allen Ausmaßen, die es braucht.“
„Wir brauchen wir eine veränderte politische Führung.“
Wie reagierte die GLS Bank auf das Klimapaket? Noch am Demonachmittag veröffentlichte sie eine Pressemeldung, in der Thomas Jorberg feststellte: „Wenn angesichts der fortschreitenden Klimakatastrophe, klarer Forderungen aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft, der jungen Generation und der Wirtschaft nur ein solches Klimapaket möglich ist, dann brauchen wir eine veränderte politische Führung.“ Am 29. November 2019 findet jetzt der nächste Klimastreik statt. Gemeinsam mit anderen Unternehmen hat die GLS Bank dazu eine Positionierung gegen das Klimapaket formuliert. Denn große Teile der Wirtschaft sind weiter als die Politik.
Und ihr?
Werdet laut. Geht zur Klimademo!
Es reicht. Klimaschutz jetzt und für alle.
[button link=“https://blog.gls.de/bankspiegel/wirkung-was-die-welt-wirklich-voranbringt/“ color=“green“]Zurück zum Bankspiegel 2019/2 Inhaltsverzeichnis[/button]
[green_box]Ein Artikel aus dem GLS Kundenmagazin Bankspiegel. Diesen und viele andere spannenden Artikel finden Sie im Blog. Alle Ausgaben des GLS Bankspiegel als PDF finden Sie unter: https://www.gls.de/bankspiegel/. [/green_box]
Lest auch
Schreibe einen Kommentar