Tine Langkamp hat sich im Herbst 2012 dazu entschlossen, ihr Leben der Klimabewegung zu widmen. Sie arbeitet für die Klimaschutzorganisation 350.org und hilft mit der Kampagne Fossil Free eine starke Klimabewegung in Deutschland und Europa aufzubauen. Tines Vorbilder sind Menschen, die den Status Quo bis ins hohe Alter nicht akzeptieren und auch mit 80 noch auf die Straße gehen. Im Gespräch mit Marc Pfizenmaier vom GLS Nachhaltigkeitsresearch und selbst seit 2016 bei Fossil Free in Hamburg aktiv, erzählt sie, was Fossil Free für ihren Alltag bedeutet.
Marc: Was gestaltest Du Deine private Energieversorgung Fossil Free?
Tine: Ich wohne in einer großen WG. Das Haus ist relativ alt und nicht gut isoliert. Vor ein paar Jahren sind wir auf meine Initiative hin zu Ökostrom und Gas von der EWS Schönau gewechselt. Das Warmwasser wird über Gas erhitzt. Das steht auf jeden Fall im Widerspruch zu Fossil Free, aber weder wir noch unsere Vermieterin haben das Kapital, das zu ändern.
Warum gerade die EWS Schönau?
Für mich kamen nur die vier echten Ökostromanbieter in Frage. Für uns waren die EWS die sympathischen Stromrebellen – das gab den Ausschlag.
Wie steht es mit der Mobilität?
Ich habe kein Auto sondern fahre Fahrrad oder nehme den Zug. Seit 2012 bin ich nicht mehr geflogen und nehme mir auch vor, das nicht mehr zu tun. Das fällt mir total schwer, weil Reisen in unserer Generation und unserer Gesellschaft ein eigener Wert ist. Ich würde sehr gerne Freunde in Kalifornien besuchen, Asien erkunden oder einfach mal nach Nairobi reisen. Das geht für mich nicht mehr. Dazu bin ich zu nah am Klimawandel dran. Wenn ich jährlich einen großen Flug machen würde, würde ich Schuld auf mich laden. Denn nach wie vor macht der Lebensstil reicher Menschen die Welt kaputt. Den wenigsten ist dieser Zusammenhang deutlich bewusst.
Könntest Du Dir nicht mit einer CO2-Kompensation diesen Traum von Flugreisen erfüllen?
Ich glaube, das ist noch nicht möglich. Bisher wird weltweit jedes Jahr mehr CO2 ausgestoßen. Das kann noch nicht adäquat kompensiert werden. Außerdem haben nur sieben Prozent der Weltbevölkerung Zugang zum Flugverkehr. Warum soll gerade ich das Recht haben zu fliegen und die Welt zu sehen? Das will ich mir nicht anmaßen. Bei Familien sehe ich das anders. Wenn man die Liebe seines Lebens am anderen Ende der Welt hat, sollen diese Lovemiles auch geflogen werden, nicht aber nur für Business oder den eigenen Luxus. Immerhin veranlasst meine Einstellung Menschen in meinem Umfeld dazu, mehr darüber nachzudenken, ob sie fliegen sollen. Mit dem Zug kommt man ja auch recht weit. Und Segeln wäre für mich auch eine Option. Das will ich unbedingt mal ausprobieren. Und ganz ausschließen kann ich nicht, dass ich eines Tages nicht doch noch fliege.
Prägt Fossil Free auch Deine Ernährung?
Seit 2009 bin ich Teil einer solidarischen Landwirtschaftsgruppe. Das meiste, was ich esse, ist also regional und die Qualität ist nicht zu toppen. Dadurch ernähre ich mich auch viel reichhaltiger und lerne neue Sorten kennen. Seit 2012 ernähre ich mich überwiegend vegan. Ausnahmen sind drin – besonders für Kuchen. Im Urlaub bin ich eher entspannt und vegetarisch unterwegs. Diese Ausnahmen gönne ich mir und so vermisse ich auch nichts.
Was hat Dich zu einem bewussteren Leben gebracht?
Das ist ein längerer Veränderungsprozess. Ich habe Menschen kennengelernt, die es anders gemacht haben. Dann sind wir Freunde geworden und es ging los. Im gemeinsamen Alltag erlebt man sich noch mal ganz anders. Zuvor hatte ich mich auch schon mit dem Thema auseinandergesetzt, mich dabei aber eher ohnmächtig gefühlt. 2009 bin ich in eine neue WG gezogen. Mein Mitbewohner nahm mich zum Klimagipfel nach Kopenhagen mit, meine Mitbewohnerin brachte mich zur solidarischen Landwirtschaft. Erst diese Aktionen haben sich auf mein Leben ausgewirkt. Das ging dann Hand in Hand mit meinem politischen Engagement.
Hast du eine Vorbildfunktion?
Nein, ich sehe mich nicht in einer Vorbildfunktion, vielmehr als Augenöffner.
Die Hauptforderung der Fossil Free-Kampagne ist: Raus aus Kohle-, Öl- und Gasinvestitionen. Bist Du selbst schon divestiert?
Ja. Nach der Finanzkrise 2009 suchte ich eine Alternative zu den normalen Banken. In der WG wurde mir die GLS Bank empfohlen und ich habe schnell gewechselt. Auch meine damals bestehende Altersvorsorge habe ich gekündigt und mir eine Alternative gesucht.
Welchen Rat hast du für Menschen, in Sachen Klima aktiv zu werden?
Es reicht nicht, bei den Veränderungen im persönlichen Lebensstil stehen zu bleiben. Am allerwichtigsten finde ich es, sein Engagement in die Gesellschaft und auf die politische Ebene zu bringen.
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Foto: FossilFree
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