Kaum passt man kurz nicht auf, schon hat man wieder einen Trend verpasst, versteht ein Schlagwort nicht und guckt seltsam, wenn die gesellschaftlichen Gruppen neu durchdefiniert werden. Es gibt jetzt also die Lovos. Das sind die Nachfolger der konsumfreudigen Lohas, die wiederum der Nachfolger von, ja, von was eigentlich waren? Und, wenn wir schon dabei sind, kennen Sie noch die Parkos? Das ist oder war eine Untergruppe der Lohas, so wird es jedenfalls bei der Wikipedia unter Lohas erklärt. Was es alles gibt! Oder gab, wer blickt da schon durch.
Bei der Deutschen Welle gibt es ganz passend dazu einen kleinen Rückblick auf das Umweltbewusstsein in der deutschen Gesellschaft, unter besonderer Berücksichtigung der Autoausnahme. Der Artikel erschien noch vor dem aktuellen Abgasskandal, der aber auch nur bestätigt, dass der blinde Fleck beim Thema Auto in Deutschland weiterhin ziemlich groß ist. Egal, wie super wir alle die Umwelt finden. Wir verlinken hier zwar oft Meldungen zur alternativen Verkehrspolitik – aber die Wahrheit ist tatsächlich, dass der Autoverkehr immer noch zunimmt. Wir grüßen an dieser Stelle auch die Leserinnen aus Köln.
Zu den Lohas übrigens noch schnell eine spaßig klingende Meldung, fast klingt sie ein wenig nach einem Drehbuch, nach einer Komödie über Gentrification und zusammenstoßende Kulturkreise: “Müsli-Fans bringen Londoner East End auf die Palme.”
Was ist man, wenn man nicht zu diesen Gruppierungen gehört, ist man dann womöglich Mainstream? Das Wort hat einen entsetzlichen Klang, es verbreitet Angst und Schrecken, Mainstream, nein, das möchte man nicht sein. Es gibt da einen älteren Text von Antje Schrupp, in dem es um den Sinn des Mainstreams geht, der ist in diesem Zusammenhang interessant. Da wird nämlich festgestellt, dass der Mainstream ein Wert für eine Gesellschaft ist. In dem Artikel geht es zwar um Jerusalem und um den Feminismus, das passt auf den ersten Blick nicht hierher – und doch muss man nur ein ganz klein wenig weiterdenken, um die Argumente auf unsere Standardthemen hier zu beziehen. Richtet sich alternative Wirtschaftspolitik, die wir hier so oft besprechen, überhaupt auf den Mainstream? Will man mit dem, was man sinnvoll findet, die Mehrheit überzeugen oder nur ohnehin willige Splittergruppen? Auch die Kommentare zum Text sind gar nicht uninteressant, darauf muss man ja immer besonders hinweisen.
Während man den Lovos und den Parkos und Lohas und selbstverständlich auch dem Mainstream noch mit Humor begegnen kann, sich vielleicht auch selbst ein wenig in den Meldungen zum Verhalten der Gruppen wiederfindet, gibt es auch gesellschaftliche Gruppen, bei denen einem der Humor umgehend vergeht, etwa Neonazis. Haben die denn auch etwas mit unseren Themen hier zu tun, mit nachhaltiger Wirtschaft, Landwirtschaft, Umweltschutz? Ja, leider ist das so.
Genug von den Gruppen, es gibt noch einen Buchtipp, der ganz ausgezeichnet zu dieser Kolumne passt, in der wir so oft Texte verlinken, die uns mehr oder weniger ratlos und staunend zurücklassen. John Lanchester hat ein Buch über die Sprache des Geldes geschrieben, über die Entschlüsselung von Wortungetümen aus der Hochfinanz. In der Zeit ist ein lesenswertes Interview mit ihm. Was hat ihm das jahrelange Erforschen wirtschaftlicher Zusammenhänge gebracht? “Ich kann heute viel besser dumme Fragen stellen.” Understatement ist schon eine feine Sache, nicht wahr. Auch wenn man das Buch nicht lesen möchte, das Interview macht auf jeden Fall Spaß.
Für den Freundeskreis Fahrrad zum Schluss auch einmal ein amüsanter Link, es kann ja an dieser Stelle nicht immer nur um das Negative gehen. Hier gibt es eine herrlich sinnlose Erfindung, man möchte sie quasi sofort bestellen. Endlich mit angenehmer Geräuschbegleitung zur Arbeit traben, radeln, was auch immer!
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