Bündnis Bürgerenergie :: Gemeinsam Strom erzeugen – gut für Demokratie und Klima

Das Bündnis Bürgerenergie stellt seine Vision der Energiewende vor.

Der Himmel ist seit Wochen grau. Deine Photovoltaikanlage produziert weniger Strom als du verbrauchst. Dein Speicher ist leer. Du greifst zum Handy, öffnest deine Bürgerstrom-App, entscheidest dich für ein Angebot – umweltfreundliche Bürgerenergie aus dem nächsten Landkreis –  und schon bleibt es bei dir zuhause weiterhin hell und warm. Utopie?

Für das Bündnis Bürgerenergie (BBEn) sieht so die Zukunft im Jahr 2030 aus. Wenn – ja wenn sich die Verbraucher auch als Erzeuger zusammentun. Praktisch zu Bürgerenergiegesellschaften 2.0. Und wenn im Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG) die richtigen Weichen für die Dezentralisierung gestellt werden. Dann kann die Energiewende gelingen. Das zeigt der Bericht „Bürgerenergie – heute und morgen“, für den das BBEn zwei Experten-Workshops und eine Umfrage durchgeführt hat.

Vom Kopf auf die Füße

„Das Energiesystem der Zukunft ist dezentral“, erklärt Marco Gütle, der beim BBEn für das Projekt verantwortlich ist. „Es liegt lokal in der Hand von Gemeinschaften von Bürgerinnen und Bürgern.“ Private Energieproduzent*innen schlössen sich zu sogenannten Prosumenten-Gemeinschaften zusammen, die sich gegenseitig unterstützen. Der Strombezug vom überregionalen Stromanbieter wäre dann eher die Ausnahme. Wenn man zu den Bürgergemeinschaften noch die Industrieunternehmen hinzuzähle, die auch ihren eigenen Strom erzeugen, könne mehr als die Hälfte des Strombedarfs von Prosumenten gedeckt werden, schätzt Gütle. „Damit stellen wir das heutige System vom Kopf auf viele Füße. Große Energieversorger mit viel Macht wird es dann kaum mehr geben.“

Produzent +  Konsument = Prosument

Prosumenten-Gemeinschaften spielen für eine erfolgreiche Energiewende eine entscheidende Rolle. „Einzelne Prosumenten gibt es bereits“, sagt Marco Gütle. „In der Regel sind das Eigenheimbesitzer*innen, die den Strom aus ihrer Solaranlage selbst für ihre Haushaltsgeräte, für E-Mobilität und fürs Heizen nutzen.“ Gemeinschaften, etwa in Mietshäusern, gebe es bisher allerdings nur sehr wenige.

Gesetzliche Hürden

„Das liegt vor allem an den rechtlichen Hürden im EEG“, erklärt Marco Gütle. „In einem Mietshaus müssen die Mieter*innen die volle EEG-Umlage bezahlen, wenn sie den Strom von der Solaranlage auf dem Dach selbst nutzen wollen. Ein*e Eigenheimbesitzer*in muss nicht die volle Umlage zahlen. Das EEG unterscheidet zwischen Direktverbrauch – mehrere Verbraucher auf einem Grundstück – und Eigenverbrauch – wenn der Eigentümer auch Betreiber ist. „So wird per Gesetz verhindert, dass Mieter oder Firmen in einem Haus eine Verbrauchergemeinschaft bilden. Das  lohnt sich bisher wirtschaftlich einfach nicht“, sagt Gütle.

Zumindest für Mieter soll sich das verbessern. Der Bundestag hat bereits ein Mieterstrom-Gesetz auf den Weg gebracht. Das BBEn ist damit allerdings nicht zufrieden. „Bei diesem Gesetz lohnt sich der Mieterstrom nur für spezialisierte Unternehmen oder Vermieter und die Förderung ist auf Solaranlagen bis maximal 100 Kilowatt beschränkt.“

Auch der Handel mit Strom ist gesetzlich geregelt. „Da gilt ein kompliziertes, sehr teures Lizenzierungsverfahren bei der Bundesnetzagentur“, so Gütle. „Für lokale Erzeuger, die nur den Nachbarn mitversorgen möchten, lohnt sich das nicht.“ Und noch gäbe es mangels gültigem Rechtsrahmen keine Möglichkeit, ein eigenes, lokales Netz aufzubauen, z. B. in einem Neubaugebiet. „Wenn man auf ein anderes Grundstück Strom liefern möchte, geht das bisher nur über das öffentliche Netz.“ Dafür werden teure Netzentgelte erhoben. „Es ist aber gar nicht notwendig, dass lokale Netze alle Anforderungen eines öffentlichen Netzes erfüllen“, meint Gütle. Sie könnten deshalb kostengünstiger sein.

Entwicklungspotenzial und Mehrwert

Auch bei den bestehenden Genossenschaften und Gesellschaften von Bürger*innen sieht das BBEn noch Luft nach oben. „Für die meisten hört es bei der Einspeisung der erzeugten Energie ins Netz auf“, meint Marco Gütle. „Eigenverbrauch und Handel streben nur wenige an.“ Dabei ebneten neue Speichertechnologien, die Blockchain und neue Apps durchaus den Weg zum Handel mit dem dezentral erzeugten Strom.
Das BBEn sieht neben den ökonomischen und ökologischen Vorteilen von Bürgerenergie noch weitere Vorteile von Prosumenten-Gemeinschaften: „Energieerzeugung in Bürgerhand ist eine demokratische Übung“, sagt Gütle. Bürger*innen nähmen auf diese Weise ihre Geschicke und den Klimaschutz selbst in die Hand. „Menschen, die sich für Bürgerenergie einsetzen, ist häufig auch wichtig, dass andere an der Gesellschaft teilhaben können.“

Prosument werden

Wer jetzt auch Energie-Prosument*in werden möchte, sollte sich informieren, ob es in seiner/ihrer Nähe Bürgerenergie-Initiativen gibt und sich anschließen. Auch bei der kommenden Bundestagswahl solltet ihr prüfen, welche Positionen die Parteien zu Bürger- und erneuerbaren Energien vertreten – und entsprechend wählen. Besonders überzeugte Menschen initiieren gar ihr eigenes Projekt. Dabei unterstützt auch das BBEn.

Mehr Infos

Das Bündnis Bürgerenergie (BBEn) e.V. setzt sich für eine dezentrale Energiewende in Bürgerhand ein. Es unterstützt die Vernetzung der Akteure in den Regionen und wirbt öffentlich für  Bürgerenergie. Bürgerenergie-Akteuren unterstützt das Bündnis mit Wissen und Qualifikationen, damit sie mit innovativen Ideen die dezentrale Energiewende weiter aktiv mitgestalten. Die GLS Bank Stiftung ist Gründungsmitglied des BBEn. Für die schwierige Startphase stellen wir Bürgerenergieprojekten Risikokapital als Eigenkapital zur Verfügung.

Foto: BündnisBürgerenergie e.V, Jörg Farys

 

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