fairPla.net ist eine internationale Genossenschaft für Klima, Energie und Entwicklung und betreibt eine innovative Form gemeinschaftlichen globalen Wirtschaftens. Wir haben mit Sabine Terhaar darüber gesprochen, wie das funktioniert.
Frau Terhaar, gemeinsam mit Edgar Boes-Wenner bilden Sie den Vorstand der Genossenschaft fairPla.net. Was macht fairPla.net?
Terhaar: fairPla.net ist eine internationale Genossenschaft für Klima, Energie und Entwicklung. Wir investieren die Anteile unserer Mitglieder in Klimaschutzprojekte in Deutschland und parallel in Schwellen- und Entwicklungsländern. Damit wollen wir eine zentrale Forderung der Klimaexperten umsetzen. Diese besagt, dass Klimaschutz nur gelingen kann, wenn wir in reicheren Ländern unsere CO2-Emissionen senken und gleichzeitig ärmeren Ländern finanziell und technologisch helfen, ihr Wachstum klimaverträglich zu gestalten. Genau für dieses Zusammenspiel wurden wir übrigens im Oktober mit dem Deutschen Lokalen Nachhaltigkeitspreis ZeitzeicheN ausgezeichnet.
Es geht also um mehr als Klimaschutz …
Terhaar: Ja, es geht um Klimagerechtigkeit, sonst schneiden wir uns ins eigene Fleisch. Selbst wenn reichere Länder ihre CO2-Emissionen senken, werden Schwellen- und Entwicklungsländer diese locker wieder ersetzen, denn das Wachstum dieser Staaten geht meist nicht mit einer klimafreundlichen Energieerzeugung einher. Klimagerechtigkeit ist deshalb das Herzstück unserer Arbeit. Wir sehen uns aber auch als Initiative von Bürgerinnen und Bürgern, die konkret zeigt, wie Klimaschutz funktionieren kann. Zum Beispiel mit unserer 1-2-3- Klimaformel. Sie lautet: Wenn alle Menschen, alle Unternehmen und alle Nationen jährlich 1 Prozent ihres Anteils am Bruttoinlandsprodukt in klimaverträgliche Energieprojekte investieren, und zwar anteilig in 2 Regionen unserer Erde, dann entsteht 3-facher Nutzen: Klimaschutz, Arbeitsplätze und gerechte Entwicklung.
Was bedeutet diese Formel konkret für jeden einzelnen Menschen?
Terhaar: Bisher bieten wir unseren Mitgliedern an, jährlich ein Prozent ihres Nettolohns zu investieren. Wir überlegen gerade, einen Fonds aufzulegen, über den sich alle Interessenten – egal ob Mitglied oder nicht – beteiligen können.
Wie sind Sie zu fairPla.net gekommen?
Terhaar: Ich habe Ende der 90er-Jahre den Verein S-N-O-W mitgegründet. Nach einer Auszeit wollte ich langsam wieder aktiv mitmachen. Aber das war unmöglich: Es liefen zwei Windkraftprojekte und es fehlte jemand für Finanzen und Verwaltung. Das habe ich dann übernommen. Eigentlich bin ich Psychologin, aber scheinbar mit einem guten Sinn für Zahlen. Edgar Boes-Wenner und ich haben wenig später mit Unterstützung der Stiftung Umwelt und Entwicklung ein Evaluations- und Konzeptionsprojekt durchgeführt. Das mündete 2006 in der Gründung der Genossenschaft.
Gibt es den Verein S-N-O-W noch?
Terhaar: Ja, der Verein besteht fort als fairPla.net e.V. Der Verein ist der gemeinnützige Teil und recht übersichtlich. Im unternehmerischen Bereich passt die Gesellschaftsform der Genossenschaft gut zu unserer Philosophie. Man kann unkompliziert Mitglied werden, außerdem haben alle Mitglieder das gleiche Stimmrecht, egal, ob sie einen Anteil in Höhe von 250 Euro oder mehrere gezeichnet haben. Auch Mitglieder aus dem Ausland können unkompliziert beitreten. Inzwischen haben wir 680 Mitglieder aus elf Ländern.
Wie wählt fairPla.net seine Klimaschutzprojekte aus?
Terhaar: Das Akquirieren von neuen Projekten nimmt viel Raum und Zeit ein. Für unsere Fotovoltaik-Projekte in Deutschland ist das in diesem Jahr mühsam gewesen. Die Finanzierungsbedingungen sind so günstig wie nie und auch Installateure und Hersteller suchen Dachflächen. Die Dachmieten sind dadurch sehr in die Höhe geschnellt. Wir haben inzwischen viele Kontakte zu öffentlichen Dacheigentümern. Mit der Fachhochschule in Münster beispielsweise klappt die Zusammenarbeit sehr gut – mehrere Fotovoltaik- Anlagen wurden installiert. Bei den Südprojekten sind wir auf verlässliche Partner vor Ort angewiesen. In Indien gibt es gute Kontakte zur Organisation DESI Power. Ein Biomassekraftwerk in Bhebhra ist so entstanden.
Stimmen Mitglieder über die Klimaschutzprojekte mit ab?
Terhaar: Auf der Mitgliederversammlung werden neue Projekte vorgestellt. Die Mitglieder haben eine Investitionsstrategie beschlossen. Diese legt unter anderem fest, dass zunächst 15 Prozent in Südprojekte investiert werden. So ist die Genossenschaft nicht gefährdet, wenn eine Investition im Süden schiefläuft. Und es gibt weitere Kriterien. Bisher haben wir beispielsweise keine Dünnschichtmodule für Fotovoltaik-Anlagen genutzt, da sie den schädlichen Stoff Cadmiumtellurid enthielten. Inzwischen gibt es neue Entwicklungen und Erkenntnisse, die wir prüfen und auf der Mitgliederversammlung zur Entscheidung bringen. Langfristig möchten wir das Engagement unserer Mitglieder mit einer Dividende „belohnen“. Die Erträge aus den Anlagen sind besser als prognostiziert und wir planen eine Dividende von zwei bis drei Prozent.
Was verbindet fairPla.net mit der GLS Bank?
Terhaar: Die GLS Bank hat schon das erste Windkraftprojekt von S-N-O-W finanziert und ist seitdem immer wieder unsere Partnerbank für die Finanzierung von Anlagen. Die GLS war auch bereit, die Verbindung mit Südprojekten mitzutragen – andere Banken hatten mehr Eigenkapitel gefordert. Aktuell läuft eine Kreditanfrage bei der GLS Bank für eine neue Fotovoltaik-Anlage.
Erfahren Sie mehr unter: www.fairpla.net/
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