Archivbeitrag

Warum ist Hafermilch teurer als Kuhmilch?

Kuhmilch wird mit immensem Aufwand hergestellt, ist für mich als Verbraucherin aber günstig. Hafermilch besteht aus Wasser und Körnern – und dieses Produkt ist richtig teuer. Jedes Mal, wenn ich einkaufen gehe, frage ich mich: Wie kann das sein?

Wir halten Kühe in riesigen Hallen, die im Winter geheizt und im Sommer gekühlt werden. Die Kühe werden künstlich befruchtet, die männlichen Samen werden in einer Samenbank eingekauft. Unmengen an Futter werden benötigt, damit die Hochleistungskuh konstant eine hohe Milchmenge liefert. Vollautomatische Maschinen melken die Kühe. Im Anschluss wird die Kuhmilch unter hohem Energieaufwand erhitzt und geschleudert (pasteurisiert und homogenisiert), mit Kühllastern zu Molkereien gefahren und abgefüllt. Das Ganze kostet mich im Supermarkt etwa 70 Cent pro Liter.

Für Hafermilch werden Körner in Wasser gemixt und abgefüllt, der Liter kostet etwa zwischen 1,50 bis 2,20 Euro. Dabei besteht die Hafer-Pflanzenmilch nur zu 5 bis 15 Prozent pro Liter aus Hafer, der Rest ist Wasser. Es kommen meist noch günstiges Sonnenblumenöl und Meersalz hinzu. Die Kosten für die Herstellung sind also verschwindend klein, vor allem verglichen mit dem riesigen Aufwand, den es für die Gewinnung von Kuhmilch benötigt. Vom Preis, den wir für die damit verbundene Umweltzerstörung und auch angesichts der ethischen Thematik bezahlen, mal ganz abgesehen.

Also: Was läuft hier falsch? Die Gründe dafür sind vielfältig…

Die Kuhmilch Subventionen

Der Hauptgrund für die Preisunterschiede sind Subventionen. Die Milchwirtschaft befindet sich seit Jahren in der Krise, da in anderen Teilen der Welt billiger produziert werden kann. Die Milchpreise fallen und der Konkurrenzdruck durch Importe nimmt zu. Der Preis für ein Kilogramm Milch lag im Juni 2021 bei durchschnittlich rund 35,8 Cent, den die abnehmenden Molkereien an die Milchbauern zahlten.

Das heißt: Ohne massive Subventionszahlungen könnte die Milchproduktion in der EU nicht aufrechterhalten werden. Zu teuer sind die Herstellungskosten im Vergleich zum Preis, der im Laden erzielt werden kann. Würden die wahren Herstellungskosten an die Verbraucher weitergegeben – Umweltkosten noch nicht eingerechnet – müsste jeder Liter Milch für mindestens zwei Euro über die Ladentheke gehen. Viele Menschen würden stattdessen zur Pflanzenmilch greifen und tausende Milchbetriebe müssten schließen.

Wirtschaftslobbyismus

Die Milchindustrie ist eine der bedeutendsten Segmente in der deutschen Ernährungswirtschaft. So werden mit Milchprodukten die zweitmeisten Umsätze erzielt – nach Fleisch und Fleischprodukten. Neben Kuhmilch gehören zu den Milchprodukten auch SahneerzeugnisseJoghurtTrockenmilcherzeugnisse (z.B. Milchpulver), Butter, Hart-, Schnitt- und Weichkäse sowie Frischkäse und Speisequark. Es sind also nicht nur die rund 57.000 Milchbäuer*innen, die durch das Drehen an Stellschrauben in ihrer Existenz bedroht sein könnten. Im Jahr 2021 waren in Deutschland weitere 42.217 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im milchverarbeitenden Gewerbe beschäftigt.

Der Umsatz in der Milchverarbeitung in Deutschland beträgt 29,6 Milliarden Euro. Die Umsätze vieler einflussreicher Unternehmen wie Dr. Oetker, Müller Milch, Zott, Ehrmann, Coppenrath & Wiese, Meggle, frischli uvm. sind abhängig von billiger Kuhmilch. Die Industrie, im Namen mehrerer großer Milchverbände, setzt die Politik massiv unter Druck mit dem Argument des Verlustes von Arbeitsplätzen. Statt die umweltschädliche Produktion umzulenken in nachhaltigere Branchen wird uns in Dauerschleife eingeschärft, wie gesund und lecker Milchprodukte sind. Millionenschwere Kampagnen machen uns weiß, dass Kuhmilch quasi unersetzlich für ein gesundes Kinderwachstum ist. Dem gegenüber steht keine Hafermilchlobby.

