Von Kühen, Flaschen und Taschen …

Wie Unternehmen ihr Engagement für mehr Nachhaltigkeit erlebbar machen. Nachhaltig wirtschaften ist eine gute Idee. Doch was heißt das genau — und vor allem: Wie sage ich es meinen Kund*innen? Diese drei GLS Kreditnehmer haben sich dazu einiges einfallen lassen: Die bodenständige bayerische Biomolkerei Andechser bietet Kuhpatenschaften an, die hippen soulbottles aus Berlin beteiligen Kunden, Händler und Fans in On- und Offline-Communitys und VAUDE zeigt auf allen Kanälen, was es für die Mitwelt tut und wo die Kund*innen mitmachen können.

Meine Kuh — ANDECHSER NATUR

96 Euro kostet eine Biokuh bei Andechser im Jahr — nicht die ganze Kuh, sondern die Patenschaft für Zenzi, Resi oder eine andere glückliche Biomilchspenderin auf einem der Andechser Partnerhöfe. Ein Drittel des Beitrags geht an den Bauern. Rund zwei Drittel werden für die Genusspakete an die Paten verwendet. Außerdem bekommen sie ein Foto ihrer Lieblingskuh und dürfen diese auf dem Hof besuchen. Das Angebot kommt an. Die Medien berichten. Kunden verschenken die Patenschaft zu Hochzeiten, Geburtstagen
oder anderen, auch beruflichen Anlässen. Marketingleiterin Irmgard Strobl schätzt die Patenschaften als wichtiges Kundenbindungsinstrument.

Viele Kund*innen möchten auch wissen, woher die Produkte kommen. Wer das Mindesthaltbarkeitsdatum und den Produktnamen auf der ANDECHSER NATUR Webseite eingibt, bekommt angezeigt, welcher Biohof die Milch dafür liefert. Dazu erfährt man einiges über die Arbeit der Biobauernfamilie auf dem Hof und das Leben der Tiere. Auf verschiedenen Partnerhöfen veranstaltet Andechser außerdem Lesungen und Diskussionsabende zu Themen wie Artenvielfalt, Tierwohl, Wasser und anderen Fragen einer nachhaltigen (Land-)Wirtschaft. Wenn nicht gerade eine Pandemie das Land lahmlegt, sind die Abende sehr gefragt. Für 30 Plätze bei einem Termin bekommen Strobl und ihre Mitarbeiter*innen schon mal 1.000 Anfragen.

[green_box]Info: Der mittelständische Bio-Familienbetrieb Andechser produziert Milchspezialitäten wie Joghurts, Joghurtdrinks, Quark, Butter und Käse und verarbeitet dazu jährlich ca. 125 Millionen Liter Kuh- und etwa zehn Millionen Liter Ziegenmilch. Die Milch stammt von 650 Biohöfen in einem Umkreis von 160 Kilometern. andechser-natur.de[/green_box]

Meine Flasche — soulbottles

„Je mehr Gewinn wir machen, desto mehr können wir bewegen“,

begründet Marketingfrau Clara Bütow das Profitstreben von soulbottles. Das Unternehmen gehört zu 97 Prozent den Mitarbeitenden. Ein Prozent der GmbH-Anteile hält die Purpose Stiftung. Damit ist sichergestellt, dass die Firma nicht an Dritte verkauft werden kann.

Ein Unternehmen mit Sinn zu führen, heißt für die „Seelenflaschen“, sich an zahlreichen Projekten zu beteiligen. Soulbottles kann man auf vielen Events begegnen, etwa auf Klimademos, auf Start-up-Wettbewerben von Sozialunternehmen, bei Aktionen gegen Plastikmüll — überall engagiert sich das Unternehmen. Soulbottles verspricht, dass sich sein Newsletter „fast wie ein Liebesbrief“ liest. Alleine auf Instagram folgen dem soulbottles-Kanal 36.000 Abonnent*innen und zu Events melden sich schon mal 4.000 Leute an. Die Fans schicken Verbesserungsvorschläge, die das Unternehmen gerne aufgreift. So brachten Kund*innen soulbottles auf die Idee, größere Trinkflaschen und Stahlflaschen anzubieten.

