Öko nach Vorschrift

Michael Kopatz schlägt die „Ökoroutine“ vor. Dann machen wir die Welt besser und merken es gar nicht. Der Konsument allein schaffe das nicht.

Lieber Herr Kopatz, Sie stellen auf einer Lesereise durch unsere Filialen ihr Buch „Ökoroutine“ vor. Was steckt hinter dem Titel?
Ich würde es übersetzen mit „Strukturen ändern statt Menschen“. Wir haben uns jetzt über 30 Jahre vergeblich bemüht, die Leute davon zu überzeugen, ihr Umwelt- und Konsumverhalten grundlegend zu ändern. Das fällt allen unermesslich schwer. Gründe dafür gibt es viele, aber einer ist ganz banal. Jeder denkt sich: Warum soll ich alleine auf mein Auto verzichten oder weniger damit fahren, wenn alle anderen weiter machen wie bisher? Es ist ganz rational, individuell so zu denken.

Das Problem ist, dass alle anderen das auch tun und wir kollektiv zu einem irrationalen Ergebnis kommen. Niemand will die globale Erwärmung. 95 Prozent der Bürger halten Klimaschutz für eine sinnvolle Sache. Nur im Alltag fällt er uns schwer. Mein Buch handelt davon, dass die Rahmenbedingungen so verändert werden, dass die Transformation sich quasi verselbstständigt.

Wie soll das funktionieren?
Ich stelle zahlreiche Beispiele dafür vor, wie Regeln bereits Veränderungen bewirkt haben, ohne dass das den Menschen aufgefallen ist. Beispielsweise weiß kaum jemand, dass ein Legehuhn heute doppelt so viel Auslauffläche hat wie im Jahr 2003. Die Politik hat die Verantwortung beim Hersteller gesehen und dort angesetzt statt beim Konsumenten.

Sprechen Sie die Konsumenten von jeglicher Verantwortung frei? Soll die Politik übernehmen?
Natürlich ist die Politik zuständig. Aber dieses Verständnis, dass die Politik da oben losgelöst ist von uns hier unten, das stimmt so nicht. Beides gehört zusammen, denn eine Verhaltensänderung funktioniert nur, wenn sie auch demokratisch legitimiert ist.

Erst kürzlich wurde bekannt, dass EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auf die Regulierung von Toastern und Kaffeemaschinen verzichten möchte. Die Vorschriften seien für Bürger zu aufdringlich. Wie stehen Sie dazu?
Diese Vorschriften gehörten zur Ökodesign-Richtlinie, in der jetzt an die 50 Produkte enthalten sind. Alles Entwicklungen, die Kunden am Produkt überhaupt nicht bemerkt haben, wie zum Beispiel energetische Optimierungen.  Bei der Energiesparlampe hätte man kurzfristig so argumentieren können, weil die Lichttemperatur und die Beleuchtung etwas anders war. Aber das war dann wiederum Innovationsmotor für die LED-Technologie. Das ist ein ganz interessanter Aspekt an der Ökoroutine: Regulierung kann auch Innovationspotenzial freisetzen.

In den USA ist Donald Trump zum Präsidenten gewählt worden. Er hält den Klimawandel für einen Schwindel und will das Fracking fördern. Woher wissen wir denn, dass die richtigen Standards gesetzt werden?
Die Entwicklung eines Standards kommt ja nicht vom blauen Himmel. Sie ist das Ergebnis langer Diskussionen und dabei können auch immer wieder Widerstände auftreten. Eine Garantie dafür, dass am Ende die richtigen Standards im Sinne der Ökoroutine rauskommen, gibt es nicht.

Doch die bisherige Erfahrung stimmt vorsichtig optimistisch. Die USA arbeiten viel mit Standards. Und auch die EU hat sich auf den Weg gemacht. Zum Beispiel beim CO2-Ausstoß pro Kilometer: Er liegt bei 130 Gramm und wird jetzt auf 95 Gramm verringert. Das ist mittlerweile eine absolut unstrittige Vorgabe. So etwas wird in einer Demokratie nur beschlossen, wenn verschiedene Parteien in einer Regierung dafür sind. Auch in den USA beschließt letztlich der Kongress die Gesetze. Auch ein Donald Trump wird an diesem demokratisch-legitimierten Prozess nicht vorbeikommen.

Worauf können sich die Anwesenden bei Ihrem Vortrag freuen?
Es gibt viele Bilder und viele Beispiele wie das Konzept der Ökoroutine in der Praxis schon funktioniert und sich auch in der Zukunft weiter fortsetzen lässt. Und: Inwieweit das Konzept der Ökoroutine auch wesentlich erfolgreicher ist als die bisherige Politik.

Termine:
24.11.2016 GLS Bank Filiale Stuttgart
17.01.2016 GLS Bank Filiale Bochum
24.01.2016 GLS Bank Filiale Berlin

Links:
www.gls.de/termine
www.oekoroutine.de

Foto: Angela von Brill

  1. Klar das wir Konsumenten da wirklich egoistisch an die Sache heran gehen.
    Ich nehme mich selber nicht aus, pendel selber mit einem Diesel am Tag mind. 250 km insg.
    Und Thema Diesel absetzen wird nicht passieren, da das Militär auf Diesel setzt. Die Fahrzeugen erhalten sich, wenn sie laufen, selbst. Sie funktionieren wie unsere Kohlekraftwerke.

    Ich finde, Hybritautos mit Benzin völligen Blödsinn, denn für Langstrecke sollte Diesel/Elektro zusammenarbeiten. Der Diesel ist stark genug und lädt auf den Langstrecken der Pendler die Batterie auf und in der Stadt, fährt das Fahrzeug elektrisch.

    Und ja, demokratisch wird entschieden, aber wir alle wissen, das unsere Scheindemokratie dem Bach herunter geht, wenn wir es selbst nicht in die Hand nehmen.

    Hach was soll ich sagen, ich bin da sehr pessimistisch. Denn es läuft nicht wie es laufen sollte. Aber stolz bin ich auf die GLS Bank, denn sie bewegt und ich warte noch auf die Community Plattform, wo Mitglieder schreiben können, zusammen mit der GLS und daraus die nächsten Projekte etc entstehen.
    Das wird super! ;-)

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