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GLS Beitrag: Im Neuland

Die Mitglieder der GLS Bank stärken das sinnvolle Banking. Ein Rückblick auf eine historische Generalversammlung.

Mitten in der Aussprache stand ein Mitglied auf und sagte: Egal wie die Entscheidung ausfalle – allein bei dieser Diskussion dabei zu sein habe sich schon gelohnt. Damit war auf den Punkt gebracht, was die GLS Gemeinschaft in den vergangenen zwei Jahren erreicht hat.

Bereits 2014 war klar, dass wir – die Banken und ihre Kundschaft – vor einschneidenden Veränderungen stehen. Die Sinn-Frage: „Warum GLS Bank?“ musste ergänzt werden: „Was ist Ihnen sinnvolles Banking wert?“

Viele tausend Antworten haben wir dazu bekommen. Bei zwei Generalversammlungen, bei Befragungen, in direkten Gesprächen, in den sozialen Medien. Dies mündete in eine – in jeder Hinsicht – außerordentliche Generalversammlung am 10. Dezember. Rund 1200 Mitglieder aus ganz Deutschland waren gekommen. Einige hatten stundenlange Anreise auf sich genommen, um ihre Stimme abzugeben. Ulrich Walter, Vorsitzender des Aufsichtsrats, betonte: „Eine solch starke Beteiligung ist nicht selbstverständlich. Das sorgt dafür, dass Ihre Beschlüsse eine ganz starke Legitimität haben.“

So steht nun fest: Der GLS Beitrag wird in der Satzung verankert. Knapp 80 Prozent stimmten dafür. Medien zeigten sich erstaunt. Die FAZ schrieb, dies sei „vermutlich nur durch idealistische Motivation erklärbar“.

Eine mehr als eindrucksvolle Motivation. Dank des Ideenreichtums der Mitglieder standen vier Anträge neben dem Beitrag zur Auswahl. Diese zielten auf soziale Gerechtigkeit ab, auf höheren Einsatz einzelner Mitglieder, auf mehr Konzentration. Das Engagement der Anwesenden ist groß. Die Zahl der Wortmeldungen übersteigt schnell den Raum der Aussprache.

Nun ist das Besondere der GLS Bank gestärkt: Ihre einzigartige Grundleistung. Sie stellt alles zur Verfügung, was von einer sozial-ökologischen Bank erwartet wird. Ehrliche Beratung. Sinn als Ziel. Transparenz. Eine Infrastruktur die Geld mit Werten auflädt. „Wir betreten Neuland“, erklärt Ulrich Walter, „und das in guter Tradition, denn auch die GLS-Gründung war Neuland“. Das Prinzip kennen wir durchaus, etwa von unserem Stromanbieter. Der nimmt einen Grundpreis und berechnet zusätzlich die jeweiligen Kilowattstunden.

Der Beitrag brachte der GLS Bank viel Aufmerksamkeit. Denn alle 1700 Banken Deutschlands müssen ihr Geschäftsmodell überdenken. Das sagen Aufseher, das sagen Berater, das sagen viele Banker selber. Man muss sich die Tragweite klar machen. Bei Autobauern ist es die Elektromobilität. Bei den Stromriesen sind es die Erneuerbaren. Und für die Geldhäuser ist es gleich dreierlei: der Niedrigzins, Regulierung, Digitalisierung.

Eine Reaktion darauf sind Fusionen: Von 7000 Genossenschaftsbanken 1970 sind heute keine 1000 mehr übrig. Tendenz fallend. Eine andere Reaktion ist Abbau: Weniger Personal, weniger Filialen.

Die GLS Bank geht ihren eigenen Weg. Dafür ist der Beitrag eine wichtige Grundlage, angestrebt werden rund zehn Millionen Euro pro Jahr. Weiterhin wird es aber auch eine Zinsmarge geben, und weiterhin muss die GLS Bank günstiger werden, und weiterhin werden neue Angebote entwickelt. Dazu gehören ein Crowdfunding, eine App mit Kreditkunden vor Ort sowie eine Plattform für den Austausch.

Was bleibt? Ein Prozess, der für die Finanzwirtschaft einmalig war. Und eine außerordentliche Generalversammlung als vorgezogene Bescherung. Thomas Jorberg: „Wer kriegt schon 1200 Weihnachtsgeschenke? Sie setzen ein Signal, dass ihnen die GLS Bank am Herzen liegt. Danke“.