Steuern

Kuhmilch wird in Deutschland als „unverarbeitetes Lebensmittel“ mit 7 Prozent besteuert. Pflanzenmilch fällt unter „verarbeitete Lebensmittel“ so dass ein Steuersatz von 19 Prozent fällig wird. In einigen Ländern zahlt man eine erhöhte Mehrwertsteuer auf Produkte, die negative Auswirkungen auf die Gesellschaft haben. Frankreich hat eine Steuer auf Zucker und Süßungsmittel in Softdrinks eingeführt, Dänemark erhebt eine Steuer auf Nahrungsmittel mit einem hohen Gehalt an gesättigten Fettsäuren.

In Deutschland hat die Milchlobby ganze Arbeit geleistet und so absurd wie es klingen mag: Das hochindustrielle Produkt Kuhmilch, das in aufwendigen Verfahren homogenisiert und pasteurisiert wird, gilt als „unverarbeitet“, während Körnerwasser als „verarbeitet“ gilt. An dieser Stelle hätte die Politik eine Lenkungswirkung. Leider wird sie nicht genutzt.

Gewinnmargen

Die Gewinnmargen der verschiedenen Player entlang der Wertschöpfungskette, also der Produzent*innen, Zwischenhändler*innen und Supermarktketten, machen den Löwenanteil des Preises von Hafermilch aus. Teils über 40 Prozent des Preises, den wir im Laden bezahlen, kann auf sie zurückgeführt werden.

Bei Konsument*innen von pflanzlichen Drinks haben Marktforschungsinstitute eine besonders hohe Zahlungsbereitschaft nachgewiesen. Laut Studien ist eine vegan lebende Person oft weiblich, Akademikerin und hat einen guten Job. Veganer*innen können es sich leisten, für pflanzliche Drinks mehr zu bezahlen, weil ihnen Tierwohl und die Umwelt wichtig sind. Diese hohe Zahlungsbereitschaft wird ausgenutzt, um die maximale Marge abzuschöpfen. Der Preis ist hoch, weil die Kund*innen es sich leisten können.

In jüngster Zeit gesellt sich noch ein weiterer Faktor dazu: Milchalternativen sind in. Spätestens seit dem Aufkommen der FridaysforFuture zählen vegane Lebensmittel in städtischen Gebieten zu Lifestyle-Produkten – auch das fördert die Zahlungsbereitschaft. Hafermilch beruhigt das Gewissen, etwas für die Umwelt zu tun. Dabei profitiert häufig vor allem ein großer Konzern von einer hohen Marge.

Mein Fazit

Mit Milliarden von Steuergeldern erhält die EU eine Industrie am Leben, die der Umwelt großen Schaden anrichtet und nicht am Tierwohl ausgerichtet ist. Was einmal gut gemeint war, nämlich günstige Lebensmittel für alle nach Kriegsende verfügbar zu machen, ist ins Gegenteil umgeschlagen. Längst wissen wir: Zu viel Kuhmilch ist weder gesund noch nachhaltig. Die Industrieverbände schaffen es mit ihrem großen politischen Einfluss dennoch, die Milchindustrie durch Subventionen und Steuern am Leben zu halten.

Was könnt ihr tun?

Ich will Kuhmilch nicht verteufeln. Es ist die Milchindustrie, die von Grund auf falsch ist. Wenn ihr Milch kauft, kauft sie direkt beim Bio-Bauern, so umgeht ihr die Molkereien und Zwischenhändler. Schließt euch einer Solawi an und zahlt euren Bäuerinnen und Bauern einen fairen Preis.

Was meint Ihr? Schreibt es uns gern als Kommentar.

Passend dazu, unser Artikel:

Die Kuh – ein Klimakiller?