„Nach beidem wurden wir oft gefragt: Nach einer Flasche für den großen Durst und nach einer unzerbrechlichen Flasche, die man auch für abenteuerliche Outdoorevents mitnehmen kann“,

so berichtet die Campaignerin Eva Fischer. Klar, dass es jetzt auch Stahlflaschen gibt.

[green_box]Info: „Wenn man Trinkflaschen cool bedrucken könnte, würden viel mehr Menschen welche nutzen“, dachten sich 2011 zwei Wiener Studenten. Mittlerweile ist das Unternehmen soulbottles auf 80 Mitarbeiter*innen gewachsen.soulbottles.de[/green_box]

Meine Tasche — VAUDE

In Tettnang am Bodensee fertigt VAUDE Fahrrad- und andere Taschen made in Germany.

„Es gibt bei uns keine Kommunikation, in der es nicht um das Thema Nachhaltigkeit geht“,

sagt Manfred Meindl. Seit 2012 erstellt das Unternehmen detaillierte Nachhaltigkeitsberichte und ist damit ein Pionier. Darin geht es auch um die Arbeitsbedingungen in den  Zulieferbetrieben. Es soll nicht nur der gesetzliche Mindestlohn bezahlt werden. Der Verdienst müsse darüber hinaus ausreichen, um über

„die Lebenshaltungskosten hinaus auch sparen zu können“,

so Meindl. Unabhängige Auditoren prüften das regelmäßig, und viele der gezahlten Löhne werden online veröffentlicht. Seit 2013 erstellt das Unternehmen außerdem eine Gemeinwohlbilanz (GWÖ) und hat dabei seine Werte kontinuierlich verbessert.

GWÖ-Initiator Christian Felber lobt das Unternehmen als „vorbildlich“: VAUDE zeige „die Ernsthaftigkeit des Anliegens, die Wertorientierung in zahlreichen Feldern noch weiter zu vertiefen.“ Das zeigt sich nicht nur beim Kauf: Mit einem Reparaturindex misst das Unternehmen für jedes seiner Produkte, wie leicht oder schwer es sich reparieren lässt. Das Ziel: Jedes defekte Stück soll sich so einfach wie möglich wieder nutzbar machen lassen. Auf Wunsch liefert VAUDE die für Reparaturen nötigen Ersatzteile. Kundinnen und Kunden können defekte Produkte auch über die Gewährleistung hinaus beim Fachhändler zur Reparatur abgeben. Außerdem verkauft das Unternehmen Materialreste in einem Upcycling-Onlinestore. Die Überschüsse gehen an Save the Children. Für jede Auktion zählt VAUDE zwischen 150 und 300 Aufrufe. Wer aus den Abfällen etwas Neues herstellt, kann diese Produkte in einer eigens gegründeten Facebook-Community ausstellen und anbieten. VAUDE sucht im Moment weitere Textilunternehmen, die sich der Initiative anschließen und ihre Materialreste ebenfalls in dem eBay-Store anbieten.

Glaubwürdig macht sich VAUDE, indem es auch über die Probleme spricht, die noch nicht gelöst sind, zum Beispiel die Einwegverpackungen zum Schutz der Produkte beim Transport. Das Unternehmen legt offen, dass es mit Fachhändlern und Logistikpartnern an Alternativen, etwa aus Recyclingplastik, arbeitet.

[green_box]Info: Der Hersteller von Outdoorbekleidung und Taschen VAUDE erwirtschaftet mit rund 500 Mitarbeiter*innen jährlich mehr als 100 Millionen Euro Umsatz.vaude.com[/green_box]

Ralf Lilienthal ist Autor und Gärtner.