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27 Antworten zu „GLS Beitrag: Im Neuland“

  1. Avatar von Bernd Greschke
    Bernd Greschke

    Die GLS-Bank ist hat mit dem Beitrag zweifelsohne neue Wege beschritten – und ist nach meinem Empfinden leider auf halbem Weg auf die alten Wege abgezweigt.
    Mit meiner Mini-Frührente habe ich nach längerem Ringen die deutlich höheren Gebühren akzeptiert. In mehreren Briefen und Telefongesprächen habe ich Ihnen dargelegt, dass mein Beitrag zur Arbeit der GLS nicht finanzieller Art sein kann, ich mich aber anderweitig engagiere. Es gibt viele Wege, die Arbeit der GLS zu unterstützen, nicht nur mit Geld. Nun haben Sie sich für Menschen mit einem sehr kleinen Einkommen auch für einen – zwar geringen – festen Beitrag entschieden und ich merke, dass, obwohl der weitere Euro im Monat mich sicher nicht hungern lässt, die Grenze meiner Bereitschaft überschritten ist.
    Ich verstehe, dass Sie mit festgelegten Beitragshöhen die zu erwartenden Einnahmen absehen möchten. Ich bin mir aber sicher, dass Sie mindestens die gleiche Summe eingenommen hätten, wenn Sie es Menschen mit niedrigen Einkommen freigestellt hätten, ob und gfls. in welcher Höhe sie einen finanziellen Beitrag leisten wollen, und die anderen Kunden und Mitglieder um freiwillig höhere Beiträge gebeten hätten, um das auszugleichen.
    Schade, dass die GLS den neuen Weg nicht weiter gegangen ist. Meine Verbundenheit mit der GLS hat dadurch gelitten. Wahrscheinlich werde ich mich mit meinem drittklassigen Einkommen für eine zweitklassige Bank entscheiden. Das wird der GLS finanziell nicht weh tun, sie wird aber ein Stück konventioneller.

    1. Avatar von Julian Mertens
      Julian Mertens

      Lieber Herr Greschke,
      wir freuen uns, dass Sie sich für den sozial-ökologischen Wandel engagieren und die GLS Bank aktiv unterstützen. Nach dem Beschluss der Mitglieder sind vom GLS Beitrag befreit: Minderjährige und Menschen mit Basiskonten. Eine freiwillige Zahlung aller Kundinnen und Kunden wurde als Antrag auf der Generalversammlung vorgestellt, diskutiert und fand in der Abstimmung keine Mehrheit. Gegenüber den Mitgliedern und Kunden ist eine stabile Finanzierung der Bank wichtig, so dass sie dauerhaft und verlässlich ihren Verpflichtungen nachkommen kann. Hierfür deckt der GLS Beitrag unsere Kernleistungen ab: Unser sinnvolles Bankgeschäft und unsere unabhängige Beratung unabhängig davon, welche Beträge unsere Kundinnen und Kunden bei uns anlegen bzw. in welcher Höhe sie Kredit nachfragen.
      Herzliche Grüße,
      Julian Mertens

  2. Avatar von Langjähriges Mitglied
    Langjähriges Mitglied

    Liebe GLS

    Ich bin schon über 10 Jahre Mitglied.
    Aus idealistischen Gründen. Nicht wegen Renditeerwartungen etc.
    Was mich betrübt ist das Gefühl, nicht mitbestimmen zu können.
    Ich kann es mir finanziell nicht leisten nach Bochum zu einer Abstimmung zu fahren. So geht es viele anderen in meinem Bekannten- und Freundeskreis.
    Ich (wir) kennen / haben niemanden der es sich finanziell leisten kann, um nach Bochum zu fahren, also können wir auch niemanden unsere Stimme geben.
    Somit werden viele Stimmen nicht „gehört / gezählt“ und man / Frau kommt sich ganz klein vor, was man eigentlich nicht möchte, da wir alle zur GLS dazugehören und gehört werden wollen!

    1. Avatar von Christian Eichbauer
      Christian Eichbauer

      Liebes Mitglied,
      vielen Dank für Ihren Post. Ich habe mich gefreut, weil es immer schön ist zu erfahren, wie verbunden Menschen mit der Bank sind. Das gibt mir Zuversicht.

      „Gehört“ wird Ihre Stimme, bitte seien Sie sich dessen sicher.
      Im gesamten 2-jährigen Entwicklungsprozess des GLS Beitrags haben wir im Dialog mit unseren Kunden*innen und Mitgliedern gestanden. Herrn Jorbergs Mitgliedereise durch alle Filialen etwa (jeweils zu Beginn des Jahres) dient ebenfalls dem Zweck, Meinungen, Stimmungen und Rückmeldungen von Ihnen aufzunehnmen.

      Bezüglich der Abstimmung auf der Generalversammlung: wir glauben, das der persönliche Austausch von Mensch zu Mensch durch nichts zu ersetzen ist. Er ist wichtig für die Abstimmung selbst.

      Den Impuls zu einer virtuellen Abstimmungsmöglichkeit haben wir jedoch aufgenommen. Und denken über Möglichkeiten nach. Wir waren hierzu schon im Gespräch mit einer Genossenschaften, die eine Abstimmung per Internet erprobt hat.

      Vielleicht nicht in diesem Jahr, aber mittelfristig möchten wir eine Idee vorstellen, die es jedem ermöglicht, an der Abstimmung teilzunehmen, auch ohne vor Ort zu sein.

      Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, dass es etwas Besonderes ist, dass die GLS Bank derlei Geschäftsentscheidungen innerhalb der Gemeinschaft bespricht und darüber abstimmt. Das kenne ich von keiner anderen Bank.

      Herzlichen Gruß
      Christian Eichbauer

  3. Avatar von Thomas Schulz
    Thomas Schulz

    Ich habe einige Kommentare zum GLS-Beitrag doch mit großer Verwunderung gelesen. Da wird von Unterbuttern der Alternativvorschläge gesprochen, davon dass „nur“ 2,7% der Mitglieder alles bestimmen usw. Da gab es doch keine „Höchstteilnehmerzahl“. Ich war auch auf der Generalversammlung und kann nicht bestätigen, dass Alternativvorschläge benachteiligt wurden. Die Diskussionszeit wurde um eine Stunde überschritten um möglichst vielen Mitgliedern die Möglichkeit zu geben, ihre Meinung zu sagen. Alle Vorschläge wurden klar vermittelt. Wenn sich die Mitglieder mit überwältigender Mehrheit für den GLS-Beitrag entschieden haben, dann aus eigenem Entschluss, vielleicht weil sie fanden, dass dieser Vorschlag der beste ist. Lassen wir doch die „Verschwörungstheorien“ von Benachteiligung und Unterbuttern. Dieses Thema steht doch schon seit Monaten auf der Tagesordnung. Alle Vorschläge wurden intensiv beworben. Dass der Vorstand seinen Vorschlag bevorzugte ist doch verständlich, das wollten auch die Anderen. Übrigens haben alle anderen Vorschläge auch einen „Zusatzbeitrag“ beinhaltet, außer der Vorschlag von Herrn Zibrowius (Beschränkung auf das Kerngeschäft der Bank). Auf meine Nachfrage hat er allerdings erklärt, dass damit das Problem der sinkenden Zinsmarge wohl nicht gelöst werden könnte. Aber darum ging es doch gerade! Auch konnte mir Herr Schumacher nicht in jedem Fall die Berechnungsgrundlage seines Negativzinses erläutern. An sich fand ich die Idee interessant, aber warum gerade Spar- und Festgeldkonten bei der Berechnung des Negativzinses ausgenommen werden sollten, hat mich nicht überzeugt. Die Mitglieder haben nicht nur mit großer Mehrheit den GLS-Beitrag beschlossen, sondern auch das Sonderkündigung. Somit handelt es sich um keinen „Zwangsbeitrag“, denn jeder kann letztendlich selbst entscheiden, ob er den GLS-Beitrag zahlt oder nicht. Ich bin ich zur GLS-Bank gegangen, weil eben nicht die höchste Rendite im Vordergrund steht, sondern die Frage, was mein Geld bewirken kann. Vielleicht aus meinen Erträgen einen Teil an die Welt zurückgeben. Ich denke, dass ist der entscheidende Punkt. Die GLS-Bank hat hohe Ansprüche, die will ich unterstützen und deshalb werden mich 5 Euro im Monat nicht davon abhalten.

    1. Avatar von Dirk Schumacher
      Dirk Schumacher

      Hallo Thomas Schulz,
      ich versuche gerne zu erläutern, warum meiner Ansicht nach Spargelder und andere Anlagen von dem Negativzins ausgenommen bleiben sollten.
      Vorab – erläuterungen zu den Geldmengen M0 bis M3 finden sich hier (https://de.wikipedia.org/wiki/Geldmenge).
      Angelegte Gelder (M2 und M3 abzüglich M1) werden von der GLS-Bank als Kredite weitergegeben. Da gibt es zwar auch Risiken zu beachten – insgesamt entspricht die Summe der vergebenen Kredite bei der GLS Bank durchaus der Summe, die als angelegte Gelder vorhanden sind. Die GLS Bank verhält sich da so, wie Normalbürger es von Ihrer Bank erwarten würde. Das Problem sind momentan aber die hohen tagfälligen Sichteinlagen (M1 minus M0).
      Diese Sichteinlagen liegen da rum, können nicht wirksam werden, kosten den Besitzern aber lediglich die Kontoführungsgebühr. Die Bank ihrerseits muss diese Gelder bei der EZB mit -0,4% p.A. über Nacht hinterlegen. Diese Gelder sollen wirtschaftlich aktiv werden. Daher sollte zumindest der EZB-Minuszins weitergereicht werden. Wandern diese Gelder aufgrund dessen in den Anlagenbereich, dann wird dort der Markt aufgrund der unvorstellbaren Geldmenge automatisch dafür sorgen, dass auch dort sich ein Negativzins entwickeln wird. Schon heute kann die öffentliche Hand sich z.T. mit Geld versorgen und bekommt dabei etwas heraus (https://www.welt.de/print/die_welt/finanzen/article156231933/Zehnjaehrige-Bundesanleihen-mit-Negativ-Zins.html).
      Für weitere Fragen stehe ich gerne zur Verfügung (d.schumacher@owako.de)
      Dirk Schumacher

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