Wie müssen wir Wirtschaft neu denken, um die Herausforderungen unserer Zeit zu bestehen? Und wie kann ausgerechnet eine Bank als Praxispartnerin dabei helfen, die Kompetenzen zu erlangen? Das beantwortet GLS Bank Vorstand Dirk Kannacher im Gespräch mit Verena Hermelingmeier von der Alanus Hochschule.
Verena Hermelingmeier ist Juniorprofessorin am Fachbereich Wirtschaft. Ihre Forschung und Lehre zielt besonders auf Nachhaltigkeit und Transformation in Unternehmen und Gesellschaft ab. Dirk Kannacher und sie kennen sich durch die gemeinsame Arbeit für eine Wirtschaft, die Heute schon das Morgen mitdenkt.
Lieber Dirk, du bist im Vorstand der GLS Bank. Es ist Deutschlands erste Bank, die sich bereits 1974 dem Thema nachhaltige Finanzierungen verschrieben hat. Auf eurer Website schreibt ihr, dass ihr eine soziale, ökologische und gerechte Wirtschaft möglich macht. Was motiviert dich selbst jeden Tag aufs Neue, deinen Job zu machen?
DIRK KANNACHER: Mich motiviert, gemeinsam mit anderen Menschen daran zu arbeiten, eine lebenswerte und generationentaugliche Zukunft zu erschaffen. Wir bei der GLS Bank bringen das Geld unserer Kundinnen und Kunden in Wirkung, indem wir es nur in Dinge investieren, die Mensch und Erde nützen.
Bei uns an der Alanus Hochschule steht der Fachbereich Wirtschaft unter dem Slogan „Wirtschaft neu denken“. Wie denkt ihr Wirtschaft neu? Was ist bei euch anders als bei klassischen Banken?
DIRK KANNACHER: Die Wirtschaftsweise muss dem Menschen zugewandt sein. Und das bedeutet, aus einem Gemeinsinn heraus zu handeln. Dabei ist uns der wirtschaftliche Erfolg zwar wichtig, aber auch nur das Ergebnis. Bei uns steht der Sinn vor dem Gewinn. Das ist in der Bankenwelt selten zu hören. Es geht also darum, im Rahmen der planetaren Grenzen sozialen Wohlstand zu sichern.
Und unser Modell funktioniert! Seit fast 50 Jahren investieren wir ausschließlich in ökologische und soziale Projekte und Unternehmen. Dabei finanzieren wir Grundbedürfnisse. Damit das garantiert ist, haben wir uns strenge Standards gesetzt, die für alle einsehbar in unseren Anlage- und Finanzierungsgrundsätzen stehen. Wir haben sechs Branchen: Wohnen, Ernährung, Erneuerbare Energien, Soziales & Gesundheit, Bildung & Kultur und Nachhaltige Wirtschaft. Dahinter stehen 30.000 Unternehmen, die zeigen, dass wir keine Utopisten sind, sondern sozial-ökologische Wirtschaft leben.
Welche Kompetenzen wünscht ihr euch von jungen Fachkräften, die ihr einstellt?
DIRK KANNACHER: Wir suchen in erster Linie Menschen mit all ihren Facetten. Menschen mit eigenen Werten. Menschen, die eine zukunftsfähige Gesellschaft gestalten wollen. Ein Interesse an nachhaltiger Wirtschaft sollte vorhanden sein. Darüber hinaus wäre es toll, wenn sie offen für Neues sind. Auch Leistungsbereitschaft und Neugierde sind nützliche Eigenschaften. Vor allen Dingen sollten sie gemeinschaftsfähig sein. Denn „was einer alleine nicht schafft, das schaffen viele.“
Ihr seid Praxispartner der Alanus Hochschule. Was ist eure Motivation dazu? Welche Erfahrungen habt ihr damit bisher gemacht?
DIRK KANNACHER: Aus meiner Sicht ist es eine passende Kooperation, weil das Studium an der Alanus Hochschule keine konventionelle ökonomische Standardausbildung darstellt. Die Studierenden lernen Ökonomie ganzheitlich zu betrachten. Dieses Alleinstellungsmerkmal zahlt sich aus.
Seit 2009 arbeiten wir in Form von Stipendien mit der Hochschule zusammen. Seit 2020 gibt es auch eine Kooperation mit der Weleda AG. Derzeit haben wir einen dualen Studenten bei der GLS Bank und fünf duale Student*innen gemeinsam mit der Weleda. Im nächsten Jahr werden wir wieder zwei Stipendienplätze zusammen mit der Weleda vergeben. Was uns besonders freut ist, dass einige Alaner*innen auch nach ihrem Studium bei uns geblieben sind.
Was ist der Vorteil für Studierende, wenn sie ein Studium an der Alanus Hochschule mit euch als Praxispartnerin absolvieren?
