Das Buch “Bullshit-Jobs” von David Graeber werden viele gelesen haben, noch mehr haben es zumindest in den Buchhandlungen wahrgenommen. Es verkaufte sich prächtig, es wurde auch recht positiv rezensiert, teils sogar in Wirtschaftszeitungen. Das ist ganz amüsant, denn Graeber vertritt anarchistische Positionen, und diese Zuschreibung kommt auf Wirtschaftsseiten nun wirklich eher selten vor. Der Erfolg des Buches wird auch daran liegen, dass wir alle, die Verallgemeinerung wird in weiten Teilen zulässig sein, so gerne bereit sind, am Sinn unserer Jobs und unserer Tätigkeiten zu zweifeln. Liegen wir da richtig?
Wenn Sie das Buch nicht gelesen haben, hier eine Zusammenfassung einiger Kerngedanken: “Im Jahr 1930 sagte John Maynard Keynes voraus, dass zum Ende des Jahrhunderts der technologische Fortschritt es Ländern wie Großbritannien oder den Vereinigten Staaten ermöglichen würde, eine 15-Stunden-Woche einzuführen. Es gibt viele Gründe, dies als zutreffend anzunehmen. Aus technologischer Sicht sind wir dazu imstande. Und doch ist es nie eingetroffen. Stattdessen wurden technische Möglichkeiten genutzt, um Wege zu finden, uns alle noch mehr arbeiten zu lassen.”
Bei der Zeit gibt es einen älteren Text, der passt sehr gut dahinter. Da wird die Fülle an wie auch immer sinnvoller Arbeit von der anderen Seite her betrachtet, da geht es um die Frage, wieso wir eigentlich nicht mehr schlafen, mehr faulenzen, mehr nichts tun. Eine Frage, die für manche so schon ketzerisch klingt. “Wir streben insgeheim nach Faulheit – und preisen lautstark die Arbeit. Wer benutzt schon freiwillig ein Waschbrett, wenn er eine Waschmaschine hat? Dennoch glorifizieren wir Fleiß und Schweiß, und glauben Managern und Politikern, wenn sie uns die Mär von Wachstum, Wettbewerb und Standortsicherheit eintrichtern. Das ähnelt dem Stockholm-Syndrom, bei dem die Opfer von Geiselnahmen nach und nach ein positives Verhältnis zu ihren Peinigern aufbauen.”
Noch ein Statement, und da reicht schon ein ganz kurzes Zitat, man könnte es abendfüllend diskutieren: “Müdigkeit ist neoliberale Begleiterscheinung, ja, Müdigkeit ist neoliberales Kalkül.”
Oder hier (gefunden via Kaltmamsell), nehmen wir diese Sätze: “Früher musste man die Menschen in die Fabriken hineinknüppeln. “Heute muss man sie aus den Betrieben und Büros herausprügeln. So sehr haben sie ihre abhängige Erwerbsarbeit als sinnstiftend, unabdingbar und naturnotwendig akzeptiert.”
Aber was macht man mit all diesen Gedanken? Vielleicht erst einmal eine Kaffeepause, das kann so falsch nicht sein.
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