Wenn Menschen für begeisternde Geschäftsideen Geld brauchen – was lösen sie damit in der GLS Bank aus?
Jedes Mal, wenn ich den Bankspiegel aufschlage und durchblättere, packt mich die Zuversicht. Ich lese von so vielen Projekten, die Positives in der Gesellschaft anstoßen, dass ich überzeugt bin: Veränderung ist doch möglich. Das „Herzstück“ in der Mitte des Magazins zeigt das deutlich: Transparent steht gelistet, wo und wie das Geld der Einleger*innen wirkt. Doch was passiert eigentlich in der GLS Bank, bevor es zur Veröffentlichung der Kredite im Bankspiegel kommt? Wie viele Anfragen schlagen auf, wer
prüft sie und wer sagt Ja?
Wer frei ist, greift sich den nächsten Fall
Im August 2021 habe ich in der GLS Bank angefangen, eine Welt voller Abkürzungen mit drei Buchstaben. Ich arbeite in der KOM, der Abteilung Kommunikation & Entwicklung, in der auch der Bankspiegel produziert wird. Mein neuer Kollege und Redakteur Falk lockt mit einer Geschichte über das Kreditverfahren. „Willst du die für das kommende Heft schreiben?“ Unbedingt! Eine gute Gelegenheit, Menschen und Abläufe kennenzulernen.
Ich wähle also die Nummer von Sebastian – in der Bank duzen wir uns meistens. Er leitet die Abteilung SBG (Service & Beratung Geschäftskunden), die aus drei Teams besteht. Eines davon, die GKB (Geschäftskundenberatung), vergibt in ausgewählten Bereichen Privatkredite, bearbeitet größtenteils jedoch Kreditanfragen von Geschäftskund*innen. Wer mehr als 100.000 Euro braucht, wird von festen Ansprechpartner*innen aus dem sogenannten Individualgeschäft betreut. Aber alles in Höhe von 10.000 bis 100.000 Euro – aus ganz Deutschland und allen Branchen – erhält die GKB.
In Berlin zum Beispiel wurden gerade mehrere Kitagründungen finanziert. „Dort hat es sich schnell herumgesprochen, dass wir nachhaltige Gründungen gerne unterstützen“, erklärt Sebastian. „In dem Bereich gibt es nicht viele andere Finanzierer, daher kennt man uns in diesen Kreisen.“
Acht Menschen bilden das GKB-Team, wer frei ist, greift sich den nächsten eingehenden Fall. Generell gilt das Prinzip: Alle Mitarbeitenden machen (fast) alle Themen. Es gibt aber Schwerpunkte. Die Photovoltaikanlagen nimmt sich zum Beispiel gerne der Energieexperte Moritz. Der eine Thomas ist Spezialist für Existenzgründungen, der andere Thomas für Genossenschaftsanteile. Sandra besitzt das Fachwissen zu Schenkgemeinschaften.
„So kannst du dir das bei uns vorstellen.“ Ich videokonferiere inzwischen mit Sibylle und Marisa, die sich die Teamleitung teilen. „Fragt mal jemand einfach nur: Ich brauche 60.000 Euro, können Sie mir die geben?“ Sibylle schüttelt den Kopf und lacht. „Nein, so auf den Punkt sagt das keiner. Die meisten Kund*innen schildern zunächst ihre Situation und was sie vorhaben.“
Digitale Strecken sollen beschleunigen
Die Unterlagen zur Prüfung einer Kreditanfrage sollen bald entlang einer digitalen Kontaktstrecke bei der GKB eingehen. Ziel dieser Digitalisierung ist, dass Kund*innen schnell und eigenständig agieren können. Sie sollen die Chance haben, unabhängig von freien Beratungsterminen möglichst viel selbst zu erledigen.
Auf der Anlagenseite gibt es mit dem onlineInvest bereits einen automatisierten Finanzberater, der für die Nutzer*innen Depots eröffnet und Geld investiert. Auf der Kreditseite folgt jetzt die Möglichkeit, mit einigen Mausklicks und Uploads eine Finanzierung anzufragen.
„Wir arbeiten hier in Bochum für ganz Deutschland“, macht Marisa deutlich. „Digitale Prozesse helfen uns, so unkompliziert und zügig wie möglich zu beraten.“ „Wie viele Anfragen landen denn im Schnitt pro Tag bei euch?“, will ich wissen. Ein kurzes Über-vier-Daumen-Peilen folgt, dann sind sich Marisa und Sibylle einig: „Zwischen zehn und 25 Vorgänge pro Tag bearbeitet jede von uns, aber nicht jeder Vorgang ist auch ein neues Darlehen. Im Durchschnitt haben wir 80 neue Kreditanfragen pro Woche.“
Nicht alles passt zur GLS Bank
Ob das anfragende Unternehmen den Kredit zurückzahlen kann, schauen sich die Kolleg*innen selbstverständlich genau an – das gehört zur Kernaufgabe einer Bank. Gleichzeitig geht es aber auch darum, ob das Unternehmen zur GLS Bank passt. Dafür orientiert sich das Team am GLS Leitbild und den Werten der Bank: zukunftsweisend, wirksam, beherzt, gemeinschaftlich, menschlich, transparent und zugewandt.
