Berliner Waldorf-Campus

Waldorf Campus – Bauen als sozialer Prozess

Auf dem Waldorf Campus in Berlin-Schöneberg passt der nachhaltige und organische Holzbau zur anthroposophischen Ausbildung. Hier entstehen ein Hort, ein Kindergarten, eine Schule und eine Akademie für Berufsausbildung. 

Manche Details einer Unvollkommenheit sind so verblüffend, dass man sie sich nur schwer ausdenken kann. So sorgte ein einzelnes Blatt einer Birke für Aufruhr in der Emil Molt Akademie. Man hatte gerade das Treppenhaus fertig gegossen, da fiel das Malheur auf: An einer Stelle hatte sich ein Blatt versteckt und in den sonst makellosen Wänden einen Abdruck hinterlassen. Was mit Bestürzung festgestellt wurde, war für die Mitarbeiter*innen der Akademie ein Blickfang.

Der wesentliche Blickfang ist allerdings der gesamte Campus. Das liegt an den flachen, zum größten Teil aus Holz errichteten Gebäuden. Als Material wurde für die Gebäudehülle Lärchenholz verwendet. Aufgrund seiner festen, wetterrobusten und langlebigen Beschaffenheit ist es als Bauholz gut geeignet.

Aspekte für die Finanzierung

Auf dem Campus sind ein Hort, ein Kindergarten, eine Schule und die Akademie für Berufsausbildung untergebracht. Alles begann mit der Johannes-Schule, einer einzügigen Waldorfschule mit angeschlossener Kindertagesstätte. Sie war auf der Suche nach einem neuen Standort, an dem man langfristig bleiben konnte. Als beste Idee erschien es der Schulgemeinschaft, selbst etwas Nachhaltiges zu bauen. Gemeinsam mit der Bank für Sozialwirtschaft (BFS) stellte die GLS Bank die Finanzierung bereit. Entscheidend für die Banken war die Konzeption des Bauvorhabens: nachhaltig, fast komplett aus Holz und mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der Schüler*innen, des Kollegiums und der Eltern sowie der Auszubildenden. Wie wichtig der GLS Bank dieses Anliegen ist, überraschte sogar Schulgeschäftsführer Mathias Türk. Die Kundenbetreuerin der GLS Bank, Dorothee Röger, erklärt, die Finanzierungsentscheidung beruhe vor allem auf drei essenziellen Fragen: Erstens, passt der Kunde zu uns und wir zum Kunden? Zweitens, ist das Vorhaben wirtschaftlich tragfähig? Und drittens, ist ein Projekt ökologisch möglichst konsequent umgesetzt?“ Alles das war gegeben.

„Erstens, passt der Kunde zu uns und wir zum Kunden? Zweitens, ist das Vorhaben wirtschaftlich tragfähig? Und drittens, ist ein Projekt ökologisch möglichst konsequent umgesetzt?“

So nahm der Waldorf Campus 2014 seinen Anfang. Mit Holz lässt es sich schnell bauen – bis 2016 war der Schulbau fertiggestellt. Die Last der Massivholzdecken wird über tragende Innenwände sowie ein System aus Brettschichtholzstützen und –riegeln in der Fassade getragen. Die Raumnutzung in der Schule berücksichtigt die Sonneneinstrahlung: Im Sommer finden späte Schulstunden in den kühlsten Räumen statt. Jeder Gang hat eine Sichtachse und am Ende einiger Flure gibt es einen Zwischenraum, der für die individuelle Gestaltung durch Schüler*innen zur Verfügung steht.

Finanzierung durch Fördermittel

Zu dem Schulcampus kam ein Bau der Emil Molt Akademie für Berufsausbildung hinzu. Das Gebäude ist ebenfalls von Kersten Kopp Architekten entworfen worden. Das Vorhaben wurde durch die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur” (GRW) gefördert. Förderwürdig war die Ausbildung von Fachkräften. Nachteil dieser Förderung sind die zum Teil strengeren und kleinteiligen Bauvorschriften. So verzögerte sich der Bau der Akademie, weil eine technisch aufwendige Belüftungsanlage eingebaut werden musste.

„Bauen ist ein sozialer Prozess“, so Türk. Es braucht eine gute Bauleitung, die die   verschiedenen Akteure zusammenhält und die Kommunikation pflegt. Die Sporthalle am Campus ist ein gemeinsames Projekt mit dem Bezirk. Abends wird sie auch von Gruppen außerhalb der Schule genutzt. „Das dient auch der sozialen Verankerung im Bezirk“, sagt Türk. Der Bau verändere die gewachsene Nachbarschaft. Begegnungsmöglichkeiten helfen, diese Veränderungen positiv zu erleben. Wer zu Besuch kommt, sollte sich unbedingt den Blattabdruck zeigen lassen.

Kersten Kopp Architekten
kersten-kopp.de

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Ein Artikel aus dem GLS Unternehmer*innen-Magazin Sinnmacher zum Thema nachhaltige Immobilien. Diesen und viele andere spannenden Artikel finden Sie hier im Blog. Alle Ausgaben des Sinnmachers als PDF finden Sie unter: https://www.gls.de/sinnmacher/.

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