Auf der Weltklimakonferenz COP 28 stellten Wissenschaftler*innen ihren neuen Bericht vor. Er enthält die zehn wichtigsten Klima-Erkenntnisse des vergangenen Jahres.
Es ist eine der wenigen Veranstaltungen auf der Weltklimakonferenz COP 28, bei der die Wissenschaft im Zentrum steht. Zwischen Verhandlungen, Pressekonferenzen und mehr oder weniger überzeugenden Ankündigungen von Staatschefs stellte eine kleine Gruppe von Wissenschaftler*innen in Dubai einen neuen Bericht vor. Der Titel: „Ten New Insights in Climate Science“ – zehn neue Erkenntnisse der Klimawissenschaft.
Es ist die siebte Ausgabe des Berichts, vorgestellt wurde er am 3. Dezember 2023. Jedes Jahr kommen führende Wissenschaftler*innen aus Universitäten und Forschungsinstituten zusammen und ermitteln die zehn wichtigsten klimawissenschaftlichen Updates aus dem vergangenen Jahr.
Einer von ihnen ist Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Er hat die Ehre, in einem Parforceritt – der Event ist auf eine halbe Stunde veranschlagt – die zehn Punkte vorzustellen.
hebt Rockström die Bedeutung der Arbeit hervor.
Die zehn wichtigsten Erkenntnisse:
- Die Überschreitung der 1,5-Grad-Schwelle der Erderwärmung ist – zumindest vorübergehend – unvermeidbar. Entscheidend ist, das Ausmaß und die Dauer der Überschreitung zu minimieren, um keine irreversiblen Veränderungen im Erdsystem zu riskieren.
- Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens in Sichtweite zu halten, führt kein Weg an einem schnellen und kontrollierten Ausstieg aus den fossilen Energien vorbei. Regierungen dürfen keine neuen fossilen Projekte erlauben und müssen die bestehende fossile Infrastruktur früher stilllegen als bisher geplant.
- Die Politik muss die Möglichkeiten zur effizienten CO2-Entnahme massiv vorantreiben.
- Anschließend an den vorherigen Punkt, ist davor zu warnen, sich zu sehr auf natürliche CO2-Senken zu verlassen. Denn es ist unklar, wie sich die CO2-Aufnahmefähigkeit von Wäldern und Ozeanen mit fortschreitendem Klimawandel verändert.
- Die Klimakrise und die Biodiversitätskrise hängen zusammen und können nur gemeinsam gelöst werden.
- Gleichzeitig auftretende Extremereignisse – etwa eine Dürre in Kombination mit einer Hitzewelle – können schlimmere Auswirkungen haben als „die Summe der Einzelereignisse“. Diese sogenannten “compound events” bergen große Risiken und werden wissenschaftlich noch wenig verstanden.
- Gebirgsgletscher schmelzen immer schneller. Das gefährdet die in Gebirgen lebenden Gemeinschaften, und etwa zwei Milliarden flussabwärts lebende Menschen sind dadurch von Wasserknappheit bedroht.
- Der Klimawandel kann die Mobilität vor allem armer Bevölkerungsgruppen einschränken. Menschen, die nicht umziehen können, sind besonders stark von den Folgen des Klimawandels betroffen.
- Klimaanpassung schützt oft nur Teile der Gesellschaft und kann sogar nachteilig für andere sein. Gerechtigkeit als Kriterium in Klimaanpassungsstrategien aufzunehmen, würde helfen, Fehlanpassung zu verhindern.
- Eine Reform des weltweiten Ernährungssystems ist für wirksamen Klimaschutz unerlässlich. Dabei kann das Ernährungssystem von einer der größten Emissionsquellen zu einem Teil der Lösung werden.
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Wir schalten am Montag, 11. Dezember, um 18.30 Uhr nach Dubai und sprechen mit zwei Journalistenkollegen von Autor David Zauner. Sie werden uns Insights zur Weltklimakonferenz COP28 geben.
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Hoffnung und Optimismus – nur keine Wissenschaft
Die Sorge der Wissenschaft, auf dem Klimagipfel zu wenig Gehör zu finden, wurde wenige Stunden vor Präsentation des Berichts, erneut bestätigt. Am selben Tag, als Rockström in Dubai das Podium betrat, machte ein Artikel im britischen Guardian über den umstrittenen Konferenzpräsidenten Sultan Al Jaber die Runde.
Der Artikel dreht sich um ein Gespräch zwischen Al Jaber und Mary Robinson, der früheren Präsidentin von Irland. In einer Online-Veranstaltung hatte Al Jaber demnach auf eine Frage von Robinson geantwortet, es gebe keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass der Ausstieg aus fossilen Energien für das 1,5-Grad-Ziel notwendig sei.
Darauf angesprochen, antwortete Klimaforscher Rockström in gewöhnt nüchterner Manier:
Allerdings werde es Restemissionen geben. Diese müssten, so der Wissenschaftler, über CO2-Speichertechnologien abgefangen werden. Aber auch das werde noch nicht reichen: Um die absehbare Überschreitung der Temperaturgrenze wieder rückgängig zu machen, müsse der Atmosphäre unterm Strich CO2 entzogen werden.
Die Szenarien sehen deshalb, zusätzlich zu einem schnellen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas, einen ebenso schnellen Ausbau von CO2-Entnahme-Möglichkeiten vor.
In einer Pressekonferenz am Montag äußerte sich auch Konferenzpräsident Al Jaber zu den Vorwürfen. Er glaube an die Wissenschaft. „Alles, was wir tun, dreht sich um die Wissenschaft.“
Der Guardian habe das Zitat aus dem Zusammenhang gerissen, sagte Al Jaber. Es handle sich um einen weiteren Versuch, die Arbeit von ihm und seinem Team zu untergraben. Der Gipfel sei bisher ein enormer Erfolg, fuhr er fort. Wenn er über das Konferenzgelände laufe, sehe er Hoffnung und Optimismus.
Es kann nur spekuliert werden, dass Al Jaber auf dem Gelände keinen Klimawissenschaftler*innen begegnet ist.
Dieser Text von David Zauner ist in leicht abgewandelter Form zuerst auf der Seite der Klimareporter erschienen.
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