Wir können hier sicher bei einem Großteil der Leserschaft ein gewisses Unbehagen an der Industrie voraussetzen, eine Art grundsätzliches Misstrauen. Und im Gegenzug eine ebenso unübersehbare Zuneigung zu kleinen Betrieben, zur Handarbeit, zum Überschaubaren, Regionalen usw. Aber auch dabei muss man sich natürlich ab und zu fragen, ob man eigentlich noch normal tickt. Und wenn man schon beim kritischen Denken ist, kann man sich auch gleich fragen, ob man eigentlich den richtigen Regeln folgt.
Ab und zu doch einmal andere Meinungen zu lesen, das soll ohnehin gesund sein. Wie auch Vergleiche mit anderen Teilen der Welt, die helfen manchmal auch, wieder Kontakt zur Wirklichkeit zu bekommen. Brauchen wir zum Beispiel den Platz, den wir brauchen? Wieviel brauchen andere, was braucht der Mensch? Und wenn ich mich bei irgendeiner Frage mal richtig entscheide, bin ich dann eigentlich automatisch besser als der Rest? Siehe dazu auch hier, die Zeit ist da gerade ergiebig. Und beim Thema Soja bitte auch kurz in diese Richtung denken, auch wenn es keinen Spaß macht.
Alte Überzeugungen in Frage stellen, vielleicht stammen sie ja noch von unseren Eltern. Vielleicht müssen manche Grundannahmen mal gelüftet werden. Und schon kommt man zu verblüffenden neuen Maßnahmen, sogar dann, wenn man Schweizer ist, sogar dann, wenn es um Geld geht. Nanu! Eine erstaunliche Nachricht. Trauen wir das auch den Bewohnern von, was weiß ich, Mülheim a.d. Ruhr zu? Von Hamburg-Eppendorf? Von Berlin-Wilmersdorf?
Öfter mal das Überraschende in Texten zur Kenntnis nehmen, da kann man auch einen Sport draus machen. Die Liebhaber von Slow-Food waschen ihr Essen nicht, die kleinen Genussferkel. Das ist nur ein Satz in dieser Meldung hier, aber in dem steckt das ganze Drama des falschen Handelns nach richtigen Annahmen – oder umgekehrt, wer will das entscheiden.
Dann sind wir jetzt wohl bereit für den Hauptspaß der Woche, wir entnehmen in diesmal einer Meldung aus Österreich. Da hat man eine Umfrage zum nachhaltigen Konsum gemacht, ich zitiere aus der Meldung den schönsten Satz: “Die Hälfte der Interviewten (55 Prozent) würden den eigenen Lebensstil als vorbildlich nachhaltig bezeichnen, während man dies dem Nachbar schon nicht mehr so zutraut: So geben 66 Prozent an, nachhaltige Lebensmittel zu kaufen – trauen dies aber nur zu 48 Prozent dem Nachbarn zu.” Ich weiß nicht, wie Sie das finden, ich lache schon seit Tagen darüber.
Keine weiteren Fragen, nicht wahr? Apropos Österreich, dort denkt man auch über das richtige Leben nach, wie wir in dieser Kolumne dauernd lesen, da fragt man sich auch, was man denn nun tun und was man lassen soll. Und man tut das unter dem wunderschönen Titel: “Die Selbstdressur der Stachelschweine.” Auf den hätten wir eigentlich auch kommen können.
Schnell noch zwei Rückblicke, es gibt neue Aspekte zu altvertrauten Themen. Im ruinierten Detroit etwa pflanzt man jetzt Wald um die verlassenen Häuser, das ist eine etwas andere Form der Gentrification – aber am Ende ist es vielleicht tatsächlich eine.
Und über manche Themen sollten wir vielleicht noch viel grundsätzlicher nachdenken, als wir es hier manchmal ohnehin schon tun. Etwa über die Sache mit dem Teilen und dem Habenwollen. Wie ist denn nun der Mensch an sich? Social-Media-Experten aller Art sollten sich auch den in Film zur Meldung dort anschauen, gegen Ende kommt etwas für sie.
Den Smalltalk wollen wir auch noch fix bereichern, da schlagen wir den Begriff “Peak Wine” vor. Im Restaurant zu murmeln, vor einem guten Glas, in düsterer Stimmlage und mit besorgtem Gesichtsausdruck. Und dann bis zur Neige trinken, es wird alles knapp.
Der Designlink der Woche heute zum Thema Fotografie und, nun ja, Landschaftsbau. Irgendwie. Gewissermaßen.
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