Oktober 2018. Mit dem Wunsch, den nachhaltigen Mittelstand zu stärken und ihn auf dem Weg zur Transformation zu begleiten, ruft Maximilian Gege, damaliger Vorsitzender des Bundesdeutschen Arbeitskreises für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.) gemeinsam mit der GLS Bank und der Green Growth Futura ein Gemeinschaftsprojekt ins Leben: den B.A.U.M. Fair Future Fonds. Fünf Jahre sind vergangen. Zeit für eine Bilanz, was der Fonds bewegen konnte.
Herr Prof. Dr. Gege, Sie wollten 2018 den Beweis antreten, dass Investitionen in börsennotierte Mittelständler einen nachhaltigen Fonds ermöglichen, da diese Unternehmen der Schlüssel für die Transformation der Wirtschaft sind.
Lassen Sie uns auf die Anfänge zurückblicken. Was hat Sie motiviert?
Als Mitgründer des B.A.U.M. e.V., eine der europaweit größten nachhaltigen Wirtschaftsinitiativen, hat es mich immer wieder fasziniert, mit welcher Leidenschaft und welchen Ideen mittelständische Unternehmen nachhaltige und vorbildliche Geschäftsmodelle entwickelt haben. Doch in vielen Kapitalmarktfonds waren diese Unternehmen nicht vertreten. Dort fand ich immer wieder vor allem multinationale Konzerne, die häufig auch mit enormen Skandalen belastet waren.
Mir war es daher ein Anliegen, die sozialen und ökologischen Vorreiter im Mittelstand mit einem Fonds zu begleiten. Dazu brauchte es natürlich auch glaubwürdige Partner an unserer Seite. Mit der GLS Bank als größte Nachhaltigkeitsbank in Deutschland fand ich meine Wunschpartnerin. Gemeinsam erarbeiteten wir ein Fondskonzept, um diese Unternehmen zu identifizieren und langfristig zu unterstützen. Wir definierten strenge Anlagekriterien, um Anleger*innen zu zeigen, was wir für nachhaltig halten – was aber auch nicht.
Wie sind Sie vorgegangen? Wie fanden und finden Sie die nachhaltigen Mittelständler?
Die Identifizierung von nachhaltigen Mittelständlern ist und bleibt eine Herausforderung. Das liegt unter anderem daran, dass es vergleichsweise wenig Nachhaltigkeitsinformationen zu Mittelständlern gibt. Die Gründe dafür sind vielfältig: Eine systematische Nachhaltigkeitsberichterstattung ist ressourcenintensiv, und die personelle Besetzung von Nachhaltigkeitsabteilungen häufig begrenzt. Auch war das Interesse an Nachhaltigkeitsinformationen von mittelständischen Unternehmen lange nicht vorhanden. Also bewerten größere ESG-Ratingagenturen kleinere Unternehmen seltener, da hier weniger Nachfrage besteht.
Um diese Lücke zu füllen und Aussagen über die Nachhaltigkeit von mittelständischen Unternehmen treffen zu können, haben wir die Green Growth Futura (GGF) gegründet. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die sozialen und ökologischen Merkmale von vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen zu bewerten. Mittlerweile berät die GGF zusätzlich zum Beispiel Vermögensverwalter, Family Offices und Stiftungen bei der Auswahl ihrer nachhaltigen Investments.
Und wie bewerten Sie die Unternehmen? Welche Methoden nutzen Sie dafür?
Wir haben bei der GGF zunächst eine neue Bewertungsmatrix und anschließend ein eigenes Bewertungstool entwickelt. Dabei haben wir uns stark am Deutschen Nachhaltigkeitskodex orientiert. Da dieser Kodex besonders kleinen und mittelständischen Unternehmen eine Orientierungshilfe für die unternehmerische nachhaltige Entwicklung gibt, passte das Konzept gut zum Research-Ansatz.
