Die Klimabewegung Fridays for Future ruft erneut zum globalen Klimastreik auf. Für die darauffolgende Woche hat die Letzte Generation die „Wendepunkt-Phase“ ausgerufen.
„Wir sehen nicht tatenlos zu, wie die Politik die Klimakrise immer weiter eskalieren lässt und fordern in einem breiten Bündnis lautstark effektive Klimagerechtigkeit“, erklärt Paula Härtge, Pressesprecherin von Fridays for Future (FFF) Berlin.
Die Klimabewegung hat erneut zu globalen Protesten aufgerufen. Unter dem Motto „End Fossil Fuels“, auf Deutsch „Schluss mit fossilen Brennstoffen“, sind für diesen Freitag (15.9.) bundesweit mehr als 250 Demonstrationen geplant.
Die Aktivist*innen möchten die Regierung an ihren eigenen Koalitionsvertrag erinnern. Sie fordern die Einführung des versprochenen „sozial gerechten Klimageldes in Kombination mit einer angemessenen CO2-Bepreisung“.
Während das Klimageld im Bundeswahlkampf 2021 eines der großen Themen war und in der einen oder anderen Form von sowohl Grünen und SPD als auch der FDP beworben wurde, ist bis heute nicht abzusehen, wann es denn nun wirklich kommt.
„Soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz gehören zusammen. Die Politik ist jetzt gefragt, sozial-gerechte Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen“, sagt Härtge.
Regional setzen die Proteste unterschiedliche Schwerpunkte. In Frankfurt am Main wird unter dem Motto „Wir haben keine Wahl“ für das Wahlrecht ab 16 und ohne deutschen Pass demonstriert. In Hannover stehen die Verkehrswende und der Ausbau des ÖPNV im Zentrum der Proteste. Der Streik in Berlin konzentriert sich auf die Bundespolitik, passend dazu führt die Demo-Route durchs Regierungsviertel. Anstatt das Klimaschutzgesetz aufzuweichen, müsse es gestärkt werden, erklärte Clara Duvigneau von Fridays for Future Berlin.
Es ist der 13. globale Klimastreik, zu dem die Bewegung aufruft. Beim letzten Streiktag im März folgten dem Aufruf nach ihren Angaben 220.000 Menschen und gingen auf die Straße.
Derzeit fordert ein Bündnis aus rund 2.000 deutschen Unternehmen die Bundesregierung auf, fossile Fehlanreize zu beenden. Im Vorfeld des Klimastreiks hat die GLS Bank zu dieser Aktion aufgerufen, Unternehmen konnten (und können) sich auf der Homepage https://www.stoppfossilesubventionen.de der Forderung anschließen. Laut Koalitionsvertrag sollten fossile Subventionen in dieser Wahlperiode abgebaut werden.
Der Höhepunkt der Klimastreiks war 2019
Angefangen hat alles vor fünf Jahren am 20. August 2018 vor dem schwedischen Parlament in Stockholm. Die damals 15-jährige Greta Thunberg demonstrierte mit einem Schild mit der Aufschrift „Schulstreik für das Klima“ vor dem Parlamentsgebäude.
Schnell schlossen sich Schüler*innen aus anderen Städten weltweit Thunbergs Vorbild an. Im Dezember 2018 protestierten die ersten Schüler*innen in Deutschland für mehr Klimaschutz, statt in den Unterricht zu gehen.
Im Frühjahr 2019 erreichte die Bewegung globale Ausmaße – etwa ein halbes Jahr, nachdem Thunberg den Hashtag #FridaysForFuture zum ersten Mal verwendet hatte. Seitdem ist Fridays for Future aus der Klimagerechtigkeitsbewegung nicht mehr wegzudenken. Im Gegensatz zu anderen Gruppen wie Extinction Rebellion und Ende Gelände konzentrieren sich die Aktivisti*nnen nicht nur auf Protest. Sie sitzen regelmäßig in Talkshows, geben Studien in Auftrag und treffen sich mit Politiker*innen und Gewerkschaften, vor allem mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die auch bei dem globalen Klimastreik am Freitag wieder dabei sein wird.
