Die Fronten zwischen der konventionellen Landwirtschaft und Umweltschützer*innen scheinen sich mit jeder neuen Studie, die den Zusammenhang zwischen Trinkwasserverschmutzung oder Biodiversitätsverlust und landwirtschaftlich konventionell genutzten Flächen belegt, immer weiter zu verhärteten. Wie können wir die Spaltung aufheben?
Gibt es überhaupt eine Spaltung oder bezieht sie sich vielmehr auf Randgruppen? Wir müssen uns klar machen, dass weniger die einzelnen Landwirt*innen, sondern das System um die konventionelle Landwirtschaft Ursache für viele Umweltzerstörungen sind. Wir brauchen keine Fronten, sondern einen gemeinsam gestalteten Wandel, der jede*m zu Gute kommt.
Landwirt*in zu sein, ist nicht einfach
Heute wissen viele Landwirt*innen nicht mehr vor und nicht zurück: Auf der einen Seite stehen berechtigte wenn auch pauschalisierende Schuldzuweisungen für Umweltprobleme. Auf der anderen Seite haben sich die Konsument*innen an die von Supermarktketten gepushten immer niedrigeren Preise gewöhnt. Das Überleben der meisten Höfe beruht auf den Zahlungen von Fördergeldern der EU und der Regierung. Diese beziehen wertvolle ökologische Leistungen jedoch kaum ein. Landwirt*innen stehen zwischen den Stühlen.
Ohne unsere Bäuer*innen geht es nicht
Ohne die landwirtschaftlichen Produkte und Leistungen funktioniert nichts: Nicht die Bio-Kantine im Erdgeschoss der GLS Bank, nicht das Lieblingsrestaurant um die Ecke, nicht die Futterproduktion für unsere Haustiere und nicht die Stromerzeugung aus der Biogasanlage. Ob Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Viehzucht, Garten- oder Ackerbau: Ihre Leistungen bilden die Grundlage für andere Wirtschaftssektoren und alle Lebensbereiche. Und nicht erst seit der COVID-19 Pandemie sollte klar sein, wie wertvoll unabhängige und regionale Wertschöpfungsketten und eine stabile Versorgung sind.
Es ist Zeit für Aufklärung!
Wir müssen trotz berechtigter und wichtiger Kritik an der konventionellen Landwirtschaft genauer hinsehen und undifferenzierte Schuldzuweisungen für Umweltschäden ausräumen. Was sind die Gründe für die mit der Landwirtschaft verbundenen Umweltprobleme? Wieso gibt es noch Betriebe, bei denen Tierwohl keine Rolle zu spielen scheint? Die Antworten sind sicherlich vielschichtig und wie immer liegt der Teufel im Detail – und doch ist ein sehr bedeutender Aspekt offensichtlich: Das Problem ist, dass die Preise für unsere Lebensmittel nicht die wahren Kosten widerspiegeln, die mit ihrer Produktion und Verarbeitung verbunden sind. Trinkwasserverschmutzung, Bodenerosion und Pestizidverunreinigungen sind nur einige Folgekosten, die nicht im Preis enthalten sind.
Am Ende ist es jede*r Einzelne, der/die am Ende die erhöhte Wasserabrechnung bezahlt, weil die Wasserbetriebe das Trinkwasser aufwendiger reinigen müssen. Oder es sind die zukünftigen Generationen, die keine Lebensmittel mehr anbauen können, weil die Böden unfruchtbar sind. Das ist nicht fair. Was wir brauchen sind politische Rahmenbedingungen, die diese Folgekosten einpreisen und für Anwender*innen finanzielle Anreize für umweltfreundliche Landwirtschaft bieten. Nur so kann das verzerrte Preisverhältnis zwischen „bio“ und „konventionell“ wieder zurechtgerückt werden. Nur wenn Preise die wahren ökologischen und sozialen Kosten widerspiegeln, können Konsument*innen verantwortungsvolle Entscheidungen an der Ladentheke treffen: Weil der Preis dann endlich ein Signal in die richtige Richtung sendet. Weil der Preis dann endlich den wahren gesellschaftlichen Wert widerspiegelt.
Der Wandel geht nur zusammen
Die Situation ist verfahren: Es wird nach Umweltschutz, Tierwohl und Qualität verlangt. Auf der anderen Seite werden meist die günstigsten Produkte gekauft. Bei deren Produktion bleibt durch den stetigen Preisdruck gar keine Zeit, kein Raum und kein Geld für Tierwohl und Umweltschutz. Wenn wir einerseits einen ökologischen Wandel der Landwirtschaft fordern, müssen wir andererseits als Verbraucher*innen auch diesen ökologischen Wandel mitgehen und über entsprechende Kaufentscheidungen einfordern. Statt immer günstigere Preise zu fordern, brauchen wir ein Umdenken: Wie wir essen, was wir essen und was wir dafür bereit sind zu zahlen.
Ein Systemwandel ist notwendig
Wir müssen uns den Ursachen der mit der konventionellen Landwirtschaft einhergehenden Umweltprobleme bewusst werden. Durch Kaufentscheidungen können wir einen ersten Schritt in eine nachhaltige Zukunft gehen – ein Wandel des Systems Landwirtschaft ist jedoch die Stellschraube, um eine Landwirtschaft zu gestalten, die der Natur und den Landwirt*innen zu Gute kommt. Nur, wenn finanzielle Anreize umweltfreundliches Handeln belohnen und umweltschädliches Handeln bestrafen, kann die Landwirtschaft nachhaltig sein und die Natur geschützt werden.
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