Regional, Bio, Tiefgekühlt - Das Erfolgs-Modell Westhof

Regional, Bio, Tiefgekühlt – Das Erfolgs-Modell Westhof

In Dithmarschen in Schleswig-Holstein gibt es den Westhof. Der Familienbetrieb stellte 1989 auf ökologische Landwirtschaft um und wurde so zum Pionier-Bauernhof. Inzwischen ist die Westhof Bio-Gemüse GmbH & Co. KG eine Unternehmensgruppe mit über 100 Mitarbeitenden. Sie produziert und vermarktet ausschließlich Biogemüse, zu über 75 Prozent regional. Nun entsteht eine neue Bio-Frosterei, die, so der Plan, bis zu fünfmal mehr Gemüse haltbar machen kann und Lebensmittelverschwendung verringert. Was macht das Modell Westhof so erfolgreich? Und wie geht es dem Unternehmen nach dem Dürresommer und mitten in der Energiekrise? Wir haben Geschäftsführer Rainer Carstens gefragt.

Westhof, der Pionier aus Dithmarschen

Der Westhof-Gründer, Rainer Carstens, leitet den Betrieb bis heute, inzwischen zusammen mit seiner Tochter Berit Carsten-Lask. In diesem Jahr wurde er dafür mit dem Landgard Award in der Kategorie Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Gelobt wurden seine raffinierten Energie- und Nährstoffkreisläufe im Anbau und in der Verarbeitung. Dazu später mehr. Dass Bio- und regionales Gemüse mehr als nur ein Trend ist, sondern dauerhaft Erfolg hat, spricht sich herum. In seinem Landkreis stellen immer mehr Höfe auf Biolandwirtschaft um.

Eigene Energieerzeugung

Verglichen mit anderen landwirtschaftlichen Betrieben schlittert Westhof gut durch die Energiekrise. Natürlich wirken sich die steigenden Gaspreise auf die bestehende Frosterei nachteilig aus. Doch Energieeffizienz und die eigene Stromerzeugung mit einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach und einer Biogasanlage senken den Bedarf an externer Energie. “Unsere Biogasanlage macht den Lebensmitteln keine Konkurrenz, weil sie nur mit Stoffen betrieben wird, die als Nahrungsmittel nicht geeignet sind”, erklärt Rainer Carstens. Das Biogas wird aus den organischen Reststoffen der Abwasseraufbereitung gewonnen und ist Teil der Kreislaufwirtschaft im Betrieb Westhof. Geplant ist auch ein sogenannter Stahlspeicher, eine Power-to-Heat Anlage, mit der Energie dann genutzt werden kann, wenn sie benötigt wird. Damit kann externer Strom dann eingekauft werden, wenn er am günstigsten ist. Das entlastet sogar das Stromnetz.

Besser als sein Ruf

Doch wie passen regionale Biolandwirtschaft, Nachhaltigkeitspreis und Ökostrom mit Tiefkühlgemüse zusammen? Tiefkühlkost wird seit jeher eine schlechte Ökobilanz nachgesagt: energieintensive Lagerung und aufwändiger Transport tragen nicht gerade zum Image bei. Doch Tiefkühlware hat einen entscheidenden wie offensichtlichen Vorteil: Es ist länger haltbar und wird seltener weggeworfen. Dieser Umstand gleicht die Energiebilanz der tiefgefrorenen Nahrungsmittel sogar so weit aus, dass das Freiburger Öko-Institut zu dem Schluss kommt, dass Tiefkühlprodukte nicht klimaschädlicher sind als nicht-gekühlte Vergleichsprodukte. Auch dass Tiefkühlkost per se ungesund ist, erweist sich als Mythos. Bestimmte Gemüsesorten – zum Beispiel Spinat oder Erbsen – bleiben durch die Frostung unmittelbar nach der Ernte nährstoffreicher und sind dadurch gesünder.

Mit ihrer Frosterei macht die Westhof GmbH saisonales und regionales Biogemüse ganzjährig verfügbar. Außerhalb der Saison muss also nicht auf das Gemüse verzichtet werden und es muss auch nicht von weit her importiert werden. Dazu wird auch B-Ware – zu krumm, zu dünn oder gebrochen –, die in der Frische-Vermarktung aussortiert wird, weiterverarbeitet. Mit dem Tiefkühlsortiment will Westhof Biogemüse allen zugänglich machen. Denn nicht jede*r hat die Möglichkeit frisch auf dem Markt oder im Hofladen einzukaufen. Mit den Westhofprodukten können sich Verbraucher*innen auch im Supermarkt sicher sein, dass sie Bio-Qualität bekommen und das Tiefkühlgemüse regional und nachhaltig produziert ist.

Die größte Bio-Frosterei Europas

Für die Weiterverarbeitung des Bio-Gemüses zu Tiefkühlgemüse ist die BIO-FROST Westhof GmbH zuständig. Alles, was hier weiterverarbeitet wird, ist 100 % Bio. Die neue Frosterei soll die größte nachhaltige Bio-Frosterei Europas werden. Neben der größeren Verarbeitungskapazität wird auch die Produktion flexibler auf Kundenbedürfnisse reagieren können. Dafür hat das Bundesumweltministerium bereits 6,8 Millionen Euro Fördergeld locker gemacht.

Die Nachfrage nach ökologisch nachhaltig produzierten Lebensmittel steigt permanent. Westhof geht davon aus, dass sich der Bio-Absatz stetig steigern und die Produktvielfalt zunehmen wird. Mit der Investition in die neue Anlage macht sich Westhof zukunftsfähig. “Wir werden auch immer wieder kleinere Wachstumsschritte gehen müssen, um mit dem Markt und unseren Kund*innen Schritt halten zu können”, räumt Rainer Carstens ein.

Kreislaufwirtschaft

2022 hat nicht nur den Ukrainekrieg hervorgebracht, sondern auch stärker als je zuvor die Klimaextreme verdeutlicht. Die Überflutung in Pakistan und Nigeria waren beispiellos, genauso der Dürresommer, der heißeste Sommer in Europa seit mindestens 500 Jahren. Wasserknappheit wird auch in Deutschland zu einer zunehmenden Bedrohung. Das geht auch nicht am Westhof spurlos vorbei.

Das Unternehmen investiert in ressourcenschonende Gewerke und eine betriebseigene Wasseraufbereitungsanlage. Das Abwasser aus der Frosterei klärt und speichert der Betrieb selbst für die Energieerzeugung (s.o.) und die Bewässerung der Felder. Die Abhängigkeit von Trinkwasser für die landwirtschaftliche Erzeugung wird minimiert, und ein eigenes Kreislaufsystem zum Umgang mit trockenen Sommern entsteht.

Dass ausschließlich biologische Produkte erzeugt werden, ist klar. Doch in dem Kreislaufsystem geht es um mehr. Es geht darum, Abfälle als Ressource zu begreifen und Stoffkreisläufe zu schließen. Westhof fördert mit Blühwiesen die Biodiversität und gewinnt Lebensräume für Insekten zurück. Ackerflächen werden so bewirtschaftet, dass der Humusaufbau gefördert, das Bodenleben gestärkt, das Grundwasser geschützt wird. Die Ernährungswende kann sich nur Schritt für Schritt vollziehen, der Westhof geht mit großen Schritten voran.

Aus dem Mund von Rainer Carstens klingt die Sache ganz simpel: “Unsere Mission passt in eine einfache Gleichung: Gesunder Boden = gesunde Pflanze = gesundes Tier = gesunder Mensch – und damit gute Lebensbedingungen auf der Erde.“

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