Die EU versagt bei der staatlichen Seenotrettung. Daher retten gemeinnützige Vereine wie Sea-Watch e.V. Menschen auf dem Mittelmeer vor dem Ertrinken. Die GLS Bank unterstützt die Arbeit und hilft bei der Finanzierung des neuen Schiffs.
Zu viele Migrant*innen soll die Organisation zuletzt gerettet haben, lautet der Vorwurf der italienischen Behörden. Mit dieser Begründung wurde zuletzt das Schiff „Sea-Watch 3″ im Hafen von Reggio Calabria festgesetzt. Diese Nachricht sorgte auch daher für Aufregung, weil zu dieser Zeit Wahlkampf in Italien war und drei rechte Parteien angetreten waren. Die rechtsradikale Fratelli d’Italia von Giorgia Meloni hat bei der Parlamentswahl einen klaren Sieg erzielt. Es wird erwartet, dass sie sich mit der rechtspopulistischen Lega und der konservativen Forza Italia auf eine Koalition einigt.
Das Thema Flüchtlingshilfe und die Kriminalisierung von Flüchtlingen sind in Italien derzeit sehr stark im medialen Bewusstsein. Dem will der Verein Sea-Watch etwas entgegensetzen. Um die private Seenotrettung auszuweiten, bringt der Verein ein neues Schiff auf See: Die „Sea-Watch 5” ist ein Versorgungsschiff von 58 Metern – schneller, größer und effizienter als ihre Vorgängerinnen. Finanziert wird es aus Spenden, einem Kredit der GLS Bank und einer Aktion der GLS Crowd. Es handelt sich hierbei um eine Plattform der GLS Crowdfunding GmbH, die gesellschaftsrechtlich unabhängig von der Bank ist.
Hier bieten wir einen kurzen Überblick, was der Verein macht, wie er entstanden ist und was die Mitarbeitenden antreibt.
Was macht Sea-Watch?
Die Mitarbeitenden des Sea-Watch e.V. zeigen seit 2015 immer wieder auf, dass Seenotrettung eine staatliche Pflicht ist. Festgelegt ist die Rettung von Menschen, die im offenen Gewässer zu ertrinken drohen, durch das internationale Völkerrecht. Fakt aber ist: Jedes Jahr ertrinken mindestens 3.000 Menschen auf ihrer Flucht in die Europäische Union im Zentralen Mittelmeer und in der Ägäis. Seit 2014 waren es laut UNHCR zusammengerechnet fast 25.000 Personen. Deshalb rettet der gemeinnützige Verein Menschen aus Seenot, um die Lücke einer staatlichen Seenotrettung so lange zu füllen, bis die EU ihrer Pflicht nachkommt.
Wie kam es zur Gründung des Vereins?
Sea-Watch wurde in ganz kleinem Kreis in Norddeutschland gegründet. Eine Handvoll Aktivist*innen beschlossen, dem Sterben auf dem Mittelmeer und der dahinterstehenden politischen Agenda nicht länger tatenlos zuzuschauen. Aus einem fast 100 Jahre alten Fischkutter wurde dann das erste Schiff, die „M/S Sea-Watch“. Sie setzte von Lampedusa aus die Segel in Richtung libysche Küste, um dort in Seenot geratene Boote zu retten und staatliche Behörden zu alarmieren. Schnell wurde klar, dass europäische Behörden nicht die Absicht verfolgten, Menschen auf dem Meer zu retten. Was also tun? Der Verein kaufte ein deutlich größeres Schiff, mit der „Sea-Watch 2” wurde die Flotte verstärkt. Aktuell ist die „Sea-Watch 3” auf dem zentralen Mittelmeer im Einsatz. Die ehemalige „Sea-Watch 4”, die nun „Humanity 1” heißt, wird durch die Organisation SOS Humanity betrieben.
Wie unterstützt die GLS Bank die Arbeit der Seenotrettung?
Mit einem Kredit der GLS Bank und einer Finanzierungskampagne der GLS Crowd sowie privaten Spenden wird aus der Zivilgesellschaft heraus die „Sea-Watch 5“ einsatzfähig gemacht. Das Schiff heißt noch „Ocean Don” und liegt derzeit in Norwegen. Es ist größer und schneller als alle Schiffe, die der Verein bisher hatte. Sie bietet mit 230 m² Fläche auf dem Deck Platz für bis zu 500 Gäste. Das macht den Aufenthalt geretteter Personen sicherer und komfortabler. Mit dem Baujahr 2010 ist das Schiff recht jung. Ein weiterer Grund für die Neuanschaffung ist die Tatsache, dass die „Sea-Watch 3“ bald in den Ruhestand verabschiedet werden muss.
Welche Motivation treibt die Sea-Watch-Mitarbeitenden?
„Wir wollen uns selbst abschaffen“, sagt Mattea Weihe. Sie ist eine der Pressesprecher*innen der Organisation und war zuvor selbst Aktivistin. Seit nun sieben Jahren fordert sie (und der Verein), dass es eine staatlich koordinierte Seenotrettung geben muss. Zudem setzen sich die Sea-Watch-Mitarbeitenden für legale und sichere Einreisewege für Schutzsuchende ein, damit das Problem an der Wurzel bekämpft wird. Denn die Flucht über das Meer ist meistens nur die gefährliche Lösung, weil alle anderen Wege versperrt sind.
Welche Funktion haben Flugzeuge in der Seenotrettung?
Neben dem Einsatz auf Schiffen arbeitet der Verein auch mit Flugzeugen. Sie heißen „Seabird 1“ und „Seabird 2“. Zusammen mit der Schweizer humanitären Piloteninitiative (HPI) fliegt Sea-Watch ein großes Seegebiet ab. Dort werden Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. Das sind etwa illegale Rückführungen nach Libyen durch die sogenannte Libysche Küstenwache oder unterlassene Hilfeleistungen. Die Mitarbeitenden melden Notfälle an die Rettungsleitstellen und -schiffe. Zudem sitzen in den deutschen Büros von Sea-Watch dutzende Mitarbeiter*innen, die sich um politische Öffentlichkeitsarbeit, Veranstaltungen, strategische Prozessführung, Finanzierung und Medienarbeit kümmern.
Wie finanziert sich die Organisation?
Der Verein für Seenotrettung finanziert sich ausschließlich durch Spenden. Deswegen ist es Mattea Weihe wichtig zu betonen, dass am Ende alle Finanzierer*innen Teil der Crew sind. Denn nur durch das gemeinsame Kapital wird die Arbeit möglich gemacht. „Alle, die dem Ertrinken nicht mehr zusehen wollen, helfen mit. Es ist eine Gesellschaft, die ihre Verantwortung wahrnimmt“, sagt sie. Der wichtigste Wert dabei sei die Solidarität: „Menschen auf der Flucht zu unterstützen und ihr Recht auf einen sicheren Hafen einzufordern, das können wir nur gemeinsam.“
Mehr über die Arbeit von Sea-Watch findet ihr auf der Homepage der Organisation.
Wenn dich du dich fragst, was eigentlich Crowdfunding und Crowdinvesting ist, empfehlen wir unseren Blog-Beitrag „10 Jahre Crowd – eine Bilanz“.
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