Seit 2002 ist Marion Amelung bei der GLS Bank. Sie ist unsere Kreditspezialistin und Branchenkoordinatorin im Bereich Bildung. Im Interview gibt sie Einblicke in ihre Arbeit.
Du bist seit über zehn Jahren bei der GLS Bank im Kreditbereich tätig. Von Anfang an hast du dich auf den Bereich Bildung spezialisiert. Was genau ist dein Aufgabenfeld?
Seit einiger Zeit bin ich zusätzlich zu meiner Tätigkeit als Kundenbetreuerin auch Branchenkoordinatorin für den Bereich Bildung. Das heißt ich berate private Schulen und Kindergärten, wenn es um einen Finanzierungsbedarf geht – zum Beispiel wenn ein Bauvorhaben geplant ist. Vornehmlich in den Bundesländern Hessen, Thüringen Rheinland-Pfalz aber auch Bayern und Baden-Württemberg. Darüberhinaus befasse ich mich gesamtbankmäßig mit dem Thema Bildung. Ich schaue, wo interessante Netzwerkpartner sind und welche gesellschaftspolitischen Themen gerade aktuell sind, wie zum Beispiel Inklusion. Ich untersuche, was diese Themen für Schulen bedeuten und vor allen Dingen, was das auch für die finanzielle Situation von Schulen und Kindergärten heißt. Zusätzlich kümmere ich mich noch um Fortbildungsveranstaltungen im Bereich Bildung. Ich mache Öffentlichkeitsarbeit für den Bereich und möchte die GLS Bank gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen nach vorne bringen.
Welche Bildungseinrichtungen bzw. Projekte werden von der GLS Bank finanziert?
Wir vergeben Kredite an Schulen und an Kinderbetreuungseinrichtungen in freier Trägerschaft – wie z.B. Hort, Kita. Bei den Schulen handelt es sich in der Regel um Ersatzschulen, die sich an den landesüblichen Lehrplan halten und Zuschüsse vom jeweiligen Bundesland bekommen. Diese Zuschüsse decken in der Regel nur ca. 70 Prozent des Aufwandes einer Schule ab. Deshalb sind die meisten Schulen gezwungen, Schulgeld zu nehmen.
Bei der Kreditvergabe wird ja nicht nur nach reinen Zahlen geschaut, sondern du nimmst auch persönlich Kontakt auf und betrachtest das Umfeld. Die Menschen hinter den Projekten spielen sicherlich auch eine wichtige Rolle?
Richtig! Wir nehmen natürlich immer mit den Antragstellern persönlichen Kontakt auf. In der Regel sind das Vereine, manchmal auch GmbHs. Insbesondere bei Schulen ist es so, dass sie gemeinnützig sein müssen. Sonst bekommen sie keine staatlichen Zuschüsse. Wir suchen auch das Gespräch nicht nur mit den Geschäftsführern oder den Vorständen, sondern manchmal auch mit Eltern und Lehrern, um uns einen Eindruck zu verschaffen, wie breit die Basis für diese Schule ist. Gibt es wirklich viele Menschen, die das Projekt wollen und die sich engagieren? Das ist für uns ganz wichtig.
Wie genau sieht die Finanzierung aus, die die GLS Bank dann leistet? Gibt es ein besonderes Konzept im Bereich Bildung und wie sieht so eine typische Kreditvergabe aus?
Also erst mal vergeben wir alle Formen von Krediten, die klassische Banken auch vergeben. Wir leiten auch öffentliche Mittel weiter von der KfW Bank oder sonstigen Förderbanken. Wir haben zwei Finanzierungsinstrumente, die wir selber entwickelt haben, explizit für Einrichtungen in Gründungsphasen. Denn gerade da ist es für Schulen oder Kitas besonders schwierig Finanzierungen zu bekommen. Dafür gibt es das sogenannte Bürgschaftsdarlehen, wo sich alle Beteiligten, besonders die Eltern, durch eine kleine Bürgschaft hinter das Projekt stellen und dadurch dem Verein oder der GmbH eine Möglichkeit geben, auch eine Sicherheit darzustellen für ein Darlehen. Diese Darlehen werden zur Kostendeckungsumlage vergeben. Und dann gibt es das Instrument der Leih- und Schenkgemeinschaft. Das ist eine Form der Spendenvorfinanzierung, wenn es mehrere Menschen gibt, die der Einrichtung regelmäßig Spenden zukommen lassen möchten – und die Einrichtung den Gesamtbetrag jedoch schon vorab benötigt.
