Wechsel Strom Wechsel

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Eine Wende der Energiepolitik steht weltweit auf der Agenda. Was hemmt aber die Umsetzung konkret? Dazu einige Punkte von GLS Kund*innen, die erneuerbaren Strom produzieren.

1. Alte Tarife versus smartes Design
Wenn es sonnig und windig ist, dann wird besonders viel Strom aus erneuerbaren Quellen produziert. Sinnvoll wäre, in diesen Zeiten auch besonders viel Strom zu verbrauchen. Konzepte in diese Richtung gibt es schon seit Jahrzehnten. Großabnehmer wie Kühlhäuser könnten entsprechend gesteuert werden, aber auch Geräte in Privathaushalten wie Waschmaschinen. Technisch beschrie–ben ist das alles. Was vor allen Dingen fehlt, sind flexible Stromtarife, die dafür Anreize setzen. Die Betreiber von Großkraftwerken haben daran aber kein Eigeninteresse. Sie wollen ihre kontinuierliche Grundlast verkaufen. Auch das Netzentgelt begünstigt einen konstanten Stromverbrauch.

Um das selbst in die Hand zu nehmen, werden immer wieder Kooperationen zur Direktvermarktung von regenerativem Strom gestartet. Damit gehen oft auch Investitionen in energieeffiziente Gebäudetechnik und die Kopplung von Wärme und Strom einher. In der Vergangenheit waren die Energiekosten aber zu günstig, sodass sich viele dieser Maßnahmen nicht gerechnet haben. Die steigenden Preise ändern das aber. Jetzt lohnen sich solche Kooperationen auch für Verbraucher*innen immer mehr. Entscheidend wird die Bereitschaft sein, dabei mitzumachen.

2. Mit dem Recht rechnen können
Eine Geschichte wie viele: Fünf Jahre lang dauerte das Genehmigungsverfahren für den Windpark Staufenberg, den die GLS Bank mitfinanzierte. Mit dieser Dauer war zu rechnen. In solchen Zeiträumen kann sich aber naturgemäß viel ändern — in diesem Fall der Hersteller der Anlage. Obwohl Größe, Lautstärke und die anderen Rahmendaten gleich geblieben sind, war dafür eine Änderungsgenehmigung notwendig. Dieser Prozess zog sich weitere eineinhalb Jahre hin. Für Großkonzerne ist das leichter zu verkraften als für Initiativen in Bürgerhand. Wer größere Energieanlagen bauen will, braucht hierzulande also einen langen Atem und die Bereitschaft, sich auf ein komplexes Regelungswerk einzulassen, oft mit regionalen Unterschieden. Anders sieht das etwa in Skandinavien aus. Dort genehmigen die Behörden allgemein die wichtigsten Parameter, bei Windkraftanlagen sind das insbesondere Höhe, Durchmesser und Schall. In diesem Rahmen kann dann zügig und sicher geplant werden.

Wenig Sinn haben bürokratische Maßnahmen in diesem Bereich, auch wenn sie gut gemeint sind. Der sogenannte Mieterstrom etwa wird nach wie vor durch den verwaltungsmäßigen Aufwand erschwert. Selbst wenn Großkonzerne das Regelungswerk etwa in Bezug auf Meldepflichten, Erfassungen und steuerliche Besonderheiten bewältigen können: Für eine Energiewende in der Fläche müsste vieles vereinfacht werden.

3. Lokal denken — und auch handeln
Ob wir die Energiewende ernst meinen, das zeigt sich besonders klar auf lokaler Ebene. Für die Betreiber von Windparks kann das auch mal bedeuten, auf den Bau von einzelnen Anlagen zu verzichten oder gemeinnützige Aktivitäten zu unterstützen — also weniger Rendite für eine höhere Akzeptanz. Doch selbst wenn die Gemeinde einen rechtskräftigen Flächennutzungsplan verabschiedet hat, kann etwa der Landkreis das Projekt zumindest auf die lange Bank schieben. Das längere Durchhaltevermögen haben dann meist die öffentlichen Stellen.

Aber auch an der kommunalen Politik und der Verwaltung gehen die globalen Entwicklungen nicht spurlos vorbei. So gibt es jetzt erste Beispiele von Entscheidungsträger*innen, die seit dem Krieg in der Ukraine den Bau von Anlagen positiver sehen. Denn unsere Abhängigkeit von fossilen Energien wird für viele immer spürbarer und so zum Problem. Somit führen die Weichenstellungen der neuen Bundesregierung zu einer größeren Handlungssicherheit auch auf kommunaler Ebene. In diesem Sinne muss für die Energiewende ein Rad ins andere greifen.

Gesprächspartner für diesen Artikel waren:
• Marko Vogt, EVENTUS WIND GmbH
• Olaf Essig, Teckwerke Bürgerenergie eG

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Den kompletten Bankspiegel 2022/1 – “Im Umbruch – Initiativen, die Mut machen” inklusive der transparenten Kreditliste, kann man auch hier als PDF downloaden (3,5 Mbyte).
  1. Maximilian

    Vielen Dank für diesen sehr interessanten Beitrag! Das zeigt eindrucksvoll, wie Optimierungen im System schon für Abhilfe sorgen könnten. Leider wird das in Politik und Medien viel zu wenig thematisiert. Dort wird häufig nur in der Dimension “Atom- oder Kohlestrom?” gedacht, aber nicht nach weiteren Lösungen links und rechts des Weges gesucht.

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