[button link=“https://blog.gls.de/bankspiegel/der-bankspiegel-2020-2/“ color=“green“]Zurück zum Bankspiegel 2020/2 Inhaltsverzeichnis[/button]

[green_box]Ein Artikel aus dem GLS Kundenmagazin Bankspiegel zum Thema „Wirkung – Transformation durch grünes Geld“. Diesen und viele andere spannenden Artikel finden Sie im Blog. Alle Ausgaben des GLS Bankspiegel als PDF finden Sie unter: https://www.gls.de/bankspiegel/.[/green_box]

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3 Antworten zu „Von Kühen, Flaschen und Taschen …“

  1. […] Wie Unternehmen ihr Engagement für mehr Nachhaltigkeit erlebbar machen. Nachhaltig wirtschaften ist eine gute Idee. Doch was heißt das genau — und vor… Der Beitrag Von Kühen, Flaschen und Taschen … erschien zuerst auf Das Blog. Original Artikel anzeigen […]

  2. Avatar von Teutscher, Sabine
    Teutscher, Sabine

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    Schade das ihr zum Thema Nachhaltigkeit auf Thema Tierhaltung setzt und unterstützungswürdig findet. Das ist genau der falsche Weg! Biokuh hin oder her, auch sie wird ein grauenvolles Ende in einem Schlachthof finden. Auch Biokühe werden jährlich zwangsbesamt ( mit Gewalt geschwängert ),damit sie weiterhin Milch produzieren, die nicht etwa ihr Kälbchen bekommt, sondern der Mensch, für den diese Milch weder gedacht noch gesund ist. Und das Kalb wird der Mutterkuh auch noch weggenommen, worunter sowohl Mutter als auch ihr Kalb schrecklich leiden. Wie lange soll diese ganze Tierausbeutung noch am Leben gehalten werden, obwohl man längst weiss das Tierhaltung der grösste Klimakiller ist. Tierhaltung verursacht mehr schädliche Klimaemissionen als der gesamte Strassen-Flug und Zugverkehr zusammen. Viehhaltung/Massentierhaltung ist Klimakiller Nr.1 und sie werben f.Unternehmen die auf diesem Sektor weiter wirtschaften??! Das ist nicht nur enttäuschend, sondern unglaublich rückschrittlich. Es verhungern täglich Hunderttausende Menschen weil Pflanzen angebaut und an Tiere verfüttert werden, um Fleisch zu „erzeugen“ und andere tierische Produkte, anstatt den Menschen diese pflanzliche Nahrung direkt zur Verfgung zu stellen. Ein riesiger Ressourcen-und Flächenverbrauch f.Tierleidprodukte der Menschen verhungern lässt und den Klima-Gau anheizt. Denken sie um, noch ist vielleicht etwas zu retten. Förderung bioveganer Landwirtschaft statt Tierqual-Industrie!!!
    Mit freundlichen Grüßen!
    Sabine Teutscher

  3. Avatar von Sylvia Freund
    Sylvia Freund

    |

    Lieber Herr Lilienthal,

    interessiert habe ich Ihren Artikel über die Andechser Natur-Kühe gelesen.

    Als ich letztes Jahr zur GLS gewechselt bin, habe ich bewusst nicht den Bereich „Landwirtschaft“ für die Förderung gewählt, weil ich befürchtete, dass ich solche Höfe damit auch unterstützen würde.

    Bestimmt haben Andechser und auch andere Biohöfe, die Milch produzieren LASSEN (!), gute Ansätze und „Tierwohl“ irgendwo in ihrem Blick, aber …

    Wie nachhaltig ist heutzutage noch die Herstellung von Kuhmilch-Produkten, wenn es Produkte aus Getreide, Hülsenfrüchten oder Nüssen gibt, die mit einem Bruchteil an Wasser für die Erzeugung auskommen und dabei keine Gülle und kein Methan produzieren und viel direkter – nicht durch den Körper eines Tieres, das erst wachsen, fruchtbar werden und ein Kind gebären muss, um „Milch zu produzieren“, hergestellt werden kann?