Auf welche Herausforderungen triffst du denn bei den besonderen Finanzierungsformen? Gibt es Besonderheiten, die da öfters auf dich zukommen?
Wie ich schon sagte: Diese Finanzierungen, diese Projekte unterscheiden sich gegenüber dem normalen Firmenkundengeschäft bei anderen Banken dadurch, dass es gemeinnützige Träger sind. Man kann bei Ihnen nicht sagen: Wenn die Rendite maximal ist, dann ist alles wunderbar. Das funktioniert mit der Gemeinnützigkeit nicht. Das heißt, man muss einen ganz anderen Blick auf das Projekt werfen, als man es klassischer Weise bei Unternehmensfinanzierungen macht. Man muss sich wirklich ein Bild machen von dieser Schule, von dem Projekt, von dem Standort. Oft hat man es mit sehr engagierten Personen zu tun, die sich sehr stark um pädagogische Themen kümmern, aber nicht unbedingt den Fokus auf das Thema Wirtschaftlichkeit legen. Zusätzlich muss der kaufmännische Bereich personell gut besetzt sein. Wenn man Glück hat, hat man Eltern dabei, die kaufmännisch sehr versiert sind. Wenn dann noch jemanden dabei ist, der sich mit Öffentlichkeitsarbeit auskennt, hat man gute Startvoraussetzungen für eine langfristig gut laufende Einrichtung.
Am Anfang hast du erwähnt, dass du auch immer schaust, was gesellschaftpolitisch in deinem Bereich los ist. Merkst du da, dass Themen wie z.B. im Moment die Inklusion, Einfluss auf die wirtschaftliche Situation von Schulen haben?
Natürlich. Kurz nachdem die Pisa-Studie rauskam, gab es einen Gründungsboom von Schulen in freier Trägerschaft. Das hat dem Thema Schulen in freier Trägerschaft wirklich einen starken Aufschwung bereitet. Das Thema Inklusion betrifft die Schulen stark und hat auch wirtschaftliche Auswirkungen. Es gibt viele Förderschulen in freier Trägerschaft. Die Zahl der Schüler an diesen Schulen geht stark zurück, weil viele Eltern behinderter Kinder ihre Kinder möglichst auf allgemeinbildende Schulen schicken möchten. Das heißt diese Förderschulen müssen sich umorientieren und neue Konzepte entwickeln. Es gibt einige Schulen, die haben das sehr gut gemacht. Die sagen: Wir können sehr gut auf die individuellen Fähigkeiten der Schüler eingehen, also machen wir es doch so, dass wir diese individuelle Förderung auch Kindern ohne Beeinträchtigung anbieten. Das sind natürlich Umstrukturierungsprozesse, die sich über ein, zwei Jahre hinziehen. Und es ist auch die Frage, wie die finanzielle staatliche Förderung sich entwickelt. Wenn der Staat sagt: Wir fördern nur noch Inklusion, wie sieht das dann für die Förderschulen aus? Im Moment ist da viel Bewegung.
Du arbeitest schon seit sehr langer Zeit in dem Bereich Kreditvergabe Bildung, was ist denn das beste an deinem Job?
Dass ich meine Kenntnisse im Bankfach verbinden kann mit einem inhaltlichen Thema, das mich unglaublich interessiert. Schulen sind sehr lebendige Organisationen und ich freue mich immer sehr, wenn ich einen Anlass habe eine Schule oder eine Kita zu besuchen. Ich habe das Gefühl, wirklich sinnvolle Projekte zu begleiten. Wenn sich dann eine Schule etabliert hat und wir ihr durch unsere Expertise im Bereich Bildung helfen, ist das ein sehr zufriedenstellendes Gefühl. Wenn ich bei einer anderen Bank sitzen würde, und mich für das Thema Schulen interessieren würde dann hätte ich überhaupt nicht die Möglichkeit da irgendetwas zu tun.
Bildung
ist auch das Schwerpunktthema in unserer Bankspiegelausgabe 2/14.
Schreibe einen Kommentar