Ich recherchiere weiter in den Nachhaltigkeitskriterien, die online abrufbar sind. Die achtseitigen Anlage- und Finanzierungsgrundsätze sind Grundlage für das gesamte Geschäft der GLS Bank. Es umfasst strenge Ausschlusskriterien, aber eben auch viele positive Aspekte. „Wir können meist schnell einschätzen, ob eine Anfrage den Nachhaltigkeitskriterien der Bank entspricht oder nicht“, meint Sibylle. Das Team tauscht sich außerdem regelmäßig über ungewöhnlichere Fälle aus, um zu einer gemeinsamen Haltung zu kommen. Für die Photovoltaikanlage auf dem privaten Dach ist das nicht nötig: 100 Prozent erneuerbare Energien ist ein klares Zukunftsziel der Bank, das nur mit massivem Ausbau von Solar- und Windkraftanlagen zu erreichen ist. Gerne tauscht sich das Team über schöne Ideen wie pädagogisches Holzspielzeug aus, das mit dem spielenden Kind wächst. Doch was ist mit dem Friseur, dessen Sortiment nur zu 70 Prozent aus Bioprodukten besteht? Oder dem Biocateringservice, der ein Dieselfahrzeug für die Auslieferung anschaffen will? Wie nachhaltig ist die Projektidee „Segelboot als Wohnsitz“, mit der die Bodenversiegelung eines Gebäudes vermieden werden soll?
„Es braucht schon Fingerspitzengefühl“, sagen meine beiden Kreditkennerinnen. „Den einen Gedanken extra, den wir alle zusammen als Entscheidungsgremium noch mal kreisen lassen.“ Zumal vor allem bei Existenzgründungen viele Aspekte über Erfolg oder Misserfolg am Markt bestimmen. „Auch ein hipper Unverpacktladen oder ein kleiner, inhabergeführter Bioladen können mal eine Bauchlandung hinlegen“, erzählt Sibylle. Der Standort kann nicht der richtige sein, die Konkurrenz im Umfeld ist vielleicht zu groß oder die Selbstständigkeit ist nicht die passende Arbeitsform für die Gründer*innen.
Gemeinsam nach Lösungen suchen
Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit müssen keine Widersprüche sein. „Unsere Stärke liegt in Partnerschaften, in denen die Menschen im Mittelpunkt stehen“, heißt es im Leitbild. Das ist kein Marketingspruch, das habe ich in meinen ersten Arbeitswochen bereits bemerkt. Auch den Kund*innen, die hier ihr Geld anlegen, geht es darum, eine nachhaltige Gesellschaft zu entwickeln und zu gestalten. Der ökonomische Gewinn darf gerne eine Folge sein, ist jedoch nicht Zweck allen Handelns.
Kommen wir also zum Happy End der kleinen Kreditanfrage: Das Ja der GKB erfolgt, wenn die Nachhaltigkeit der Geschäftsidee und die Tragfähigkeit der Finanzierung positiv geklärt sind. Bei Letzterem halten es die Berater*innen gerne mit dem lateinischen Credere: Sie vertrauen ihren Kund*innen, dass sie die Forderungen zurückzahlen. Und so geht es ans Erstellen des Kreditangebots, das Anfertigen des Vertrags und die Vorbereitung der Auszahlung. Voilà.
Es ist eine große Verantwortung, die in der GLS Bank von vielen Schultern getragen und gemeistert wird, so mein Resümee. Sibylle hat das in unseren Gesprächen sehr passend formuliert: „Ich glaube, was uns von anderen Banken unterscheidet, ist die menschliche Perspektive, mit der wir immer an alle Entscheidungen herangehen.“ Marisa reflektiert: „Die Vielzahl und Vielfalt an Finanzierungsanfragen in unserem Team ist enorm herausfordernd und bereichernd zugleich. Wir schaffen das miteinander, da wir als Team selbst so stark zusammenhalten.“
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[green_box]Den kompletten Bankspiegel 2021/2 – „Geld neu Denken“ inklusive der transparenten Kreditliste, kann man auch hier als PDF downloaden (8,3 Mbyte).[/green_box]
Fotos: Stephan Muennich
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