Die Massen von 2019 kann die Bewegung heute jedoch nicht mehr auf die Straßen bringen. Ab März 2019 gingen in den deutschen Städten regelmäßig Hunderttausende auf die Straße. Den bisherigen Höchstwert erreichte der globale Klimastreik im September 2019, als sich über 1,4 Millionen Menschen deutschlandweit beteiligten.
Erst Corona und dann der Ukrainekrieg haben es der Klimabewegung schwer gemacht, weiterhin mediale und politische Aufmerksamkeit für das Klima zu erzeugen. Zwar betonen die Aktivist*innen fleißig die Zusammenhänge der Krisen, stoßen damit aber in der Öffentlichkeit nur begrenzt auf Verständnis.
„Fridays for Future bringt noch immer Massen auf die Straße“, entgegnet Aktivistin Paula Härtge. “Unsere Demonstrationen sind wirksam, das haben die letzten fünf Jahre gezeigt.”
Und das stimmt: Fridays for Future hat einen großen Teil dazu beigetragen, Klimapolitik zu einem Thema zu machen, an dem weder Parteien und Verbände noch Unternehmen und Gewerkschaften vorbeikommen. Klima war ein bestimmendes Thema im Bundestagswahlkampf 2021.
In Bochum, dem Hauptsitz der GLS Bank, startet der Protest von FFF und der Gewerkschaft Verdi um 13 Uhr am Rathausplatz. Nach einigen Redebeiträgen geht die Laufdemo über den Südring und die Universitätsstraße für eine Zwischenkundgebung vor das BP-Aral-Haus an der Wittener Straße – und von dort aus wieder zurück zum Rathaus.
Die Mitarbeitenden der GLS Bank beteiligen sich in Bochum und allen anderen Standorten am Klimastreik. Die Geschäftsleitung der Bank hat eigens dazu aufgerufen, sich dem Protest anzuschließen und will auch selbst auf die Straße gehen. Die Erreichbarkeit der Bank bleibt gewährleistet.
„Letzte Generation“ kündigt Protestwelle an
Einer der größten Erfolge der Bewegung war der Sieg vor dem Bundesverfassungsgericht im März 2021. In seinem Urteil erklärte das Gericht das Bundes-Klimaschutzgesetz für teilweise verfassungswidrig. Entsprechend kritisch verfolgen die Aktivist*innen jetzt die „geplante Entkernung des Klimaschutzgesetzes“, wie es in einem Streikaufruf heißt.
Im März dieses Jahres einigten sich die Ampelparteien im Koalitionsausschuss darauf, die einzelnen Sektorziele abzuschaffen und damit das Klimagesetz, um eines seiner Kernstücke zu erleichtern. Von Klimabewegung und Umweltverbänden kam heftige Kritik.
Über 150 zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützen den Streik, darunter die Umweltorganisationen BUND und Greenpeace, die Gewerkschaft Verdi und kirchliche Verbände. Auch mehr als 2.000 Unternehmen haben ihre Teilnahme an den Streiks angekündigt.
Als Teil der Klimabewegung will sich zudem die Letzte Generation dem Streik anschließen.
In einem Aufruf kündigte die Gruppe eine große Protestwelle im Anschluss an den Streik an. Sie forderte ihre Unterstützer*innen auf, zur sogenannten „Wendepunkt-Phase“ nach Berlin zu kommen. Ab Montag wollen die Aktivist*innen den Verkehr an diversen Hauptstraßen und Kreuzungen in der Hauptstadt zum Erliegen bringen.
David Zauner hat sich für uns Anfang des Jahres die verschiedenen Klimabewegungen angeschaut und auf unserem Blog über sie berichtet. Hier geht es zu “Die Klimabewegung hat viele Gesichter”.
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