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16 Antworten zu „Warum ist Hafermilch teurer als Kuhmilch?“

  1. Avatar von Eric Manneschmidt
    Eric Manneschmidt

    Wie so oft, z.B. auch beim Kohleausstieg, werden die Arbeitsplätze – hier in der Milchindustrie – ins Treffen geführt, um Subventionen, Steuerbegünstigungen und andere Vorteile für umweltschädliche Aktivitäten zu rechtfertigen.
    Dagegen hilft m.E. letztlich nur die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens. Dann liesse sich endlich ergebnisoffen darüber diskutieren, was unter welchen Bedingungen produziert werden soll.

    Bis zum 25.6.22. läuft noch eine Europäische Bürgerinitiative für Bedingungslose Grundeinkommen in der EU, mehr Info und Unterzeichnung hier: https://www.ebi-grundeinkommen.de/

    (übrigens ist hier noch ein Tippfehler drin: „Millionenschwere Kampagnen machen uns weiß,…“ -> „machen uns weis“ wäre richtig, hat nämlich mit der Farbe nichts zu tun.)

  2. Avatar von Krischan
    Krischan

    Als der Analogkäse, also ein Käseersatzstoff, auf der industriellen Fertigpizza landete, war er billiger als Käse aus echter Milch. Die Leute schrieen auf, sie wollten keinen Analogkäse auf der Pizza. Heute wird Analogkäse anders aufbereitet. Er sieht aus, wie echter Käse. Und er erzielt Höchstpreise mit dem Label ‚vegan‘. Dabei ist es völlig egal, ob Nährstoffe im Produkt enthalten sind. Hafermilch ist verdünnter Haferbrei. Niemand muss das Zeug aus industrieller Produktion schlucken. Es lässt sich mindestens so einfach erschütteln wie Haferbrei. Wer echte Milch direkt vom Erzeuger im Milchautomaten kauft, zahlt weniger als im Supermarkt oder Bioladen für Biomilch. Das lässt sich nur damit erklären, dass Menschen, die sich selbst als ‚bessere Menschen‘ hochstilisieren, nicht wissen, was hinter ihren geliebten Handelslabels stecken. In keinem Fall ist es eine umweltschonende Landwirtschaft, sondern ein renditegieriges Marketing.

    1. Avatar von Thorsten Stüker
      Thorsten Stüker

      Aber Aber, die Autorin schreibt ja, dass es 40% Margen sind bei der Hafermilch. Das ist doch gar nicht viel. Im Kopf der schlecht recherchierenden Autorin ist die Hafernotierung wohl von 165 Euro die Tonne auf ein Vielfaches dessen gestiegen.

      Hafermilch herzustellen ist ein Low Budget Geschäft. Dafür braucht es kaum Maschinen, eine Mischanlage und ein Tetrapack Abfüllen sind alles, was man braucht. Und unbedingt natürlich Hafer, salz und ein wenig Energie. Das Ergebnis ist: Hafermilch. In der Produktion rund 9 ct. der Liter. Geht aber auch billiger. Faktur: 11. Das ist bares Geld, dass die Industrie hier verdient. Mit einem Produkt, welches eigentlich nichts enthält außer Wasser, Hafer, Salz und manchmal Zucker oder Zuckeraustauschstoffe.

      Ich will die Hafermilch nicht verteufeln aber wenn wir wollen, dass damit die Kuhmilch verdrängt wird, dann muss der Preis runter. Und der ist nicht durch die 19% Mehrwertsteuer diktiert sondern durch den Abgabepreis an den Großhandel. Die Distribution und der Verkauf kosten dann wieder dasselbe abzüglich der enormen Kosten für die Kühlung der Milch.

      Ich kann kaum fassen, dass ein solcher Beitrag ernst gemeint ist.

    2. Avatar von Ralph
      Ralph

      Die Frage lässt sich ganz einfach beantworten: Hafermilch ist ein Lifestyle-Produkt. Milch nicht. Der im Laden und somit auch in der Vermarktungskette erzielte Preis hat nichts mit dem echten Wert eines Produktes zu tun. Einen ethischen Diskurs kann man gerne versuchen, damit zu verknüpfen. Auch ist er wichtig. Nur führt er in diesem Fall zu nichts.

  3. Avatar von Oliver Schmitt
    Oliver Schmitt

    Pflanzenmilch selber machen hilft sparen. Ansonsten immer fleißig die Politiker*innen sticheln.

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