Ulrike Herrmann – Wie ist Geld entstanden?
Geld war schon immer Kreditgeld. Es wurde sozusagen aus dem Nichts geschöpft, wenn
Darlehen vergeben wurden. Am Anfang waren das Tontäfelchen – die ältesten bekannten
Schriften -, dann Schuldscheine oder Wechsel. Heute läuft es über Girokonten.
Warum ist es wichtig, das zu wissen?
Weil immer noch viele Menschen glauben, dass man erst sparen muss, bevor man investieren kann. Aber dann könnte kein Wachstum entstehen.
Macht es Ihnen Spaß, mit Geld umzugehen?
Ich habe gern Geld, um sorglos meine alltäglichen Bedürfnisse zu befriedigen.
Erleben Sie Geld als Mangel oder als Fülle?
Ich selbst brauche nicht viel Geld.
Hat Ihnen Geld schon mal Angst gemacht?
Nicht im Alltag. Aber es ist völlig klar, dass es weltweit viel zu viel Geld gibt. Für diese Geldberge existiert kein Gegenwert in der Realwirtschaft. Schuld sind die Banken, die Kredite vergeben haben, um damit Spekulation zu finanzieren. Weitere Crashs sind also abzusehen.
Ist Ihnen Bargeld wichtig?
Nein. Ich bin dafür, den Gebrauch von Bargeld stark einzuschränken. Damit könnte man Geldwäsche und Steuerflucht wirksam bekämpfen.
Sollten wir die Regeln von Geld ändern?
Man kann die Regeln des Geldes nicht verändern. Es wird immer Kreditgeld bleiben. Aber man sollte die Banken sehr viel stärker regulieren, um die Spekulation einzudämmen.
Kann eine Gesellschaft ohne Geld funktionieren?
Nein. Deswegen gibt es Geld, seitdem wir sesshaft sind. Also seit mindestens 10.000 Jahren.
An welchem Punkt in Ihrem Leben hat sich Ihre Einstellung zu Geld schon einmal verändert?
Ich fand die Funktionsweise von Geld schon immer interessant, weil sich sonst eine Volkswirtschaft gar nicht verstehen lässt. Deswegen habe ich eine Banklehre gemacht. Allerdings war ich dann erstaunt, wie normal es bei der Kreditschöpfung zugeht – wie in einer Behörde. Es war sehr normiert und standardisiert, wer einen Kredit bekommt und wer nicht.
Welche Geldfragen bleiben für Sie offen?
Es ist eine ungelöste Frage, wie wir die gewaltigen Geldmengen wieder abschmelzen können, die durch die Spekulation entstanden sind. Ich wäre daher für eine starke Besteuerung der Vermögen – um die Finanzmärkte zu stabilisieren. Gleichzeitig würde die Gesellschaft wieder gerechter. Dieses Vorgehen schlägt übrigens auch Starinvestor Warren Buffett vor.
Ulrike Herrmann ist Bankkauffrau, Historikerin, seit 20 Jahren Journalistin bei der taz und Buchautorin u. a. von „Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen“.
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Foto: Simon Bierwald
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