In einem eigenen Bewertungsverfahren durchleuchten wir die Unternehmen in den Bereichen Strategie, Prozessmanagement, Umwelt und Soziales auf insgesamt 70 Einzelindikatoren. Abgesehen von bekannten Indikatoren wie CO2-Emissionen, dem Einsatz erneuerbarer Energien, Energieeffizienz oder der paritätischen Besetzung in der obersten Managementebene prüfen wir außerdem, inwiefern die Nachhaltigkeit durch klare Verantwortlichkeiten in der Unternehmensstruktur integriert wurde. Oder inwiefern das Unternehmen in der vor- oder nachgelagerten Wertschöpfungskette Verantwortung übernimmt.
Seit der Erstfassung unseres Bewertungsbogens hat es mehrere Überarbeitungen gegeben. Wir haben Fragen für die Erreichung von Zielsetzungen eingeführt und den sozialen Bereich ausgebaut. Aktuell arbeitet das Research-Team an der Integration von zusätzlichen Fragen zum Thema Biodiversität.
Eine große Rolle spielt der Nachhaltigkeitsbeirat. Wie fällt Ihr Fazit zu seinem Wirken aus?
Es war uns von Anfang an ein besonderes Anliegen, auf die Erfahrung und das Wissen von ausgewiesenen Expert*innen zurückgreifen zu können – wie zum Beispiel Prof. Dr. Ernst Ulrich Weizsäcker, Prof. Dr. Claudia Kemfert, Dr. Monika Griefahn, Prof. Timo Busch oder auch NGO-Repräsentanten wie Alexander Porschke vom NABU und Stefan Zirpel vom WWF.
Deswegen haben wir einen Nachhaltigkeitsbeirat als sozial-ökologisches Entscheidungsgremium etabliert. Ausschließlich die 16 Mitglieder dieses Beirats entscheiden darüber, ob ein Titel in das Anlageuniversum des B.A.U.M. Fair Future Fonds aufgenommen werden kann oder nicht.
Die Expert*innen helfen uns sehr, unser Nachhaltigkeitsverständnis stetig weiterzuentwickeln und eine hohe sozial-ökologische Qualität des Anlageuniversums sicherzustellen. Beispielsweise diskutierten sie, wie mit Unternehmen umzugehen ist, die weiterhin wirtschaftliche Verflechtungen zu Russland unterhalten.
Durch einen Workshop mit der Geschäftsführerin von Transparency International Deutschland, Dr. Anna-Maija Mertens, zu den Themen Compliance und Governance konnten wir unsere Kriterien weiter schärfen. Erst im vergangenen September hat sich das Research-Team mit Spezialisten des WWF ausgetauscht, um Bewertungskriterien für das Thema Biodiversität zu besprechen.
Diese Beispiele zeigen, welche wertvollen Impulse der Beirat in den vergangenen Jahren geben konnte.
Wie viele Titel schaffen es denn tatsächlich in das Anlageuniversum des Fonds?
Wir sind sehr wählerisch. Das lässt sich gut an der Sitzung des Nachhaltigkeitsbeirats Ende 2022 ablesen. Von den insgesamt 300 Unternehmen, die wir als Green Growth Futura für den Beirat geprüft haben, wurden lediglich sechs in das Anlageuniversum aufgenommen. Diese „Erfolgsquote“ von zwei bis drei, maximal fünf Prozent bei der Unternehmensauswahl hat sich in den letzten Jahren bestätigt.
Von Anfang an spielte auch der direkte Dialog mit den Unternehmen, das sogenannte Engagement, eine große Rolle.
Welche Strategie verfolgen Sie?
Unser Engagement-Ansatz zielt darauf ab, die Unternehmen innerhalb des Anlageuniversums mit Impulsen für ihre nachhaltige Transformation zu unterstützen. Im Austausch mit Unternehmen außerhalb des Anlageuniversums erfragen wir fehlende Informationen und erläutern, unter welchen Umständen wir eine Aufnahme in das Anlageuniversum in Betracht ziehen.
Seit 2022 beschäftigen wir uns verstärkt mit Klima-Engagement. Wir sprechen Unternehmen an, die innerhalb des Anlageuniversums am unteren Ende der Bewertung sind und besprechen gemeinsam, wie sie sich verbessern können.
Wie reagieren Unternehmen auf Ihre Anfragen?