    Ich kann mir vorstellen, dass man bei einem Besuch auf so einem BIO-Milch-Hof leicht den Eindruck gewinnen kann, dass es sich bei den Tieren, die sogar Namen erhalten, um „glückliche Biomilchspenderinnen“ handelt, jedoch handelt es sich hier leider nicht um Spenden. Spenden werden freiwillig gegeben. Keine Kuh, die für Milch gehalten wird oder wurde, hatte je die Möglichkeit zu entscheiden, WEM sie ihre Milch gibt.

    Es macht mich traurig zu sehen, dass hier so eine alte Illusion aufrecht erhalten wird. Fakt ist: Eine Kuh, genau wie eine Schaf oder eine Ziege, ist ein Säugetier und produziert mit ihrem Körper Milch, wenn sie ein ein Kind zur Welt gebracht hat – und zwar Milch FÜR IHR KIND. Jede Kuh, die für Milch gehalten wird, ist ein hochgezüchtetes Tier, auch jede Bio-Kuh. Die Zahlen unter dem Artikel sprechen für sich. Die Tiere sind nicht dafür gemacht, abertausende Liter von Milch im Jahr zu produzieren und auch nicht dafür, jedes Jahr ein Kalb zur Welt zu bringen, das ihnen weggenommen wird, und praktisch für immer schwanger zu sein.

    Ich war selbst auf einem Demeterhof und habe mich davon überzeugt, dass auch Demeter-Kühe diesem dem Profit-unterworfenen Kreislauf ausgeliefert sind. Männliche Kälber, die keine Milch geben werden, also kein Geld bringen, werden nach circa 2 Wochen(!!!) an konventionelle Mastbetriebe verkauft. Was man dazu wissen sollte: Die Bindung zwischen einer Mutterkuh und ihrem Kind kann, wenn es die äußeren Umstände zulassen, ein ganzes Leben lang anhalten. Einer „Milchkuh“ wird ihr Kind kurz nach der Geburt entrissen. Ich frage mich und jeden: Wie „glücklich“ kann eine solche Kuh sein und wie glücklich das Kalb???

    Wenn ich mich als Mensch hinstelle und sage, mir geht es um das Wohl meiner Tiere, kann ich nicht gleichzeitig Profit aus ihnen schlagen – das ist immer ein Widerspruch in sich. Kein Bauer könnte es sich leisten, eine Kuh zu halten, deren Milchproduktion nachgelassen hat. Sie kommt zum Schlachthof – oft tragend – das Kalb erstickt, wenn die Mutter getötet wird. Zum Vergleich: Kühe können etwa 20 Jahre alt werden, sogenannte „Milchkühe“, die jährlich künstlich besamt werden und ein Kalb gebären, um dann tausende Liter Milch in Melkmaschinen fließen zu lassen, werden im Schnitt nach 5 – 6 Jahren geschlachtet, weil sie dann „kaputt“ sind, auch Biokühe. Geht es hier wirklich um Tierwohl und Nachhaltigkeit?

    Tierwohl und Nachhaltigkeit gibt es in der bio-veganen Landwirtschaft. So sieht unsere Zukunft aus und ich würd mir wünschen, dass ich diese auch mit meiner GLS-Mitgliedschaft unterstützen kann – denn das Thema liegt mir sehr am Herzen – für unsere Erde, unsere Mitgeschöpfe und für unsere Kinder, die hier auch nach uns noch leben wollen, wenn uns keine Pandemien (vornehmlich Zoonosen -es gibt einen Zusammenhang zwischen Tierhaltung und Pandemien) dahinraffen.

    Viele Grüße aus Berlin und ein gutes Neues Jahr

    Sylvia Freund

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