DIRK KANNACHER: Das duale Studium an der Alanus Hochschule erspart den Studierenden den Umweg über die Modelle konventioneller Wirtschaft, die größtenteils für die Klimakrise verantwortlich sind. Studierende können sofort ein neues und zukunftsweisendes Wirtschaftssystem lernen und entwickeln. Dieses Fachwissen brauchen nicht nur wir als GLS Bank, es wird in der Welt dringend benötigt. Auch schätzen wir die Verbindung zu Kunst und Philosophie. Die Theorien können sie bei uns in der Praxis anwenden und mit Leben füllen, wenn etwa Kreditvergaben kritisch beurteilt werden müssen. Theorie und Praxis werden damit direkt verbunden.
Vielen Dank für das Gespräch.
Soweit der Austausch zwischen Verena Hermelingmeier und Dirk Kannacher. Wir haben uns einen Alanus-Studenten geschnappt und ihn gefragt, wie es denn wirklich ist, an der Alanus Hochschule zu studieren. Violà: GLS Bank Praxisstudent Hannes Kaiser erzählt.
Hannes ist 21 Jahre alt und studiert seit 2022 an der Alanus Hochschule das Fach „BWL – Wirtschaft neu denken“. In seinen Praxissemestern war er beim Naturkosmetikhersteller Weleda und nun in der GLS Bank. Hier teilt er seinen Blick auf das Studium.
Lieber Hannes, du studierst – platt gesagt – Öko-BWL. Wieso hast du dich für das Fach entschieden?
HANNES KAISER: Ich denke, wenn man unsere Wirtschaft verändern will, dann sollte man diese erst einmal verstehen. Mit den Grundlagen der BWL, dem Augenmerk auf Nachhaltigkeit und weiteren Modulen wie Kunst und Philosophie bietet die Alanus Hochschule genau diese Möglichkeit. Gleichzeitig schafft das Studium Raum zur individuellen Selbstentwicklung, was den deutschen Hochschulstandart meiner Meinung nach übertrifft.
Warum ausgerechnet die Alanus Hochschule? Was hat dich damals besonders überzeugt?
HANNES KAISER: In einem Gespräch über mögliche Studiengänge hat eine Klassenkameradin von der Hochschule geschwärmt. Nachdem ich mehr darüber gelesen habe, hat mich besonders das Zusammenspiel mehrerer Fachbereiche überzeugt.
Thema Geld. Viele Studierende sind ohnehin knapp bei Kasse. Die Schule fordert Studiengebühren. Ist das ein Hindernis? Oder gibt es spezielle Programme für Menschen mit geringen finanziellen Mitteln?
HANNES KAISER: Ja, das war tatsächlich eine Herausforderung! Das ist auch der Grund, warum ich mich für das duale Studium entschieden habe. Dabei werde ich vollumfänglich finanziert und sammle dabei Praxiserfahrung.
Was aber jede Person bewusst sein muss: Die Arbeitsbelastung ist intensiv. Urlaub und Freizeit gibt es dann nur selten. Aber ich bin auch viel dankbarer für jede freie Minute geworden.
Wer also Interesse an dem Studium hat, hat mehrere Optionen. Die Hochschule berät auch gern dazu.
Abschließende Frage: Wie viel Spaß macht dir das Studium?
HANNES KAISER: Zugegeben, am Anfang: der pure Stresstest. Ich musste mein Zeitmanagement stark überarbeiten. Da gab’s oft nur noch schnelle Nudeln oder Kartoffeln mit Quark.
Aber ich habe gemerkt, ich wachse an meinen Aufgaben, wenn ich dran bleibe. Mir hat definitiv geholfen, die Entscheidung wieder und wieder zu bejahen. Dann sind plötzlich ganz neue Erfahrungen möglich. Ich habe mich etwa mit neu gewonnenen Freunden auf der Siegerehrung eines Volleyballturniers wiedergefunden. Dann stand ich vor 40 Personen und referierte über die neusten Start-ups Kölns. Das macht echt Laune.
Wer also offen bleibt und seinen Zeitplan zwei bis drei Mal überdenkt, kann im Studium Spaß haben. Mein Tipp: Für jede Person, die ein neues Studium beginnen will, ist es aus meiner Sicht ratsam, mit den Studierenden vor Ort zu sprechen, auch wenn es etwas Überwindung kosten mag.
Danke, Hannes!
Hast du einen guten Einblick in das Leben an der Alanus Hochschule erhalten? Kannst du dir die dualen Studiengänge auch vorstellen? Schreibe uns gerne einen Kommentar!
Blogautor Florian Roth hat sich Gedanken darüber gemacht, dass wir mehr Demokratie in der Wirtschaft wagen sollten. Unser Lesetipp!
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