In den vergangenen zwölf Monaten haben wir 81 Unternehmen kontaktiert. 52 Prozent haben auf unsere Anfrage reagiert. In den Gesprächen haben wir die Unternehmen auf schwache Klimakennzahlen oder mangelnde Berichterstattung im sozialen Bereich aufmerksam gemacht, ihnen unseren Bewertungsansatz vorgestellt und erläutert, wie sie bei uns abschneiden. Bisher haben wir positive Rückmeldungen erhalten. Viele schätzen unseren Blick von außen und wollen unsere Vorschläge weiter diskutieren.
Werden die Unternehmen nach einer Aufnahme in den B.A.U.M. Fair Future Fonds beobachtet? Gab es Ausschlüsse aus dem Universum?
Das Nachhaltigkeitsresearch-Team der GGF betreibt ein kontinuierliches Monitoring der Unternehmen. In Fällen, in denen Auffälligkeiten oder Kontroversen auftreten, muss der Nachhaltigkeitsbeirat über den Verbleib des betroffenen Unternehmens im Anlageuniversum beraten. Gleichzeitig wird mit den betroffenen Unternehmen Rücksprache gehalten, um diesen eine Stellungnahme zu ermöglichen, offene Fragen zu klären und Verbesserungen anzuregen.
Seit Auflage des Fonds kam es bisher in zwölf Fällen zum Ausschluss eines Unternehmens aus dem Anlageuniversum, also zur Entfernung innerhalb eines vorgegebenen Zeitrahmens. In diesem Jahr haben wir ein Unternehmen ausgeschlossen, weil wir bei einem Tochterunternehmen einen Verstoß gegen unsere Kriterien festgestellt haben. Wir baten um eine Stellungnahme und eine Erläuterung, wie sie solche Vorfälle in Zukunft verhindern wollen. Trotz einer Stellungnahme vom Unternehmen hat der Nachhaltigkeitsbeirat diesen Verstoß jedoch als so schwerwiegend eingestuft, dass das Unternehmen letztlich entfernt wurde. Das zeigt die Stringenz in unserer Arbeit.
Angaben zur ökonomischen Entwicklung des Fonds finden Sie im Fondsselektor auf der Seite unseres Partners Universal Investment.
Eine weitere Besonderheit des Fonds ist, dass Teile der Managementvergütung dafür genutzt werden, Kinderhilfsprojekte finanziell zu unterstützen.
Wie viel Geld floss in die Projekte und an welches erinnern Sie sich gerne?
Mit Ende des letzten Geschäftsjahres haben wir insgesamt rund 1,6 Millionen Euro an über 90 verschiedene Kinderprojekte weltweit gespendet. Ich freue mich besonders, dass wir im vergangenen Jahr schnell und unbürokratisch reagieren konnten, als der Krieg in der Ukraine unendliches Leid für viele ukrainische Familien brachte. Viele Frauen sind mit ihren Kindern auch nach Hamburg geflüchtet, wo das Hamburger Abendblatt eine vorbildliche Unterstützungsaktion mit „Schrödingers City Kids“ initiierte und dafür dringend weitere finanzielle Mittel benötigte. Hier konnten wir finanziell unterstützen und ukrainischen Familien einen Zufluchtsort in Hamburg ermöglichen.
Gibt es externe Bewertungen zur Nachhaltigkeit des Fonds?
Wir freuen uns sehr darüber, dass der B.A.U.M. Fair Future Fonds vom Fachmagazin ECOreporter das ECOreporter-Nachhaltigkeitssiegel erhalten hat. Der Test hebt das strenge Auswahlverfahren, den unabhängigen Nachhaltigkeitsbeirat sowie die Spenden an Kinderhilfsprojekte positiv hervor. Der Fonds gehört im Bereich Nachhaltigkeit zu den besten zehn Aktienfonds, die ECOreporter in den letzten Jahren getestet hat.
Ebenfalls sehen wir es als eine Bestätigung unserer Arbeit, dass die Plattform faire-fonds.info, die von den Nichtregierungsorganisationen Facing Finance sowie urgewald betrieben wird, bei unserem Fonds keine kontroversen Unternehmensbeteiligungen identifiziert hat. Von den knapp 3.000 untersuchten Fonds schaffen dies nur zehn Prozent.
Herr Gege, vielen Dank für das Gespräch!
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